Romantische Landschaft mit Menschenopfer

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Weißt Du wieviel Wolken gehen weithin über alle Welt...

Mittwoch, 10. Februar 2010

Verspielte Zukunft ?

Zur gegenwärtigen Problematik einer Politik der Verantwortung

21.12.1990


'Neujahrsansprache' des nicht gewählten Präsidenten bzw. Antrittsrede des nicht ernannten Außenministers (der Bundesrepublik Deutschland) zu Silvester 1990. (Als Vergleichsbasis geeignet für andere solche Antrittsreden oder Ansprachen)*)


Verspielte Zukunft I.
    


"Es war einmal...", so fangen nicht notwendig nur Märchen an. So müssen auch alle Geschichten beginnen, die von der Zukunft unter dem Gesichtspunkt handeln, daß sie bereits vergangen ist.
Das ist aber Sache aller Geschichtsschreibung und definiert noch nicht die Fälschung unter Anwendung der Interpretationsmittel der Hermeneutik im Unterschied zur geschichtlichen Wahrheit.

Die wiederum ist nicht schon durch Wissenschaftspolitik und wissenschaftlich aufgemachte Selektionsmechanismen für die Institutionen der staatlichen Bewußtseinsindustrien oder besser: Bewußtseinsmanufakturen und der vielen kleinen Handwerksbetriebe garantiert, die sich mit dem Problem der Konformität, des entsprechend den Waffenstillstandslinien des Proporzes richtigen Bewußtseins im Zeichen sich u.U. schnell wandelnder politischer und sozialer Verhältnisse befassen und dabei die finanzielle Unterstützung des Staates in Anspruch nehmen können, weil sie Garantie dafür bieten, daß sie auch das richtige Bewußtsein herzustellen in der Lage und willens sind.

Im Unterschied zu den Voraussetzungen der Produktivität der modernen Großindustrien z.B. der Waffen- oder Automobilproduktion, und ihren ohne Zweifel bewunderungswürdigen Leistungen, garantieren hohe und unablässige Investitionen, oder umständliche Institutionalisierung durch ein sorgfältig gestyltes Schleusensystem der wissenschaftlichen Regelaufstiege keineswegs in Sachen des Sinns und der Geschichte menschlicher Existenz für den gewünschten Output: ein lupenreines, möglichst jeder Konkurrenz überlegenes Produkt mit großer Einsatzreichweite und Durchrostungsgarantie sowie unbegrenzter Exportfähigkeit, evtl. hoher Feuerkraft und überlegener Manövrierfähigkeit mit computergestützter Zielerfassung und -bekämpfung, und auch das gewöhnliche Mittel zur Besetzung der Stellen für die leitenden Herren - z.B. im Tennissport - oder auch die Aufstiegswege nach dem Muster der Reichswehr, die üblichen Personalauswahlverfahren also, sind u.U. eher dazu geeignet, die Wahrheit oder auch nur ihre Möglichkeit eher wirksam und vielleicht auch gewollt vorsätzlich und endgültig zu liquidieren als ihr zum Leben zu verhelfen.

Das muß dem bekannten Satz nicht widersprechen, daß die Geschichtsschreibung gewöhnlich die der Sieger ist, nur daß die Konditionen für Sieg und Niederlage hier, in der Abteilung Geschichte, nicht von denselben Mitteln bzw. einer auch nur vergleichbaren Ausstattung abhängen, daß die Siege nicht mit denselben Waffen, wenn überhaupt mit solchen erkämpft werden können/müssen, und das bedeutet, anders gesagt, daß wer Sieger geblieben ist in der geschehenen Wirklichkeit der Ereignisse, einmal angenommen, die ließen sich als ein Reich jenseits von Sinn denken oder auch nur vorstellen, deshalb nicht automatisch auch schon Sieger ist in Bezug auf den Sinn, in dem solche Siege oder Niederlagen erscheinen können.

Und es sind mindestens solche Fälle denkbar, wo der Sieg im Reich der Geschehnisse zum Glück oder Unglück für die Fähigkeit zum Sinn und der Wahrheit der Wirklichkeit der Geschichte - sei es nun die des Menschen, oder bloß die des Homo sapiens - nicht qualifiziert, sondern disqualifiziert, und zwar auch deshalb, weil die Gründe, die hier einen Sieg erzwingen müssen, dieselben sind, die dort keinen Sinn erzwingen können, sondern ihn definitiv verstellen. Das ist dann auch durch Kompensationen nicht wettzumachen, wenn das bessere Produkt dasjenige ist, daß keine Kompensation braucht, sondern stattdessen selbst eintritt für das, was lediglich sein kann, weil und sofern es Kompensation in Anspruch nehmen kann, die seine minderwertige Qualität bereits hinreichend belegt.

Auch hier mag Zukunft Herkunft brauchen, aber es just diejenige Herkunft, die alle Kompensation überflüssig macht, die auch eine Zukunft hat, die darauf verzichten kann, und es ist just diese Herkunft, die nicht einmal versteht - und das auch nicht muß, denn es gibt Gründe, die es sinnvoll und verstehbar machen, daß das Opfer dieser Herkunft zugunsten des Verstehens des Minderwertigen, Kranken, des Pathologischen im Sinne eines durch Fremdmittel abgesicherten Kompensationsbedarfs, zugleich die Zukunft vernichtet, die der Verzicht auf dieses Verstehen selbstverständlich offen hält - was denn eigentlich die Minderwertigkeiten sind, ob etwa solche der Organe oder nur solche der Sozialisation, die da nach der Kompensation rufen.

Haben etwa die Anthropologen der Institutionen im Dienste des angeblichen Grundbefundes ihrer Notwendigkeit für den Menschen (!) als conditio sine qua non mit den Drogenabhängigen und seelisch Kranken das Angewiesensein auf Kompensationen gemeinsam, nur daß die einen mangels angemessener Angebote aus dem akademischen Bereich - z.B. als Professor für Philosophie, Geschichte, Soziologie, Theologie, Literaturwissenschaften, oder Psychoanalyse usw. usw., oder auch in Kombinationen: also als Professor für vergleichende ökologisch-ökonomische Sozialgeschichte der Literaturgattung bzw. des Texttypus 'analytische Philosophie', unter besonderer Berücksichtigung der ethnopsychoanalytischen Forschungsansätze von Schmerling und Mahner usw. usw. - eben zu den chemischen Kompensationen greifen (müssen?), die zudem den Nachteil haben, den etwas zu kosten, der sie benötigt, während das bei den institutionellen Kompensationen anders ist, weil sie auch etwas einbringen, auch und gerade dann wenn sie dafür Andere etwas kosten, die z.B., die in diesen Institutionen das Glück haben, als Manövriermasse, als Alibi für die Nützlichkeit von deren Existenz, nota bene auch der ihrer Nutznießer, wenigstens am Rande benötigt zu werden, so daß auch hier endlich wieder eine Rollenverteilung obsiegt, die man aus dem Verhältnis der Drogenhändler und ihrer Klientel schon kennt: denn der Drogenhändler kompensiert ja auch den Mangel an Möglichkeiten, im sonstigen Gefüge der Gesellschaft der Geldverdiener zu deren Konditionen zu partizipieren und weicht, bei formal identischer Intelligenzausprägung, dann eben auf diese zweitbeste Möglichkeit aus, und Viola, spendet zur Kompensation seines schlechten Gewissens, oder einfach weil er sich gerne als Gönner zeigt, der Maria immaculata sonntags eine Kerze?! Daher fragt sich wiederum, wozu ist die Literaturgattung 'Satire' eigentlich zu rechnen und was kompensiert sie?: den Mangel an über diesen Kompensationen noch etwa verbliebenen Fähig- oder Möglichkeiten zur innerinstitutionellen Kompensation der Abwesenheit der Wahrheit, die hier wenigstens den Wissenschaftsbegriff formal bestimmen müßte !

Gleichwohl will man da stets mit den Mitteln der Kompensation des Mangels den Mangel beheben, also mehr als nur kompensieren: denn Kompensation setzt die Permanenz des Mangels, seine prinzipielle Unbehebbarkeit (für einen Typus des Homo sapiens) voraus und muß deshalb eintreten. Die Behebung des Mangels - vorausgesetzt das wäre möglich und vorausgesetzt die unvermeidliche Vorgängigkeit des Mangels vor der Behebung oder Kompensation in dem gemeinten anthropologisch fundierenden Sinne - wäre ja gleichbedeutend mit der wenigstens nach seiner Behebung sich ergebenden Überflüssigkeit der kompensatorischen Mittel, also, da im Anschluß an eine Aktion der Behebung möglich, auch prinzipiell, vor jeder Behebung oder Kompensationsveranstaltung möglich, und das hieße wiederum: die Mittel sind nicht im anthropologischen Sinne, sondern nur angesichts von Defektstrukturen notwendig, d.h. aber, sie nicht prinzipiell notwendig, sondern treten vielmehr ein angesichts einer Schwäche, der im Einzelfall festzustellenden Minderwertigkeit einer Person oder Gruppe, die ohne Prothesen nicht gehen, stehen oder sonst etwas Nützliches zu tun imstande ist: diese Anthropologie ist die Biologie der Drohnen als Theorie der gesellschaftlichen Institutionen.

Nun sind die Drohnen im Bienenstock ja auch biologisch zu etwas nütze. Nach ihrem Verfallsdatum werden sie jedoch als überflüssige Fresser getötet. Nebenbei ist die psycho-soziale Basis der Attraktivität des Nationalsozialismus ebenso wie seine Aggressivität gegenüber den damaligen Institutioneninsassen des bürgerlichen Staates, den sie praktisch vernichtet hat, durchaus, was ihre Gründe betrifft, schon wieder erkennbar. Sie zeichnet sich bereits deutlich ab, und zwar als der gemeinsame Nenner für die beiden Varianten der überlieferten extremen 'politischen Einstellungen'. Die ihrerseits repetieren sehr viel ältere Muster dieser Art von Konkurrenz um die Futtermittel. Ihr gemeinsamer Gegner ist ein jeweils Drittes, das an einem bestimmten Punkt aus Mangel an Fähigkeit zur Selbstbegrenzung in die Minderheit gerät und dann zerrieben wird. In der Weimarer Republik war das die in die Minderheit geratene bürgerliche Gruppe, die die Positionen besetzt hielt und sie praktische vererbte mittels einer Mischung von Nepotismus und Familienpolitik. Heute sind die Erben des siegreichen Nationalsozialismus und seiner Mitläufer bereits in der Rolle der Verteidiger derselben Privilegien, die sie in der Gestalt des Bürgertums einmal erfolgreich angegriffen haben. Man kann diese Tendenz hilfsweise als Refeudalisierung bezeichnen. Konsequent stünde an ihrem Ende der Umschlag in das Erbkönigtum, wenn es sich bewährte und nicht zumeist durch eine präludierende oder begleitende Tyrannnis desavouiert und schließlich doch auch immer einmal wieder durch eine Demokratie unterbrochen würde. Sowohl die aristotelische Ansicht über Ursprung, Dynamik des Umschlags in andere und (begrenzte) (Un-)Tauglichkeit der von ihm aufgezählten Herrschaftsformen, als auch Paretos Theorie der 'Rotation der Eliten' verdienen hier unausgesetzt Beachtung. Es gibt immer Leute, denen die jeweils sie begünstigende Herrschaftsform - wen nimmt es wunder - eine heilige Kuh ist. Aber das ist weder für die Theorie der menschlichen Geschichte noch für die bevorstehende Zukunft der globalen Sozietäten noch für die von Bedeutung, die jeweils durch diese Herrschaftsformen ausgeschlossen werden und verkrüppelt und die sich schließlich zum Kampf entschließen müssen, wenn sie nicht als das öffentlich ausgestellte Schlachtvieh der jeweiligen Systeme in deren jeweiligen Gossen enden wollen. Angesichts der Unausweichlichkeit des Todes kann die Zerstörung dessen woran man nicht partizipiert und das auf Kosten der eigenen Existenz andere begünstigt, die sich nicht selbst begrenzen können oder wollen, einen größeren Befriedigungswert haben als die stillschweigende Akzeptierung der Rolle des öffentlich verachteten Idioten, auf dessen Kosten andere ein arrogantes Luxusleben führen.

Es ist deshalb auch genaugenommen nur die gewöhnliche soziale Erfahrung der Wertlosigkeit des menschlichen Lebens, die die Schlächter der Überwundenen von morgen an diese weitergeben, wenn sie sie schließlich rücksichtslos abschlachten, nachdem die sich aus Gier und Habsucht und Eitelkeit und Größenwahn in die Lager einer Minderheit manövriert haben, aus der sie sich schließlich auch mit demokratischen Mitteln nicht mehr herausmanövrieren können, sondern nur durch Kriegführung, Einwanderungspolitik - die hereinwandernde bzw. systematisch eingeschleuste Gruppen begünstigt, Territorien relativer Unterentwicklung erobert (mit friedlichen oder anderen Mitteln) und damit das prekäre Gleichgewicht prolongiert - Polizeiherrschaft, verdummende Selektion usw., und auch das nur eine Weile, wie man inzwischen bereits global erkennen kann. In dieser Hinsicht ist es kaum ein blanker Zufall, daß der Islam die Rolle des Komplexes von Überzeugungen übernimmt, die den herrschenden Strukturen im Namen des Menschen widerspricht: er ist dazu aus verschiedenen Gründen geeignet. Das kann man aber vielleicht nur dann erkennen, wenn man der sozialen Erfahrung nahe genug ist, die sich schließlich zur Evidenz von Überzeugungen verdichtet, die den Aufstand des Menschen gegen die Macht auf die Zuspitzung der sozialen Frage auf den Kampf auf Leben und Tod hin organisieren.

Im Falle menschlicher Gesellschaften wären in einem vergleichenden Akt der Überprüfung die nunmehr, zur historischen Abwechslung, einmal wissenschaftlich aufgemachten Selbstrechtfertigungen der parasitären Existenzen mit Versorgungsanspruch und Anspruch auf Klienten von Staats wegen, durch die Aufmachung als Bildungssystem, daraufhin zu überprüfen, ob und wo sich solche Formen verschanzt halten und durch einen geeigneten Entzug herauszufinden, ob diese Formen auch das Leben ertragen, nicht, das sie Anderen zumuten, sondern nur das, das alle leben, die sich ohne eine Anthropologie der Institutionen und auch ohne diese selbst auf eine geeignete Weise nützlich zu machen wissen.
Geschichte erscheint somit nicht aus politischen Gründen, sondern aus Gründen der Perspektiven, die unvermeidlich eine Pluralität ausmachen, als repluralisierte Geschichte, als eine Vielzahl von möglichen Geschichten über einen und denselben Gegenstand, der sich dabei allerdings selbst nur in einer bestimmten Fluchtlinie der Analyse als ein und derselbe jenseits seiner Re-Konstruktion als Geschichte darstellt.

Geschichte, als das was geschieht bzw. geschehen ist, erscheint stets im Medium von Sinn und dieser Sinn ist selbst ein Moment der Geschichte. Das heißt aber nicht, daß Geschichte lediglich das sein könnte, was erinnert wird. Geschichte ist das was geschieht bzw. geschehen ist, bevor es erinnert werden kann.

Die Erinnerung verfährt in Bezug auf die Rekonstruktion von Geschehenem selektiv, einerseits wegen der Perspektivität der Beobachter bzw. Akteure, andererseits aber auch durch ein Zusammenwirken von u.U. gar nicht bewußten 'Motiven' mit Ereignissen und Absichten, die nicht stets wiederspruchsfrei miteinander interagieren, wegen eines von den handelnden Individuen und Gruppen nicht kontrollierbaren Überschusses der Resultanten des Handelns durch ihr Zusammenwirken, wegen der unvermeidlichen Miterzeugung unbeabsichtigter Nebenfolgen des Handelns, das der Verfolgung von Absichten zugrunde liegt, und schließlich auch wegen der bei der Übersetzung des Geschehens in sprachlich vermittelten) Sinn, und endlich auch wegen der Begründung von beabsichtigten oder ausgeführten Handlungen - die die Geschehnisse bewirken - durch die Begründungen des Sinns von Handlungen, die sich im Verlauf des Geschehens zwischen der Auffassung einer Absicht, der Durchführung, ihrem Zusammenwirken mit anderen zum endlich Geschehenen und der Retrospektive auf das irreversibel gewordene Geschehene in ihrem Sinn ändern können, so daß sie am Ende, aus dem Rückblick einen ganz und gar anderen Sinn haben können als sie zum Grund gehabt haben mögen vor ihrer Durchführung.

Dies alles bewirkt jedenfalls, daß die offizielle Geschichtsschreibung auch nur eine - durch einen identifizierbaren Auftraggeber in Auftrag gegebene und bezahlte - Geschichte unter anderen schreibt und nicht etwa  die Geschichte.

Warum es solche Geschichten sollte geben müssen, das ist eine andere Frage: die Geschichte, so heißt es - und deutsche Professoren müssen es schließlich wissen, sie werden dafür vom Staat bezahlt und dienen insofern mindestens der Form, in der sich der alte Volksglaube an die Weisheit der zu Weisen Ernannten durchaus bemerklich und hartnäckig hält - lehrt ja nichts mehr, die Ethik verpflichtet zu nichts mehr, der Glaube dient seinen Verkündern als Gelegenheit zur Selbstüberhebung auf Kosten deren, die daran glauben müssen, und die Wissenschaft dient jedem, wenn er/sie nur bezahlt.

Man ist skeptisch und lebt davon recht gut, sagt im Übrigen, wenn auch etwas verschnörkelt, was für ein Schurke man schon immer war und daß man darauf stolz ist, blickt man doch auf eine lange Tradition solcher Schurkereien zurück und wird dafür auch Beamter, aber wen nimmt das wunder, war das doch auch durchaus schon zuvor so, und nicht nur einmal, sondern immer, oder doch schon so lange, daß es fast schon immer ist.

Das Immerseiende ist also, so will es scheinen, vor allem dies: die Unersättlichkeit der sich der Täuschung, der Ausrede und des Betruges bedienenden Gier, die keine Grenzen respektiert und keine Selbstbegrenzung kennt.

Daß also alle Zukunft, wenn sie erst vergangen ist, schließlich auch dem Gesetz der Ausbreitung aufgrund dieser Unersättlichkeit genügt gehabt haben wird, das kann man also zwar erst dann wissen, wenn sie vergangene Zukunft ist, aber - weil die Geschichte ja nichts (mehr) lehrt - man muß es gar nicht aus der Vergangenheit wissen oder ihrer Interpretation.

Man kann das auch und vor allem aus der jeweiligen Gegenwart lernen, und zwar aus recht kurzen Abschnitten dieser Gegenwart, und zwar so gut im Großen wie im Kleinen, am beliebigen Alltagsbeispiel ebenso wie an den Haupt- und Staatsaktionen.
Sie sind durch Dasselbe untrennbar miteinander verbunden, oder anders gesagt: ihre strukturelle Identität gründet in denselben Gründen.

Das läßt sich an der Geschichte der nunmehr vergangenen Vorkriegszeit gut ablesen, die sich ja als Gegenwart betrachten läßt, als Zeitraum einer Erfahrung, die im Großen wie im Kleinen, in der alltäglichen Form des Umgangs wie im politischen oder wirtschaftlichen Geschehen als ein Komplex von Phänomenen wird gelten können, die sich aus denselben Unterströmungen entwickelt haben.
Diese Zukunft wurde auf vorerst unabsehbare Zeit am Anfang und dann während der siebziger Jahre verspielt.

Im Kleinen war das dieser nicht enden wollende Expansionsdrang der Karrieristen, der Voyeurismus der Mitläufer und der Betrug der Nachahmung, der Mimikry, die Enteignung des Bewußtseins durch Postenjäger und undercover-Agenten in eigener Sache, die finanzielle Ausschlachtung des 'Engagements', die private Aneignung von Ideen und Gedanken, Überzeugungen und Einsichten, ganz abzusehen von der Möglichkeit, auf Staatskosten von der Feindschaft und dem Bedarf nach Verfolgern zu leben, sich als Systemkalfaktor zu qualifizieren und unter der Maske des Helfers Profite einzuheimsen.

Das war die Politik der alten nationalsozialistischen Seilschaften, die unter den Firmennamen der eilends gegründeten oder nominell wiederbelebten alten Parteien die verschiedenen Fraktionen der Reichswehr und des Nationalsozialismus scheinbar verschwinden ließen, damit sie unter diesen neuen Firmennamen den Staat und seine Institutionen erneut, unter demokratischen Vorzeichen unter sich aufteilen konnten.

Es ist konsequente sozialistische oder auch christliche Politik (gewesen), diesem Angreifer und seinen Motiven zunächst einmal den Gegner zu nehmen, von dem er zu leben behauptete, aus dessen Voraussetzung er seine eigene Existenzberechtigung und sein eigenes Verhalten sowie dessen Legitimität ableitete, und dann zunächst jeden Widerstand gegen die Rhetorik der Rechthaberei und der Gewalt aufzugeben und sich konsequent zu fügen, sich diesen Forderungen nach einer Räumung zu beugen, die dieser Gegner organisiert vorträgt, damit man sehe, ob er imstande ist, sich endlich selbst zu begrenzen.
Er schreitet von Sieg zu Sieg. Seine politische Propaganda ist die Propaganda eines Siegers.

Er vermutet keine intelligente Haltung hinter der Nachgiebigkeit. Er kann sich nur vorstellen, daß sich hier Schwäche, Hinfälligkeit, Versagen vor seiner Macht und Kraft zur Erscheinung bringen.
Er kann sich nicht vorstellen, daß es auch um einen Beweis gehen könnte: daß dieser Gegner weder außen- noch innenpolitisch zu einer Selbstbegrenzung imstande ist, und jede Nachgiebigkeit, jede Unterstellung, seine Motive und Argumente seien rational verstehbar und berechtigt - bis zu einem benennbaren Punkt, der durch das Prinzip der Reziprozität definiert ist - nur als Schwäche, Dummheit oder Aufforderung zum Nachrücken aufzufassen imstande ist. Und das überführt ihn dann.
Dieser Punkt ist aber innenpolitisch und außenpolitisch erreicht und überschritten.

Es gehört zu einer angemessenen sozialistischen Politik, den Gegner nicht zu warnen. Das würde er ja als die Drohung auffassen, die ihn zu seiner Aggressivität berechtigt und sie begründet. Es ist deshalb zunächst der wirkliche Nachweis zu führen, daß dieser Gegner

a) ein Gegner ist, also einer, der sich unaufgebbar, weil es zu seiner Identität gehört, durch Gegnerschaft definiert und gar nicht anders imstande wäre sich selbst zu verstehen, und
b) und daß er entsprechend dazu neigt, sich entweder dazu aufgefordert zu fühlen, ins Uferlose und auf Kosten jedes alter ego zu expandieren - und entsprechend sogleich wieder, neben der unausgesetzten Fortrüstung auch noch zur Nachrüstung greift, wenn er auf irgendeine Grenze stößt, die ihm aus der Existenz anderen Lebens erwächst, wiederum, um dann, wenn man ihm den Gefallen nicht tut, die dazu passende und notwendig gewünschte Komplementärrolle zu spielen, laut herumposaunt, das sei auf seine entschlossene Haltung zurückzuführen und belege wiederum ihre Notwendigkeit und Rationalität - oder dazu - was auf dasselbe hinausläuft - die Regeln, die er anderen vorschreibt, gegenüber denen er also einen Machtanspruch auf Unterwerfung anmeldet, nicht als für sich selbst, für seine Selbstbegrenzung geltend wahr- und anzunehmen.

Man kann sich fragen, wann der Beweis unwiderleglich geführt ist, daß es sich um eine so verfasste Daseinsform handelt, um eine Struktur, die gegenüber der Möglichkeit der Wahrnehmung einer Alternative, die nicht in dieses Schema des Verfeindungszwanges passt, hermetisch verschlossen und vollständig lernpathologisch verfasst ist, was ja auch eine Auskunft über eine Verfassungswirklichkeit ist. Die Antwort darauf ist einfach: dann, wenn sich genügend Zeit ereignet hat, innerhalb deren sich das Spiel der so aufeinander bezogenen Kräfte in Fakten verwandelt hat, die biographisch relevant sind, anders gesagt, wenn sowohl die ungehemmte Expansion des Herrenmenschen als auch die der von ihm verachteten und bekämpften Lebensformen sich aufgrund der Folgen nachhaltig und sichtbar verwandelt haben derart, daß anhand der wirklichen sozialen, seelischen und intellektuellen Folgen die praktischen Ergebnisse abzulesen sind samt der daraus ableitbaren Gesamttendenz einer Entwicklung, die in der so organisierten geplanten Umverteilung von Letalfaktoren - das sind solche für die Lebensführung erheblichen Bestimmungsgründe des Lebens, die sei es den physischen oder den sozialen oder den seelischen oder intellektuellen Tod ganzer ausgeschalteter sozialer Gruppen oder Individuen zu verursachen imstande sind und wirklich und täglich verursachen, und deren Wirksamkeit sich oberhalb der Schwelle des Todes in seelischen, geistigen und physischen Krankheiten, sozialem Abstieg, Apathie und Resignation oder der endlichen unwillkürlichen Aufgabe des Widerstandes gegen die Bedrängung zeigen und durchaus bewußt werden können. Denn diese Formen der Ausübung von Terror haben nicht nur materielle Gewalt, sie haben auch materielle Gestalt, sind als Gegenstände fühlbar, berührbar und erleb- bzw. erkennbar. Auch das gilt sowohl makro- als auch mikrophänomenologisch, oder, in politischer Terminologie: innenpolitisch und außenpolitisch. Anthropologisch läuft dies alles auf das biologische Verhaltensmuster eines in Gruppen lebenden Allesfressers, eines in Zusammenballungen lebenden, zur organisierten Gruppen- und Rudel- bzw. Schwarmbildung (anderswo in Zusammenhängen der Begründung ihrer anthropologischen Notwendigkeit 'Institutionen' genannt) neigenden Nagetieres mit ganzjähriger Balz und pausenloser Kopulation bei explosiven Vermehrungsraten und die damit verbundenen Probleme der ökologischen Begrenzung der Ausbreitung der Art hinaus. Das hat durchaus eine Vernunft, die der Selbsterhaltung eines aggressiven Nagers. Es bietet die Anthropologie als Phänomenologie der Biologie der Ratte.

Vernunft, die Selbststeuerung als Selbstbegrenzung mit Rücksicht sowohl auf ein gewußtes Prinzip der Erhaltung des Lebendigen als organisiertes System gemäß einem Gleichgewichtsprinzip als auch Selbstbegrenzung im Dienste eines Prinzips des richtigen - und d.h. des Lebens in Bezug auf den Anderen als alter ego ist, genügt dagegen im genauesten Sinne dem Prinzip hochkultureller Identität im Zeitalter industrieller Produktion in einer durch technologisch-wissenschaftliche Mechanismen der Steuerung geleiteten Form kollektiver Selbsterhaltung in globalem Maßstab. Dieses Prinzip wiederum ist identisch mit dem klassischen hochkulturellen Prinzip der Identitätsbildung, der Religion, als auch mit seiner modifizierten Form unter den Bedingungen der wissenschaftlich-technischen Industriekultur: der Idee des Sozialismus !

Die Behauptung, diese Ideen der Selbststeuerung - also die basale Intuition der Hochreligionen bzw. -kulturen, bzw. ihre ethische, universalisierungsfähige Substanz - die die Begrenzung durch biologische oder Naturfaktoren des umgebenden Lebensraumes als Ideen zugleich einer möglichen menschlichen Hochkultur von deren Beginn an begleiten, seien überholt, überflüssig oder an der Wirklichkeit des Homo sapiens gescheitert, besagt nichts anderes, als daß dieser Homo sapiens sapiens (der Besserwisser) bzw. der homo faber (der Hobby-Bastler) die Prinzipien und die Empirie der Regulation der Erhaltung seiner Art gewissermaßen vorsätzlich an die Natur bzw. die Lebensvorgänge (zurück-)übergeben wissen möchte. Die Behauptung, man habe nun diese Idee besiegt, ist eine ganz und gar ungeheuerliche Ankündigung, und ist nichts anderes als die Form der Rationalisierung einer Erschaffung, einer Schwäche, eine Kapitulation vor der den Menschen im Unterschied zum bloßen Homo sapiens oder homo faber oder homo oeconomicus definierenden spezifisch modernen Aufgabe der Selbststeuerung unter wechselnden Umständen vor dem Hintergrund eines Prinzips der Lebensführung.

Man hat dieses fröhliche Die-Sau-rauslassen und seine Umdeutung nicht zuletzt an den glühenden Protagonisten des Sozialismus selbst beobachten können, und die Resultate dieser Kapitulation sind heute allenthalben zu bewundern, sie füllen u.a. den Alltag der verschiedenen 'Szenen' nebst ihren institutionellen und auch akademischen (Hoch-)Burgen.
Wer anderes behauptet ist ein Lügner und ein Demagoge.

Es ist diese Überzeugung, daß alles steuerbar und machbar und wißbar sei unterhalb von den Rahmenbedingungen der menschlichen Existenz als einer, die mehr wäre als bloßes Hin- und Herfluten im Tidenhub der Naturgeschichte des homo erectus und seiner Deszendenten, eine von einem kulturellen Bezugspunkt in vermeintlicher selbständiger Wahrnehmung willkürlich zu wählender Zielsetzungen und Mitteleinsatzes zum Zweck einer gewissermaßen privatistisch verstandenen Selbstbehauptung, die den Homo sapiens sapiens so lebensgefährlich hat werden lassen für den Menschen. Und auf diese Art der Behauptung einer Freiheit des Homo faber bzw. des Homo sapiens jenseits der Existenzbedingungen des Menschen gründet sich die natürliche Feindschaft der Hominiden  gegenüber dem Menschen.

Es kommt hier weder darauf an, sich auf dieses Prinzip im Namen angemaßter Verwalterschaft zu berufen, damit andere das nicht können - was auf die Ausschaltung der Reziprozität hinausläuft, und dem Prinzip selbst schon derart widerspricht, daß von seiner sozialen Wirksamkeit bereits nicht mehr ausgegangen werden kann - noch darauf, sich auf diese Perversion angemaßter Sachwalterschaft derart zu berufen, daß man aus der Perversion des anderen die Legitimität und den Anspruch auf nicht nur Unkenntnis der Sache, die damit ja auch dann stets bereits als erledigt gelten soll, sondern auch die Aufrechterhaltung und den Ausbau der eigenen Perversion abzuleiten meint beanspruchen zu können.
Es ist korrekt und in Übereinstimmung mit den Möglichkeiten zu behaupten, daß die Lebensform der Hominiden binnen kurzem sang- und klanglos unterzugehen sich mindestens Anspruch erworben hat, wenn sie so oder so glaubt an dem Prinzip, das den Verbrechern, der Maßlosigkeit und der Hemmungslosigkeit der Bereicherungssucht und der Gier nach immer mehr eine Grenze setzt in der Existenz des Anderen, des Lebens und des Menschen,  stets als substanzlose Norm, als ein frommer Wunsch, als Widerspruch gar gegen das Prinzip der Selbsterhaltung oder einfach als eine der Dummheit, der Schwäche zuzurechnende Schnapsidee, die keine Realität in dieser Welt beanspruchen kann, vorkommen will, vorbeizukommen, indem sie vorsätzlich das Leben des Anderen beschädigt mit dem Anspruch auf Ausrottung oder - welche Gnade - der Einweisung in ein Reservat, in eine Menagerie (in der die Freaks als Beispiele verfehlter und zurückgebliebener Varianten einer kontingent verfahrenden biologischen Evolution noch nützlich vorgezeigt werden können) in Verfolgung des vermeintlich ins Uferlose legitimierten Anspruchs auf den Sieg des Vorrangs der biologisch entsprechend einer Rationalisierung des Triebes verstandenen Selbsterhaltung.

Die Wirkung dieses Prinzips beruht zwar auf der möglichst wirksamen Ausschaltung des Prinzips der Reziprozität sozialer Regeln, aber die Logik dieses Verhaltens ist fundiert durch das Prinzip der Reziprozität: es enthält die Anleitung für jedes Verfahren der legitimen Selbstbehauptung. Denn was dieser Sieger für sich in Anspruch nimmt, darf jeder, der zur Selbstbehauptung sich entschließt, wenn er nicht schon dazu entschlossen ist vor jeder vorsätzlichen Entscheidung dazu, für sich in Anspruch nehmen, unabhängig davon, ob der Gewinn für einen guten Zweck gespendet wird oder nicht.
Prinzipiell bedeutet der absolut gesetzte Vorrang des Prinzips der Selbsterhaltung (auf Kosten anderen Lebens und des Raumes, den dieses einnehmen möchte) den absoluten Vorrang des Kampfes auf Leben und Tod.

Es geht nicht darum, nun hier nach dem Muster der Stubenhocker in den Akademien, die vorwiegend unter der Schirmherrschaft des sozialdemokratischen Opportunismus der progressiven Karrieremacher - einem Klischee von Anfang an - sogleich einen Theoretiker der Philosophiegeschichte wiederzuerkennen und damit die Sache als erledigt zu betrachten (man könnte dabei den Unterschied der Lagen ignorieren), sondern die Regeln, denen die Dynamik der Wirklichkeit auch dann genügt, wenn die in ihre Sitze furzenden Scheißer meinen, sich von ihren Töpfchen nicht erheben zu müssen um sich wenigstens selbst den Arsch abwischen zu lernen, wenn sie schon zu sonst nix nütze sind und nur überflüssige Fresser, Parasiten im Pelz derer, auf deren Kosten sie ihre Einkommen beziehen und ihren Nonsens ausdrücken, stinkende Scheiße, die aus lange nicht mehr geleerten Pötten überquillt, und das macht einen Literaturbetrieb und Kultur.

Wenn sie meinen, daß ihre Methoden der gelehrten Bagatellisierung, ihre arrogante und ebenso dumme wie dreiste Art der Abfertigung jedes Gedankens, der nicht ihr eigener wäre, bei gleichzeitiger strategischer Unterdrückung sogar des möglichen eignen, der ja auch nicht mehr gedacht werden kann als einer der mit der Wirklichkeit koinzidiert - und was sonst wäre denn ein Gedanke? - die verleugnete Wirklichkeit dadurch abschaffen könnten, daß sie ihn durch eine Art des Um-sich-schlagens aus der Welt schaffen, so ist doch zu bemerken, daß just dies die Wirklichkeit mit erzeugt, von der sie um ihrer Selbsterhaltung willen unbedingt wissen müßten, von der sie jedoch aufgrund der Methoden und des Zwecks dieser Selbsterhaltung nicht wissen wollen, jedenfalls aber nichts zugeben dürfen.

Dies jedoch erzeugt, wie gesagt, die Kausalitäten, die diese Wirklichkeit schaffen, an der sie zugrunde gehen werden, indem sie ihren Untergang herbeiführen. Zu glauben, dieser Untergang werde von Rhetorikern lediglich herbeigeredet, ist Ignoranz in Bezug auf die Asymmetrie zwischen einer Rhetorik der Gewalt, die - als Handlung, die sie ist, bzw. als Grundlage zu deren Durchführung - eine Wirklichkeit erzeugt, deren Dynamik in den Untergang führt, und einer Sprache, die dieser Wirklichkeit lediglich folgt in dem Bemühen, auf ihrer Höhe zu bleiben, sich dann aber sagen lassen muß, es sei ihre Hetze, die das erst herbeiführe, was die Rhetorik der Macht und der Gewalt mit ihren Voraussetzungen zusammen dadurch projektiv verschiebt und zugleich verstärkt, daß sie es begleitend derart kommentiert, daß jede Sprache, die die Vorgänge beim Namen nennt, sogleich zum Opfer derselben Gewalt gemacht wird, der sie den Spiegel vorhält, damit diese sich um der Erhaltung aller willen rechtzeitig noch erkenne, und d.h. bevor die Universalisierung ihres Prinzips jeden zu allem ermächtigt dessen er/sie mächtig ist/sind um ihre Selbsterhaltung zu gewährleisten nach dem Muster und den Regeln, die auf diese Weise allgemein geltende Wirklichkeit und deren Grund und Wahrheit werden. Die Wirkungen aber sind bereits unübersehbar. Die Sieger feiern sich in eine wachsende Kriegsgefahr hinein.

Und dafür sorgen sie umso mehr, als sie ununterbrochen Siege feiern, und das Siegen immer unverhohlener als Prinzip ihres Tuns ausposaunen vor aller Augen und Ohren, und indem sie behaupten, der Verzicht auf den Sieg, ja sogar der auf den Kampf, die Auseinandersetzung, das Aus-dem-Wege-gehen, seien Formen der Schwäche, der Feigheit, der Minderwertigkeit oder der Dummheit, jedenfalls aber schon die unverkennbaren Symptome des lebensunwerten Lebens, das zu Recht von den Siegern aus der Welt gedrängt wird, um der notwendigen Selbstreinigung des menschlichen Lebens willen.
Dabei sind die modernisierten Sozialtechniken derart in Übereinstimmung mit den Wünschen einer zivilisierten demokratischen Menschheit gebracht, daß die nationalsozialistischen Lager mit ihrer politischen Superstruktur zusammen aufgelöst und durch innere Lager ersetzt werden konnte, die die alten Zeichen und Signale (Blut, Stacheldraht, Wachpersonal, Gewalt, zurechenbare topographische Merkmale mit Ausnahmeregeln für das der Sonderbehandlung unterworfene Personal, sowie vorsätzlichen und begründeten und im Namen des Ganzen gerechtfertigten Mord) erfolgreich vermeiden und alles dem Bildungssystem und der institutionellen Sozialisation überlassen, die zugleich durch ein höchst differenziertes und tiefgestaffeltes Verwaltungssystem mit wissenschaftlichem Legitimationshintergrund die einzelnen Erscheinungsbilder, die den Grund und die Berechtigung für die Sonderbehandlungen liefern (anders herum: die 'Ansprüche' auf 'Behandlung' oder 'Zuwendungen') derart aufschlüsseln und diversifizieren, daß das Gesamtbild einer in einem offenen Konzentrationslager inmitten des gesellschaftlichen Gefüges einsitzenden Klientel und ihr Umfang auch den diesem 'treatment' Unterworfenen, aber auch und vor allem denen, die u.a. durch ihre ständige Stütze solcher Umstände diese Behandlung legitimieren und davon auch profitieren, dieser Gesamtsachverhalt nicht bewußt werden kann, und zar auch und besonders deshalb, weil die Bilder der vorherigen Lösung zu einer Ideologie der Dissimulation verwendet werden, die von den rhetorischen Überbauten ebenso pluralistisch wie unisono systematisch betrieben wird, auch ohne daß man sich das dort klarmacht, sonst bekäme die schöne neue Welt am Ende Risse in der Kulisse.

Was bei diesem Spiel, das mit der Benommenheit des/der Behandelten fest rechnet und seinen anscheinenden Mangel an erkennbaren Selbstbehauptungsversuchen im Sinne der Schwäche und der somnambulen, bewußtlosen Gefangenschaft in der Hypnose des rhetorisch schwerbewaffneten und ständig nachrüstenden überlegenen Betreuers dieser Behandlung stets umdeutet in wehr- und orientierungslose Willfährigkeit, die gar kein Ende haben kann, weil es sich dabei vermeintlich um Persönlichkeitsmerkmale handelt, die feststehen müßten, weil der Andere sich das so denkt, ignoriert wird, ist die Möglichkeit einer vernünftigen Haltung, einer festgehaltenen Überlegtheit, die das Verhalten dieses Betreuers als Gegenstand einer Forschung auffasst und die Fähigkeiten einer solchen Intelligenz und ihre Lernkapazitäten untersucht.

Was dabei also übersehen wird, ist die materielle Grundlage der Geduld, der Ruhe, der Besonnenheit und der Nachgiebigkeit gegenüber dem Vorrangsanspruch, dem Anspruch auf Herrschaft und Führung, auf ungehemmte Ausbreitung im Dienste eines so verstandenen pervertierten Selbsterhaltungsprinzips, das seine Voraussetzungen in einem Anderen, der Wirklichkeit selbst, nicht zu erkennen imstande ist oder für umgehbar hält, als lediglich dem Bereich der Normen, der Wertvorstellungen entspringendes Verständnis der Realität des menschlichen Daseins, das auch anders gedacht werden könne ohne daß dies an der Realität etwas ändern könnte. Der Irrtum, in dem sich so diese vermeintlich allerrealitätstüchtigste Bewußtseinsverfassung bewegt, wird ihr vermutlich erst im Moment des nicht mehr abzuwendenden Untergangs bewußt werden, wenn nichts mehr zurückzudrehen und das Spiel zu Ende ist.

Denn erst dann wenn das Spiel zu Ende ist und d.h. erst in dem Moment, in dem das von ihr propagierte, gleichzeitig aber als ausschließliches Privileg einer Gruppe reklamierte Prinzip der Selbsterhaltung durch den erbarmungslosen Kampf und die Niederringung jedes automatisch als Gegner aufgefassten Anderen, der in den Umkreis der Reichweite der Mittel gelangt, deren sich dieses Bewußtsein bedenkenlos bedient, Spiel als Spiel nicht mehr betrachtet werden kann, wegen der unumkehrbaren Folgen, die das nun für die hat, die zuvor möglichst unumkehrbare Folgen für Andere und auf deren Kosten erzeugt und festgeschrieben haben - damit es ihren Kindern einmal besser geht, was ja heißt, daß die Kinder Anderer, wenn nicht schon diese selbst, sterben müssen, die verteilbaren Ressourcen einmal konstant gesetzt, und zwar ganz gleich auf welche Weise - m. a. W., wenn das Ganze zu einem definitiven Ende gebracht worden ist, das keine Interpretation, keine Täuschung, keine rhetorischen Manöver und keinen Zeitgewinn, keine Machtmittelanwendung, die der Selbsterhaltung nach diesem Muster noch nützen könnte, mehr zu läßt. Das ist aber nichts anderes als das Ende. Man ist versucht, sich an den einstmals notorischen Pyrrhus und seinen Ausruf zu erinnern: "Noch ein solcher Sieg und wir sind verloren!" Die alternativenlose Durchsetzung dieses Prinzips der Selbsterhaltung ist angesichts der Verfassung der menschlichen Wirklichkeit selbstmörderisch.

Der Selbstmörder rechnet freilich damit, daß die Anderen, die er rücksichtslos erpreßt mit der hochriskanten Fortsetzung seiner Gewinnstrategien, selbst so sehr am Leben hängen, daß die Strategie des Gewinnens, des Sieges sich noch immer profitabel in die Tatsache der Realität dieser Gewinne umsetzen läßt.

Der selbstmörderische Sieger lebt nur noch deshalb, weil die Anderen noch immer an dem Leben hängen, zu dem sie von ihm verurteilt werden, bei vollem Bewußtsein der Sachlage der rücksichtslosen Erpressung mit dem vorgestellten Ende. Das hat wie gesagt, seine Entsprechung im alltäglichen Leben, wo es als Kriminalität zugerechnet werden kann oder als Psychopathie - dafür finden sich immer Selbsterhaltungsinteressen, die das besorgen - und in der globalen Politik.
Konsequente Politik der Verantwortung hat dem Rechnung getragen durch das mögliche und zumutbare Entgegenkommen, durch den Verzicht auf die als Aggression eingeklagten Sicherungen des eigenen Daseins.

Konsequenz sind dann die durchschnittlich notwendigen Aufwendungen an Gewaltsamkeit, die sich als lebenslange 'Arbeitslosigkeit', der soziale, seelische und intellektuelle Tod, die Abdrängung ganzer Kulturen in das dafür eigens erfundene 'Sub-' bzw. in 'Dritte Welten', wenn nicht aus der Welt, objektivieren, und die das Maß des überhaupt dem Bewußtsein Erträglichen - wobei es noch in nennenswerter Weise eines bleibt - und das Aushaltbare menschlich gesehen in jeder Hinsicht überschreitenden Beschämung und Verachtung durch die Gewalt festsetzen, die dazu aufgewandt werden muß, daß dies so bleibt oder daß die einmal erzeugten sozialen und ökonomischen Asymmetrien sich sogar weiter verstärken, eine Gewalt, die selbstverständlich nur die Gewalt anerkennt und ihre Opfer entsprechend deren Versuchen, sich wachsendem Druck auf die als Biographien sich in die Körper einschreibenden, zur Person verfestigten Folgen jahrzehntelanger Prügelstrafen gegenüber zu behaupten, mit entsprechend wachsenden, symmetrisch dagegengesetzten Gewaltstrategien der organisierten sozialen Depravierung behandelt, und sich dabei darauf verläßt, daß die Selbsterhaltungsinteressen der zusammengerotteten Siegertypen immer erneut die Energien bereitstellen, die unter dem Zwang der Gewalt in solche der schleichenden, erzwungenen Selbstzerstörung der Verlierer transformiert werden, bis den Terrorisierten gegenüber die unablässig wirksamen Wirkungsmechanismen zum Erfolg ihrer schließlichen Zermürbung führen, die den langsamen, dosierten sozialen Abstieg, die intellektuelle Verkümmerung und die seelische Beschämung erzwingen und organisieren sowie stabilisieren bevor die nächste Stufe nach unten genommen werden muß, damit an anderer Stelle irgendwer, auf Kosten des Abgestiegenen sozial wenigstens an der Stelle sich behaupten kann, an der er/sie sich gerade befinden, und den systematischen mörderischen Druck auf ihre Existenz als natürliche allgemeine Notwendigkeit quasi sozial zwanglos zu legitimieren: denn es sind ja bloß und ausschließlich die Schwächeren, die hier einer unvermeidlichen sozialen, wo nicht natürlichen Auslese unterliegen.

Daß der Klügere nachgibt, hält sich dann wieder hartnäckig als Volksweisheit, wenn es gilt, den Fanatismus von Lebenshaltungen abzufertigen, die aus der Erfahrung schließlich die Konsequenz eines bedingungslosen 'Bis hierhin und nicht weiter' ziehen, oder wenn es gilt z.B. hartnäckige Fälle, beispielsweise den Fundamentalismus innenpolitisch, als Alltagsverhalten, auszuschalten, mittels der den Klügeren zur Verfügung stehenden Gewaltmittel, es sei denn man habe Interessen zu verteidigen.
Es bleibt also stets dabei, daß der, der diesen Techniken gegenüber nachgibt, nur der Dümmere, das Morsche, das Minderwertige, aber nicht das Klügere sein kann. Oft genug wird diese Art der Auseinandersetzung bereits in organisierter Form, mit der Zustimmung und der Aufforderung zum Kampf, mit dem erzwungenen Kampf und der systematischen Herstellung von Situationen, die diesen Kampf erzwingen ausgetragen, wenn nicht überhaupt.

Das ist aber das definitive Ende der Menschenrechtsdebatte in der Form und Art wie sie und in welcher Absicht sie geführt wird von den Akteuren, die hier einen gutwillig kaum zu verneinenden Topos dazu benutzen, anderswo einklagen zu wollen, was ihnen selber desto mehr zu fehlen beginnt, je mehr sich die Erfolge dieser Rhetorik als Veränderung der globalen Wirklichkeit bemerkbar machen, mit Ausnahme der von ihnen und ihren Interessen beherrschten.

Aber in dem Maße, in dem dies wirklich und in der Tat alternativenlos wird, bemerklich gerade daran, daß die Helferideologien und ihre Organisationen selbst diesem Prinzip unterworfen werden, in dem Maße kann es auch keine Rhetorik mehr geben - bzw. nichts anderes als dies - die dem universalisierten Prinzip noch im Ernst und mit Erfolg wiederspräche, und zwar gerade deshalb, weil die damit u.U. bewirkte tatsächliche Beindruckung von für dumm verkauften Opfern einer Rhetorik der Macht im Mantel Sankt Martins, die ständig nur davon spricht, daß sie diesen Mantel mit 'den Armen' teilen wolle, während sie ansonsten dem 'Realitätsprinzip' Rechnung trägt und ihre Protagonisten zu Schlägern zurichten muß im Dienste dieses Realitätsprinzips, das wirklich einzige ist, was die von diesem Prinzip geleitete Sprache und das von ihm geleitete Handeln zur Konstitution der Wirklichkeit beizutragen imstande sein können, und das ist eben wiederum nichts anderes als die Austreibung auch noch der letzten Reste dessen, was dem lediglich rhetorisch und gegen die Realität des eigenen Tuns festgehaltenen Prinzip noch entspricht zugunsten seines Gegenteils, dem Realitätsprinzip der Rhetorik des universalisierten Glaubens an den Sieg und nichts als den Sieg ohne ein Tertium datur.

Das heißt aber im Klartext: eine Versöhnung mit diesem Sieger hat die bedingungslose Unterwerfung unter seine unersättlichen Wünsche zur Voraussetzung. Das ist aber, das kann man aus Erfahrung mit Fug und Recht und unwiderleglich behaupten, gleichbedeutend mit der Aufgabe des Lebensrechts, es ist die Hinnahme der Abdrängung über die Schwelle des Todes. Wer damit dienen will, der/die gehe voran. Man kann dann ja sehen, wie ihm/ihr das bekommt.

Die Verdampfung der Polarität des Wirklichen zwischen Selbsterhaltung und 'Nächstenliebe', zwischen radikalem Egoismus und Sozialität als öffentlich wirksamen Grundsätzen des politischen Gemeinwesens, überführt dieses langsam in eine Eindimensionalität, die das vorrevolutionäre Klima von Sozietäten vor der (globalen) Explosion bestimmt.

Man kann den Sozialismus sowohl innenpolitisch als auch außenpolitisch anklagen, er habe diese Situation durch die Verfolgung einer sozialistischen Politik der schrittweisen Aufgabe seiner ihm zugewachsenen Gegnerschaftsrolle gegen das ihm politisch entgegen stehende Prinzip geschaffen, durch den Austritt also aus einer Rolle, die sozialistische Politik durch ihre Fixierung unmöglich machen sollte, indem sie den Rollenträger in eine Lage bringt, aus den es für ihn/sie scheinbar keinen Ausweg gibt, es sei denn um den Preis seiner Existenzgrundlage. Daß dies ein Irrtum war, ist nun evident.

Die Genialität der gegenwärtigen sozialistischen Politik bestand darin, diesem Gegner auf Leben und Tod nicht nur den Gegner, sondern das Verhältnis der Gegnerschaft selbst zu nehmen und ihm jede Freiheit einzuräumen die er verlangte, damit er zeigen könne, daß er imstande ist sich selbst auf eine angemessene Weise zu begrenzen. Dabei kann sich dieser Gegner noch erlauben, dies alles als fortschreitenden Sieg seiner Grundsätze auszuposaunen, also wiederum die Eigenart dieser politischen Handlungen zu ignorieren.

Das ist aber der Beleg dafür, daß diese Handlung und die ihr zugrundeliegende Überlegung in der Tat keine Handhabe mehr für die Projektion feindseliger Motive bieten.
Das Ergebnis ist freilich das überschnappende System der Sieger, der Homo sapiens sapiens als Besserwisser ohne Alternative.

Statt einer Rehabilitation der Verfolgten existiert die systematische Verfolgung weiter.
Die Seilschaften wissen was Seilschaften sind. Deshalb sind sie ihnen so profund auf der Spur.
Die erprobten Methoden der Verfolgung werden verschärft angewandt. Die bereits geschaffenen Fakten werden als rechtmäßige unbefragbar korrekte Ausschaltungsergebnisse betrachtet: als sei es nicht so, daß die Ernennung zum Tagedieb, dann zum Kommunisten, dann zum Hippie, schließlich zum Aussteiger, dann zum Arbeitslosen usw. nichts anderes gewesen sind, als die Bekundung der Entschlossenheit zur Aufrechterhaltung und Verstärkung der einmal geschaffenen, einer Ausschaltungsstrategie verdankten Ausschlußmechanismen und -verfahren. Denn es war bei diesem identischen Vorgang unter wechselnden Tarnnamen und mit entsprechend wechselnden Begründungen immer um das eine selbe gegangen: den Willen zum Ausschluß und seine Umsetzung.

Denn das war klar: ein Teil der Population mußte zum sozialen Abstieg gegen seinen Willen und auch ohne seine Bereitschaft zur Mitwirkung ihres Bewußtseins gezwungen werden, also bei unvollständiger Wirkung der entsprechenden sozialen Mechanismen und angesichts irrationaler Wendungen der offiziellen Politik, die plötzlich ganze Teilpopulationen der verschiedenen Schülergenerationen, die sie selbst erzogen hatte, nicht mehr brauchen konnte, weil sich deren Tendenz verändert hatte.
Die Rechtfertigung dieser erzwungenen sozialen Abstiege einer durch ihren Mangel an Bereitschaft zur Kooperation bzw. durch die falschen Überzeugungen definierten und daran erkennbaren Gruppe, die sich stets aufgrund desselben Mechanismus reproduziert (wobei diese Überzeugungen ja erst entstanden sind im Verlauf der Vorgänge: sie sind Produkte der Pression), ließ sich zunächst politisch regeln, und dann, als die Individuen aufgrund ihrer erkennbar werdenden Abweichung in der Folge ihrer kollektiven Sonderbehandlung Defekte zu zeigen begannen oder etwas, das sich bequem so deuten ließ, in die Oberhoheit der Psychopathologie verschieben und am Ende und am Anfang der unmittelbaren Gewalt aussetzen zur Behandlung mittels einer durch die Rechtsprechung abgesegneten Sozialtherapie. Die Rehabilitation bestand darin, daß der Delinquent einsichtig wurde und sich dem sozialen Urteil, das über ihn verhängt worden war, als Einzelner anbequemte und sich entsprechend einrichtete: in der Apathie.

Das hat Massenschicksale hervorgebracht mit Folgen, die nur dann bewußt und d.h. in Verfügung genommen werden können, wenn sich dieses Bewußtsein seiner Verformungen und der Tatsache bewußt wird und sich damit auseinandersetzt, daß es bis in unbestimmte Gründe hinein Resultat eines gewaltsamen Formungsvorgangs ist, der ungemein weit und in den meisten Fällen bis in den Nahraum der frühesten Erfahrung mit der Sozialwelt hinunterreichen. Das heißt aber: das Selbst-Bewußtsein ist nicht das eigene. Es ist vielmehr gewöhnlich Eigentum eines weitgehend kollektiven Vorgangs der Herrschaft der jeweils erwachsenen Generationen über die Gehirne der Kinder, die mit den heranwachsenden Generationen selbst in den günstig gelagerten Fällen gewöhnlich ein Spiel spielen, das unabhängig von der Art und Weise, in der es gerechtfertigt wird, einen Namen hat: Hase und Igel ! "Ick bünn allhier".

Man möchte in der norddeutschen Ausprägung der Formel, wie das Märchen ja auch im norddeutschen Raum spielt, einen Hinweis auf den nationalen Schwerpunkt der gewohnheitsmäßigen Anwendungen solcher Art von Trainingsmethoden ohne Eigenbewegung zugunsten der eigenen Selbsterhaltung sehen oder auch einen Hinweis darauf, daß der in Rente gegangene Faschismus ja schon früh für die Bedingungen der Möglichkeit dieser Renten zu sorgen hatte als die Generationen, die das zu bezahlen haben würden laut 'Generationenvertrag' - so als sei das einer: es gibt keinen derartigen Generationenvertrag, der sich einklagen ließe - noch gar nicht wissen konnten, was das für sie einmal bedeuten könnte.

Aber das würde eine unzulässige lokale Eingrenzung sein, die zu der Suggestion verführen könnte, es müßte anderswo am Ende besser sein. Denn es handelt sich ja um einen an einem innenpolitisch-alltäglichen Interaktionsbeispiel und der aus ihm ableitbaren Erfahrung erläuterten weltweiten Vorgang, der einerseits innerhalb der Gesellschaften und dann auch zwischen den Gruppen wirkt und dabei stets demselben Mechanismus folgt, ob es sich nun um Kulturen oder Subkulturen oder um Individuen handelt. Denn Kulturen sind letztlich nur soweit existent und lebendig wie sie auf einem Substrat von Individuen beruhen, die durch eine mehr oder weniger große Reichweite gemeinsamer Bedeutungen miteinander verbunden sind. Im Grenzfall gilt: die fremde Kultur, das ist der/die Andere.
Die rücksichtslose Verschwendung der Welt durch die derzeit herrschenden Juppie-Generationen ist durch keine traditionelle Ethik gedeckt, die den Respekt vor dem Leben der Kulturen angesichts der Generationenfolge zwischen Vergangenheit und Zukunft gebietet.
Auch hier hat sich ein biologisches Gesetz der rücksichtslosen Gier nach Futter und Platz und Anspruchsdenken durchgesetzt, das keiner sozialen Norm mehr genügen kann und insofern keine Rechtfertigung anführen kann als die, daß es auf faktischer Herrschaft der rücksichtslosen Gier beruht und auf einem süchtig festgehaltenen Größenwahn ganzer Generationen, die diesen Süchten die bewohnbare Welt opfern.

Die Legitimationsgrundlage der demokratischen Gesellschaften ist die Befriedigung dieser Rücksichtslosigkeit und Gier für die jeweils für die Ausübung legitimer Herrschaft notwendigen Mehrheit.
Das hat das Prinzip der Herrschaft selbst bereits ad absurdum geführt. Die Enkel dieser Generationen werden das mit einer unter dem Zwang der ökologisch unumgänglichen Anerkennung des Wertgesetzes, auf dessen Geltung wie auf dessen theoretischen Kopf derzeit der durch die Medien systematisch gezüchtete Größenwahn des Homo sapiens der nordwestlichen Hemisphäre keinen Pfifferling mehr gibt, während er in diese Ignoranz seinen Stolz mindestens u.a. auch setzt, bedingten Verengerung ihrer Lebenschancen, und der damit ebenso unumgänglich notwendigen veränderten politischen Form der Verwaltung der Umerziehung zur unvermeidlichen Einschränkung bezahlen müssen, wenn es sie geben wird.

Die Wahrscheinlichkeit, daß es sie geben wird, ist gering. Jedem kann klar sein, daß die Globalisierung der sozialen Existenz- und Stabilitätsgrundlagen der formal demokratisch verfassten Industriegesellschaften der nord-westlichen Hemisphäre unmöglich ist, aus Gründen des energetischen Aufwandes und seiner Folgen, und dies bereits zu den gegenwärtig geltenden Bedingungen.
Die Sozialwissenschaftler, die in den sechziger und siebziger Jahren meinten über Malthus sich amüsieren zu können, gehen in Rente ohne die Verantwortung für ihr Geschwätz zu übernehmen.
Der 'Club of Rome', eine Verlagserfindung, hat sich mit der Herstellung und dem Verkauf einer LP begnügt, zu Recht. Der Dampf ist raus. Und wofür erhalten diese erfolgreichen Versager ihre Renten?
Hier gibt es kein Prinzip Verantwortung. Wem es gelingt, erst nach seinem Tode als Verbrecher und Verführer, als Scharlatan und Karrierist, oder gar, aus Mangel an Kontinutität und Fassungskraft des Bewußtseins seiner Nachfolge, überhaupt nicht als solcher erkannt zu werden, der ist schon erlöst.
Denn die Hauptsache ist der sogenannte soziale Erfolg zu Lebzeiten, man muß möglichst hoch oben in der sozialen Stufenleiter gestanden haben, möglichst viele Siege errungen haben, und wofür die sozialen Erfolge, die doch als Belohnungen einzig richtig verstanden sind, als Belohnungen für einen in der Sache richtigen Einsatz des Lebens für das Kollektiv, eigentlich angenommen wurden, für welche Sache hier gesiegt wurde, das ist vollkommen gleich.

Es ist eine unleugbare Tatsache, daß wir alle in einem gesellschaftlichen Gefüge leben, das die kriminellsten Gemeinheiten belohnt, solange sie sich innerhalb eines Regelsystems abspielen, das den Mord und das Verbrechen ja nicht definiert oder verbietet, sondern nur die Schwelle bezeichnet, von der ab eingeschritten werden kann, Anzeige vorausgesetzt, oder werden muß. Die Definition des Verbrechens ist eigentlich Sache der Ethik und der Religion.

Aber die werden weitgehend übereinstimmend als nicht mehr realitätsangemessene Traditionalismen betrachtet, unter Hinweis auf die oft altmodisch wirkende Form. In der Tat geht es um Anderes: die Ausschaltung eines Maßstabes, an dem sich auch die Rechtsprechung und die Gesetzgebung messen lassen müßten. Das hat zu diesem römisch-katholischen, unmöglichen Kompromiß zwischen Großmachtinteressen und Machtpolitik einerseits und Christentum als weltjenseitiges Dogma andererseits geführt. Säkularisierung ist insofern gleichbedeutend mit einer Lockerung der sozial verbindlich festgelegten Spielregeln, sowie eine Unterstützung des sich dann einspielenden Zustandes durch Gesetzgebung und Rechtsprechung, wobei das eigentliche Problem nicht in der gemilderte Anwendung, sondern die Verschiebung der Urteilsgrundlagen für Gesetzgebung und Rechtsprechung zu sehen ist. Ob das wirklich eine angeblich eigentümliche Legitimität in Anspruch nehmen kann, ist keineswegs schon dadurch festgelegt, daß es so behauptet und so umständlich wie unverständlich und mit Bildungsaufwand gerechtfertigt wird von einem Professor und seinen Devadattas. (Devadatta, der Gottgegebene, ist das Subjekt der verschiedensten Standardparadigmen der Sanskritgrammatik, an der die Funktion der diversen casus demonstriert wird. Ein  Beispiel in der Übersetzung: „Devadatta holt Feuerholz für den Brahmanen in einem Topf um ihm Reis zu kochen“. Es gibt auch Beispiele, in denen es um das Hüten von Vieh geht, immer aber um langes, manchmal nicht enden wollendes Dienen, und jeder mag sich seine entsprechend modernisierten empirischen Erfüllungen für diese sozialen Formeln ausdenken mit Rücksicht auf den deutschen Wissenschaftsbetrieb an Universitäten und Forschungsinstituten. Wie das mit der Reformierbarkeit des Bildungssystems zusammenhängen mag, und welche Erfolgsaussichten das haben mag, kann man sich selbst ausdenken: sapere aude!) Diese Übereinstimmung in der zynischen Abfertigung jeder grundsätzlichen und insofern gegen die Unübersichtlichkeit der Scheindifferenzierungen immunisierenden Haltung, die sich an dem Beamtentum der Mingh-Dynastie geradesogut beobachten läßt wie an der Spät-Prä-Post-Moderne sind aber nichts anderes als die Form, in der die kriminelle Haltung öffentlich wird, die das Leben faktisch bestimmt.

Die allgemeine Gestörtheit des Rechtsempfindens, wo alles nach der Devise läuft: Was gelingt ist rechtens, ist dafür ein Indiz. Dabei ist die Kompliziertheit Schein. Sie beruht auf einer rhetorisch verursachten Trübung des ethischen oder moralischen Urteils bzw. auf einer Verkümmerung seiner Ausbildung und der unausgesetzten, einem Bombardement gleichenden vorsätzlichen Ent-Täuschung, die angesichts seines sowohl kontrafaktischen wie sozial bedingten Charakters fatale Folgen hat für die Fähigkeit zur Handlungsbegründung und d.h. eben auch -begrenzung.

In der Tat werden hier längst die Grundlagen der Möglichkeit des sozialen Lebens angegriffen, und zwar tätlich und öffentlich, und vor allem auch durch die Protagonisten der Hüterschaft der Traditionsbestände, die als ebenso viele Gelegenheiten für Karrieren benutzt werden ohne Rücksicht darauf, ob ihre 'Substanz' das zu lässt. Und schließlich wird die Kritik zur Gelegenheit für Karrieren. Das ist aber angesichts der Bedingungen, unter denen Karrieren stehen, bereits die Erhebung des Gegenteils des Gemeinten zur Grundlage des Gesagten. Die einzig angemessene Form schließlich, die auf der Höhe der Moderne zu stehen beanspruchen konnte, nämlich die sozialistische Politik, die die Substanz ethischer und religiöser Überlieferung und die darin steckenden Wahrheiten über die Existenzbedingungen von hochorganisierten Kulturen im Zeichen der Möglichkeit des Absoluten als des Endes aller in Formulierungen übersetzt hat, die ihr aus Anschauung und Erfahrung der wissenschaftlichen und industriellen Moderne zugewachsen waren, hat sich in den siebziger Jahren zur Rhetorik einer Art von Bandenbildung reduziert, die in ihrer closed-shop-Mentalität nicht nur die Betriebe der großen Industrien beherrscht, sondern auch ihre öffentlichen politischen Formationen.

Die Folge ist eine unbeschreibliche intellektuelle Auszehrung, die unter dem Eindruck der Herrschaftsinteressen der alten Seilschaften der Reichswehr, die parteiübergreifend sich die Institutionen des Nachkriegsdeutschland untereinander aufteilten, sich als offizielle Politik gegenüber dem in den Bildungsinstitutionen zunächst herangezogenen Nachwuchs an möglichen Kräften in den siebziger Jahren durchsetzen konnte.

Die Versteinerung dieses Syndroms ist nicht aufzuheben, nicht durch die Iteration dieses Syndroms - aus der Not eine Tugend machen -  und nicht duch Fassadenretuschen. Die Sozialdemokratie macht keine Anstalten die offenen Rechnungen zu begleichen, die sie in den siebziger Jahren zunächst mit Wechseln gedeckt hat, die sie dann platzen ließ, eine ideelle Währungsreform ohne Beispiel.
Die Erneuerung möchte sie jetzt beziehen aus einem Überläufertum, das ihr zufließt, wenn andere Fehler machen. Bei dieser Rechnung wird ignoriert, daß die Jugend, auf die sie zu setzen beabsichtigt, wie sie sagt, Eltern hat, die eher zu denjenigen Teilen der intellektuell beweglichen Generationen des Landes zählen, die die Erfahrung weiterzugeben imstande sind, die sie aufgrund ihrer 'Bildungsanfälligkeit' gemacht haben müssen, und die aus dieser Erfahrung vielleicht mit einer Immunreaktion hervorgegangen sind, die sie auch immunisiert gegen eine Beeinflussung, die einen Automatismus bewirken könnte, der zu einem ohne Bewußtsein einer qualitativ verstandenen Kontinuität bewirkten 'Machtwechsel' führen müßte.

Es ist nicht zu vermuten, daß sich dies alles ohne Rücksicht auf die Kontinuität der Erfahrung vollziehen sollte, auf die diese Jugend zurückblicken wird, wenn sie tatsächlich über das ihr angedichtete Bewußtsein und politische Urteil verfügt, das sie nach Auskunft der Sozialdemokratie zu deren Wählern prädestinieren müßte, wenn sie tatsächlich auch das Verhalten ihrer Eltern verstanden haben. Und das wäre ja gerade eine Bedingung der postulierten Freiheit, die da ursprünglich nicht versprochen, sondern verlangt worden und bereits erkämpft worden war, im Alltag, und von der man erwartete, daß die politische Partei, die man damit betraute, daß sie das konsolidieren sollte, dies auch ihrerseits richtig als Mandat verstehe, wobei man ja lediglich einmal versuchsweise, bei Voraussetzung prinzipieller Unvertretbarkeit, ein paar mißtrauisch im Blick behaltene Berufspolitiker damit betraute, das auch zu besorgen. Die nun haben sich damit befasst, Selbstwerbung zu betreiben.

Darin waren sie dem Karrierismus der Rock-Musiker und der Industrialisierung des Blues und der Rock-Musik durchaus gewachsen. Das waren und sind Parallelaktionen: öffentliche Sehnsucht und Hoffnung - gar als 'Prinzip' oder 'Utopie' - in private Bereicherung und persönliche Selbsterhebung zu verwandeln.

Und nach diesem Vorbild hat sich entsprechend die ganze 'Identitätsbildung' vom Lehrer bis zum Professor in dem angelagerten 'wissenschaftlichen' Bereich vollzogen, ähnlich dann die Medienidentitäten, die sich parasitär als Bewußtseinsindustrielle darüber anlagerten wie der Abschaum auf der Welle: das Prinzip und Ende sozialistischer Politik stellte sich öffentlich dar als Vertretungsanspruch gegenüber Manövriermassen und Gefolgschaften als Vehikeln persönlicher Karrieren hauptsächlich im tertiären Sektor, Schule, Verwaltung, Politik, Medien, Bildung, literarischer Betrieb usw. Das Gesindel, das sich da bereichert hat an den sozialen Hoffnungen, die es ausgebeutet und von deren Substanz es gelebt hat, hat heute Zweitwohnsitz auf Mallorca und in der Toscana, und lebt passabel von den Vorteilen, die es sich mit seinem Geschwätz erobert hat.
Dies alles sind private Folgen dieser Politik. Die öffentlichen sind in der Reaktion auf die verantwortungslose Handhabung eines politischen Grundgedankens zu bemerken gewesen, der sich nicht im Ernst zu dem Anspruch auf Priesterschaft oder Lehrbefugnis verkürzen läßt ohne daß man dabei dem in's Gesicht schlägt, was man da zu propagieren beansprucht.

Die faktische Inanspruchnahme, die dem in der Idee enthaltenen Anspruch auf Autonomie des Einzelnen gegenüber dem Anspruch von Gruppen oder Institutionen oder Organisationen unversöhnlich widerspricht, macht die Schule, aus der man sich schließlich, weil man das ja kann, selbst abmeldet, wenn man ihr nicht einfach ohne Entschuldigung fernbleibt, weil diese Lehrmeister sich ja auch nicht entschuldigen. Der paradigmatische Stolz der Sozialdemokratie auf die abweichende Sozialisation entsprechend der Ausbildung ihrer Ideenbestände, der sich in den Vorzeigebiographien der 'Führer' der Sozialdemokratie verdichtet hat, ist pure Floskel. Faktisch sind die Biographien der führenden Sozialdemokraten brave Institutionenkarrieren mit Regelbeförderung, ähnlich wie bei dem Personal von Supermärkten im Food-Bereich, blanke Nachahmung der durchschnittlichen Aufstiegswege des Staatsbeamten, und in dem meisten Fällen damit sogar identisch.

Nicht, daß das unbedingt gegen diese Wege oder Personen spräche. An ihrem Platz sind die richtig.
Aber wenn man bedenkt, daß die Theorie, von der die Sozialdemokratie bis heute gezehrt hat, die sie jedenfalls aber damals in Anspruch nahm, aus abweichender sozialer Erfahrung und mit Hilfe einer Urteilskraft und deren Grundlagen gewonnen worden war, aus der man die Kraft zum Widerstand gegen die kollektive Ideologie, die die offizielle Rechtschaffenheit stets in's Recht setzt als das Natürlichste von der Welt, an dem sich alles zu messen hat, ablesen kann, dann ist die Selektion der politischen Führung der Sozialdemokraten mit Hilfe von innerparteilichen Auslesemechanismen, die nur noch eine Nachahmung des Regelaufstiegs des durchschnittlichen Staatsdieners sind, derart, daß man sich die Monarchie zurückwünscht: das war wenigstens kein Regelaufstieg, sondern die Bedingung seiner Möglichkeit, wie übrigens die der davon abweichenden Varianten.

Es ist denn auch die Ausmerzung der Unregelmäßigkeiten, die angepasste Stromlinienförmigkeit, die klarmachen kann, daß die Führung der Sozialdemokratie, vielleicht nicht mehr als die anderer Parteien auch, aber das macht eben doch einen Unterschied, und wenn nicht, dann eben nicht, und auch darauf kommt es an, als eine Art von Pilzen betrachtet werden können, die aus einem unsichtbaren unterirdischen Myzel von organisierten Interessen herauswachsen, auf dessen Beschaffenheit sich aus der Betrachtung dieser Früchtchen kaum mehr ein angemessener Aufschluß gewinnen läßt.
Und schließlich ist die öffentliche diskutierte Tatsache einer Kandidatenauswahl entsprechend der selektierenden Frage: wer kommt bei wem wie an, nach dem Muster der damit verschwisterten Pop-Musik - die ja nichts darüber aussagt, nach welchen durch die Sache und ihre Anforderungen bestimmten Kriterien ein/e Kandidat/in als qualifiziert betrachtet werden kann - ein Schlußpunkt auf der Debatte angesichts des nachlassenden Unterhaltungswertes beider, der bereits in den siebziger Jahren von etwas helleren Köpfen als Erzeugnis der Waschmittelwerbung erkannt worden war, die vermutlich inzwischen von diesen ihren ehemaligen Verächtern gemacht wird, die sich flugs in die kreativen Köpfe verwandelt haben, die die Nivellierung ihres eigenen Denkens, den intellektuellen Niedergang auf diese Weise profitabel und erfolgreich öffentlicher Akklamation in Gestalt der Umsatzsteigerungen feiern dürfen, die sie ihren Auftraggebern versprechen. Inzwischen ist man da allerdings unter denselben, zynisch gewordenen 'Progressiven' - also den Leuten, die auf der Welle mitschwammen ohne eigene Ideen und stets mit dem Radar darauf achteten, nur ein ganz klein wenig anzuecken, so daß es nicht schmerzt, um dann bei nächster sich bietender Gelegenheit eine sichere Position zu erobern, die sie von da ab sub specie der Rente entschlossen vor allem gegen ihre Gesinnungsgenossen verteidigen, falls das nicht ohnehin durch die Verbeamtung erledigt ist, die also so etwas anzudeuten schienen, das sie als Abschaum gerade unkenntlich genug machte, daß sie in der allgemeinen Verkneipung der ‚Linken Intelligenz’ unauffällig mitschwimmen konnten und deren Gedächtnis hinreichte zum Auswendiglernen der jeweils neuesten Sprüche, während ihr Denkvermögen, man möchte sagen: die synthetische Einheit der Apperzeption, zugunsten eines unintegriert gebliebenen zentralnervösen Apparates unentwickelt geblieben war. Um im Bild zu bleiben: die Rettungsboote (der Institutionen) waren dann voll mit hilflosen Schiffbrüchigen, während der Kapitän und die kleine Mannschaft mit dem Schiff untergingen, aber besser und korrekter ist das Bild, das nach dem Sturm die Bäume voller Papageien sitzen läßt, die noch eine Weile die der vorübergezogenen Karawane abgelauschten Sprüche kloppt bis die Nervensysteme von neuen Eindrücken überlagert werden, die schließlich die Erinnerung löschen, während ein paar Verhaltensreste erhalten bleiben, die durch ihre verblüffende Ähnlichkeit mit bedeutsamen Gesten dem Betrachter noch eine Weile Rätsel aufgeben, als er schon herausgefunden hat, daß es sich hier um Nachahmung von unverstandenem Zeugs handelt und um die Bruchstücke von längst aufgelassenen Bedeutungen, die den Gebildeten deshalb zu narren geeignet sind, weil ER sich etwas dabei denkt!

Die profunde Öde der Personenlandschaft in dem in Rede stehenden politischen Gelände ist hinreichender Beleg für die Folgen des Voyeurismus und des Karrierismus sowie der Herrschsucht des Mitläufertums. Die treten dann aber als Lehrer auf une erziehen und ermächtigen eine das Verbrechen bewußtlos als erfolgreichen Lernprozeß weitertragende Nachfolgegeneration, deren Lächerlichkeit dieser selbst gar nicht klar(gemacht) werden kann: sie haben schließlich fleißig gelernt und sind dafür belohnt worden - mit der Verwaltung der Erbmasse der von ihren Lehrern Verfolgten und Vernichteten, die sie dann als ihre rechtmäßigen Umdeuter an die jeweils herrschenden Bedürfnisse nach den passenden Bedeutsamkeiten betreuen dürfen, in aller Unschuld, die so stark macht - und so blind. Und das ist eben dann das Ende. Der Versuch, das verlorene Terrain, die so verspielte, inzwischen vergangene Zukunft, durch Scharaden zurückzugewinnen, wird an dem mitgelaufenen, sei es auch unbewußten, und daher desto wirksameren Lernprozeß scheitern.

Das Quasi-Subjekt der praktischen Kritik an der Sozialdemokratie - durch Wahlen - geht zusammen mit ihren innerorganisatorischen Karrieristen auf ihren Untergang aus. Ich werde das noch erläutern.
Vorerst kann ja die Bemerkung genügen: Absenz ist eine Form der Präsenz.


Verspielte Zukunft II. 

22.12.1990

Die Politik der Sowjetunion erscheint nur dem undurchsichtig oder ohne 'Linie', der die Vorgänge unter dem Gesichtspunkt des 'Unterganges des Sozialismus', des Endes der Möglichkeit eines erwiesenermaßen gescheiterten historischen Experiments mit dem Menschen sieht, das aus den nun durch ihre eigene Praxis und in den eigenen Voraussetzungen widerlegten, eben aus einer Philosophie der Praxis hervorgegangenen, auf Praxis bezogenen und durch Praxis ad absurdum geführten Ideen beruhte, die sich keine gültige, und d.h. erfolgreiche Wirklichkeit zu schaffen imstande gewesen seien. In der Tat hat sich der Sozialismus nur die Möglichkeiten vom Halse geschaffen, daß man dem Versuch seiner praktischen Verwirklichung ständig Vorwürfe zu mache, die zur unablässigen Kriegsvorbereitung berechtigen.

Die Sowjetunion hat berechtigten Befürchtungen militärpolitisch Rechnung zu tragen versucht, war jedenfalls politisch von diesen Rücksichten lange bestimmt, ohne daß dort der Widerspruch zwischen der machtpolitisch-militärischen Absicherung gegenüber einem potentiellen, aus West- oder Nordeuropa kommenden Angreifer und sozialistischer Außen- und Innenpolitik ausreichend in's Auge gefallen wäre. Die Schwerkraft der militärisch siegreichen Militärmaschinerie, die als Landarmee den Nationalsozialismus - ihren Rivalen - besiegt hatte, wenn auch nicht im Alleingang, hat sich politisch lange durchsetzen können. Das zeigt eben nichts anderes, als daß die Militarisierung von Gesellschaften, zumal am Übergang aus einer Bauerngesellschaft und tiefstem Traditionalismus religiöser Prägung, in die wissenschaftlich-technische Moderne, zumal unter den Bedingungen eines Entwicklungslandes, das von industriell avancierten Rivalen auf dem europäischen Festland und Großbritannien auch und vor allem ökonomisch in unvermeidliche Zwangslagen gebracht wurde, und deren politischem Imperialismus gegenüber in eine prekäre Konkurrenzlage geriet, die ja nicht nur von Europa aus - im geographischen Sinne von Westen - sondern auch aus dem Süden - Afghanistan Pakistan und Indien her, sowie von dem äußerst angriffslustigen aufstrebenden Japan aus wirksam wurden.
Sozialistische Politik, einmal angenommen, es handelte sich um mehr als um eine Art von 'Gebrauch' der sozialistischen Varianten der um das Problem der Modernisierung und Steuerung von Gesellschaften unter den Bedingungen des Übergangs aus den traditionellen Agrargesellschaften zu Industriegesellschaften kreisenden Ideengebilde seit Quesnay und Turgot, Adam Smith und John St. Mill, St. Simon und Comte, und um mehr als eine unvermeidliche Reaktion auf die Zwangslagen, die die entwickelte industrielle Konkurrenz seit dem Kameralismus der absolutistischen Macht- und Hegemonieinteressen in Europa auf schließlich alle Völker und Kulturen dieses Globus ausgeübt hat, sowie um einen rhetorischen Gebrauch von Beständen, die aus einer Gemengelage überlieferter und auf dem Hintergrund der Moderne zusammen mit deren formulierter Erfahrung durch Reinterpretation erzeugt worden sind (wie z.B. die Idee der formalen Demokratie als Herrschaftsform und ihre ideellen Voraussetzungen aus einer Reinterpretation der überlieferten Ideenbestände der griechischen Stadtstaaten erzeugt wurde), also um mehr als einen in einem bestimmten Umfang beliebigen Einsatz von - vorübergehend und zunächst - brauchbaren und dann abzuwerfenden Ideenbeständen, die die aufstrebenden Industriegesellschaften selbst lieferten, für die um jeden Preis herbeizuführende Entwicklung - was ja den nationalsozialistischen wie den stalinistischen Weg (die 'preußische' bzw. 'orientalische' absolutistische Variante vergleichbarer Reaktionen auf vergleichbare Herausforderungen, vor denen in der Gegenwart die Länder der islamischen Welt, die Staaten Lateinamerika's und China in vergleichbarer Weise stehen) und ihre oft und zu Recht von der Gesellschaftstheorie politisch kritisierte, nur mit einem ganz und gar falschen moralisierenden Unterton, der ja so tut, als gäbe es da eine Wahl in diesem Kampf auf Leben und Tod, der den Völkern Europas dieses kurze historische Fenster einer Überflußgesellschaft angesichts ihres baldigen Endes in der globalen ökologischen Tyrannei beschert hat, auf Kosten aller der Völker, denen die interessierte Propaganda des Westens ihre Regierungsformen vorwirft, so als hätte das nichts mit der kaum in globalem Maßstab in der Weise ihrer Vorbilder zu behebenden Gesamtlage zu tun, in der sich diese Länder auch und gerade wegen denen befinden, die sie gerade gegen ihre zugegeben korrupten Führungsgruppen erfolgreich aufwiegeln, mit Folgen, die diese Völker vermutlich zu spät bemerken werden, und zwar in dem Sinne zu spät, in dem das endliche Erwachen alles zu spät sein lassen wird für den Westen, der die Propagandaversprechen seiner Massenmedien, eines endlosen Konsumreiches ohne Mühe und Schweiß, eines Traumlandes, in dem man sich alles aus den Regalen 'holt', weil es nichts oder fast nichts kostet, und registrierte Härte und auch ihre eingeklagte strukturelle Ähnlichkeit erklären kann - mußte unter diesen außenpolitischen Umständen scheitern an den materiellen Differenzen und den Entwicklungsdefiziten zwischen den Entwicklungsländern in Europa und den avancierten Imperien, die zu ihrem technisch-wissenschaftlichen und industriellen Entwicklungsvorsprung auch die globalen Ressourcen an Menschen und Rohstoffen erobern konnten, aus denen sich die avancierten Ausgangslagen machen ließen, die sich wiederum politisch in den verschiedenen Regierungsformen niederschlagen mußten, die auf die aus der avancierten Ökonomie erwachsende Bedrohung der sozialen und Lebensgrundlagen auch der anderen europäischen Völker bzw. Staaten reagierten.

Es ist ein falscher und im miesesten Sinne in der Luft hängender Glaube, daß Staaten resp. Bevölkerungen sich ihre Regierungsformen frei wählen könnten, wenn ihre Herrschaftsgruppen sie nicht daran hindern. Die wirkliche Re-Organisation solcher Sozietäten vollzieht sich nach anderen Regeln. Das könnte man auch in Deutschland wissen, wenn man nicht am Beginn der siebziger Jahre die an den Grundlagen der Politik wirklich Interessierten systematischer Verfolgung und einer vorsätzlichen Herausdrängung aus den korrupten politischen Institutionen, darunter auch der Universität - mit Zustimmung der davon Begünstigten Karrieristen und Opportunisten -, letztlich einer auf Ausrottung der Grundlagen des Bewußtseins der Weltpolitik zielenden Machterhaltungsstrategie unterworfen hätte, die darauf hinauslief, daß ein paar Idioten in Ämtern - darunter der derzeitige Außenminister - die als gefährliche Konkurrenz empfundenen Intelligenzen bespitzeln ließ, um sie unter einem Vorwand liquidieren zu lassen, eine Opferung also einer Gruppe von in die Falle Gelockten zugunsten des privaten Egoismus von Angsthasen, die die politische Intelligenz des Landes erledigt haben, möglicherweise unter gleichzeitiger Verspeilung der Chance einer Restrukturierung der politischen Wissenschaften.

Freilich erfüllt dieser Unsinn aus guten Gründen derzeit noch viele Köpfe. Denen erscheint es dann unerklärlich, wieso sich eine Kultur, deren Herrschaftsform durch massive propagandistische Eingriffe ohne Rücksicht auf die Eigenart der Basis auf der sie entstanden sein muß, schließlich zerstört wird, sich dann, statt nach den Segnungen der formalen Demokratie zu greifen, oder denen des 'Sozialismus' im Sinne eines Ensembles intellektueller modernistischer Seminarideen samt den Szenarien eines mühelosen Umbaus der sozialen Strukturen und kulturellen Hintergrundmuster des Lebens, bzw. im Sinne einer kopierten politischen Praxis, die diese Namen führt, sich eilends z.B. zum Rückgriff, zur 'Regression' in dem Sinne entschließt, in dem z.B. der Iran, nach dem Untergang des 'Schahregimes' an äußerer Besserwisserei und innerem Widerstand sowie einer beispiellosen Fehlsozialisation mehrerer Generationen der auf die Schulen Europas geschickten Intelligenz durch die geistigen Epidemien der Europäer und ihre Bürgerkriegsszenarien, in deren Strudel diese Kulturen gerissen wurden, in dem ein, wie es scheint, aufgeklärter Absolutismus mit orientalischer Draperie umschlagen konnte in eine Theokratie islamischer Prägung, die hierzulande nicht als die Selbstrettung einer Kultur vor einem massiv gegen ihre Integrität und die kollektive Identität vorgetragenen Angriff, sondern als Rückfall in einen unverständlichen Irrationalismus erlebt, und wiederum entsprechend massiv angegriffen und bekämpft wird, was denen, die der Ansicht sind, was bliebe sei letztlich der Versuch, diese Kulturen zu zerstören um nackter Profitinteressen willen, wie sie sich auch wende, um sich zu erhalten, im Kern recht gibt, aber vor allem, die richtige Sicht der Dinge vermittelt, ob das dem Angreifer nun passt oder nicht.

Man kann diese hirnrissige 'Idee', die besser eine propagandistische Zwecklüge heißt, die denselben Leuten mehr Schaden zufügt als daß sie ihnen nützt, so als handele es sich dabei lediglich um Fragen der Innenpolitik, und so, als habe die nichts mit der außenpolitischen Gesamtlage zu tun, in der ein Staat sich befindet ohne die Möglichkeit zu haben, hier beliebige Manipulationen vorzunehmen, überhaupt nur dann in's Auge fassen, wenn man sowohl von den sozialen, den allgemein-intellektuellen Massenverfassungen eines Landes, aber auch von den außenpolitisch wirksamen Konstellationen und den sich aus dieser Gesamtlage ergebenden innenpolitisch wirksamen Zwängen einfach abstrahiert, oder, da sich das mit einem klaren Verstand nicht machen läßt, indem man sie einfach ignoriert, indem man die wissenschaftliche Form und den ihr und dem Sinn des Wirklichen korrespondierenden Gedanken durch Spinnereien ersetzt, die sich wirksam als Propaganda nur vor dem Hintergrund einer veränderten Herrschaft des Priesterbetruges und der Volksverdummung unter der Maske der Assistenz und der Entwicklungshilfe ausbreiten lassen, nichtsdestoweniger aber geistige Epidemien verursachen, deren Folgen dann auf jeden Fall die zu bezahlen haben werden, die daran glauben (müssen).

Die Grundlagen, man kann auch sagen: die Bedingungen der Möglichkeit einer auch nur demokratischen Gesellschafts-, oder besser: Herrschaftsform, soweit sie theoretisch formuliert sind - und das sind sie im Prinzipiellen - sind auch in den avancierten Demokratien gar nicht eingelöst. Die demokratische Herrschaftsform beruht in der Tat auf einer uneinlösbaren, jedenfalls aber uneingelösten Fiktion. Die betrifft die Verfassung des Individuums, und zwar unausweichlich sowohl in intellektueller als auch in materieller Hinsicht. Es ist eigenartig, daß niemand in der intellektuellen Kultur der Demokratien dies der Demokratie als Herrschaftsform vorwirft.

Man muß die Wende in der Bildungspolitik, die sich inzwischen ja ein zweites Mal, als 'Abwicklung' vollzieht richtig verstehen als die letzte Konsequenz einer Politik, die nur noch auf Fachausbildung für die Zwecke einer im internationalen Konkurrenzkampf stehenden Arbeitsgesellschaft setzt, die sich letztlich hinreichend als Großbetrieb verstehen läßt auch von den Führungsmethoden her, und die die Bildung des aus eigener Kompetenz und Übersicht urteilsfähigen Bürgers als wohlverstandener Grundlage und Legitimationsbasis der Herrschaftsform Demokratie aus ihrem akademischen Programm streicht, abgesehen von dem Erinnerungswert, den ein paar akademische Verwaltungsbeamte abzustauben beauftragt bleiben, als Bibliothekare ohne Kompetenzbereich. Und man muß sehen, was dies langfristig für die Realität selbst der formalen Demokratie als Herrschaftsform bedeuten muß: die Refeudalisierung des Lebens auf der Grundlage der vorsätzlichen Abschaffung der Voraussetzungen für die formale Demokratie von der Seite derjenigen Bedingungen ihrer Möglichkeit her, die in der Urteilsfähigkeit des Einzelnen zu sehen sind: die Erhaltung der Form kann dabei für eine Weile, wenn nicht überhaupt - da ja die Urteilskompetenz des Einzelnen aus dem Bereich des Möglichen gerückt wird durch Politik von oben, durch Abwicklung der entsprechenden Einrichtungen im Bildungssystem - zusammen mit dem Entzug der Urteilsgrundlagen auch auf Dauer bewirken, daß die faktische Verwandlung in einen Industriefeudalismus wirksam verborgen bleibt, so daß die formale Demokratie schließlich aufgrund der Abschaffung der Urteilsfähigkeit des 'Wählers' völlig intakt wirken und auf diese Weise auch zwanglos legitimiert werden kann.

Es ist bezeichnend, daß sich die Abschaffung der demokratischen Grundlagen der formalen Demokratie nicht mit den Mitteln der Überprüfung der Verfassungsfeindlichkeit der Politik von Gruppen erfassen läßt, wie sie von den Gruppen zur Sicherung der Herrschaft eingesetzt werden, die die Abschaffung der Demokratie mit ihren eigenen politischen Mitteln und gegen die betreiben, deren Zustimmung sie wohl in einem gewissen Umfang benötigen, deren politisches Urteil sie jedoch auf keinen Fall in die betriebene Sache intervenieren lassen dürfen.

Erst vor diesem eigentlich auffälligen Hintergrund kann klar werden, was der ständig hergeleierte Vorwurf an die Adresse der sozialistischen Ideen bzw. an die Adresse der Versuche ihrer Umsetzung eigentlich bedeutet, ihre Grundlage sei ein uneinlösbares Menschenbild. Es ist ganz und gar unbezweifelbar, daß die formale Demokratie mindestens Deutschlands derzeit auf dem Wege einer wirksamen Aufhebung der Grundlagen der Demokratie im Sinne einer auf dem kompetenten Urteil des Einzelnen beruhenden Herrschaftsform ist, jedenfalls aber so, daß ihre Grundlage auf einer mindestens ebensolchen Fiktion beruht wie man das dem Sozialismus vorwirft. Das jedenfalls hat der Sozialismus mit der methodischen Fiktion der demokratischen Herrschaftsformen quer durch deren gesamte Geschichte gemeinsam. Das ist allerdings dem, der die Sache kennt nicht weiter verwunderlich: haben sie doch gemeinsam dieselben Grundlagen. Es ist daher keineswegs nur für den Sozialismus typisch, daß er in die Hände oder Köpfe von Leuten geraten kann, sich mit Sentenzen schmücken und dann machen was sie halt so zu wollen imstande sind, weil sie es nicht besser wissen, und es ist ebenso wenig typisch allein für die Theorie des Sozialismus, daß sie sich bewaffneter Hüter erfreuen kann, ehe sie es sich versieht, die bei Licht besehen doch eher aussehen wie Prätorianer, nicht nur phänomenologisch. Schließlich verkürzt sich die Debatte ja auch auf ein empirisches Argument, das man untersuchen sollte. Es ist nämlich nichts anderes einwendbar gegen den Sozialismus, als daß er im Gegensatz zu dem industriellen Feudalismus und der Sklavenhalterei der internationalen Industrieimperien des westlichen Teils der nördlichen Hemisphäre und Japans sowie der 'kleinen Tiger' des Ostens, offensichtlich 'schlechter funktioniert'.

Die Rechnung, das läge an 'Kommunismus' oder 'Kommandowirtschaft', ist möglicherweise zu einfach aufgemacht. Es müßte sich dann ja über Nacht alles ändern, wenn man nur eine andere Organisationsform für das Ganze einführt. Es wird sich noch zeigen, daß der so enthusiastisch - von wem eigentlich? - begrüßte Wechsel dieser Formen neue Schwierigkeiten bringen wird, in denen man das 'Phänomen' noch von einer anderen Seite zu sehen bekommen wird. Denn auch die Abgrenzung der verschiedenen 'Systeme' folgt ja möglicherweise einer nicht in Jedermanns Belieben stehenden Logik, und geht ihr nicht voran. Diese Logik hat möglicherweise Gründe, die auch auf die Notwendigkeit bzw. Unvermeidlichkeit entsprechender verwaltungstechnischer oder bestimmter, nicht-kontingenter Lösungen der politischen Superstrukturen verweisen könnte, die der journalistische (halbgebildete) oder auch der 'wissenschaftliche' Idealismus der Rhetoren der Propaganda der westlichen Strategie der radikalen Entwertung aller kulturellen Fixpunkte im Interesse der Garantie einer maximalen 'Durchlässigkeit' aller Lebensbereiche und aller sozialen Identitäten für wechselnde Interessen der verwaltungstechnischen Umgestaltung, der jeweils anderen Zumutungen, die ein sogenannter 'dynamischer Arbeitsmarkt' an seine Untertanen stellt, und nicht zuletzt der wechselnden Taktiken der Gestaltung des kollektiven Lebens mittels neuer Marktstrategien für neue Produkte in immer schnellerem Wechsel der Verkaufsstrategien und der mit den Produkten einhergehenden Veränderungen der kollektiven Lebensführung.

Daß dergleichen keiner bewußten Absicht, keinem Vorsatz eines seiner Motive sicheren Subjekts entsprechen muß bedeutet nicht, daß sich nicht ein Quasi-Subjekt all dieser Veränderungen rekonstruieren ließe, das sich dann wohl auch auf die Vernunftangemessenheit seines Tuns hin betrachten läßt. Wobei sich, angesichts der Vermutung, daß Vernunft eine Relation ist, die Frage zugleich stellt, in Bezug worauf diese Vernunft bestimmt werden muß vor der Untersuchung der Vernunftangemessenheit des Tuns oder der Motive ihres Subjekts, ihres Hypokeimenon.

In Bezug auf ihr Urteil über die 'Verhältnisse' in den 'kommunistischen Sozietäten' geht die offizielle Propaganda davon aus - offizielle Propaganda ist das pluralistisch organisierte Unisono der westlichen Medien und ihrer durch Rekrutierungspolitik gesicherten Homogenität, abgesehen vom Narzißmus der kleinen Differenzen, der das spezifisch pluralistische an dieser Art von Absolutismus erzeugt, der bis in's Kleinste von den industriellen Partialgewalten mit terrritorialgrenzenüberscheitender Verfügungsmacht bestimmt wird (der als 'Anzeigenteil' und 'Werbung' in den Medien unmittelbar gegenwärtig ist) - daß das dem Sozialismus angekreidete 'Versagen' nicht etwa auf der möglicherweise gerade der Geduld der sozialistischen Führungsgruppen beruhenden Langmut mit ihren teilweise gegenüber dem avancierten 'Industiestandard' zurückgebliebenen Bevölkerungen beruht, sondern auf deren 'Unterdrückung'. Was hierzulande als überflüssiges Geschwätz längst aus der betrieblichen Rationalität rücksichtslos eliminiert worden ist - hier wird gearbeitet und nicht geschwafelt - nahm bis zuletzt in den Betrieben, man kann sogar sagen, im Leben unter sozialistischer Führung einen breiten Raum ein, ebenso wie die grundsätzlich auf Vollbeschäftigung gemäß einem Recht auf Arbeit in Übereinstimmung mit der Anthropologie des Sozialismus absehende Beschäftigungspolitik - die ja auch ein Teil des von Uninformierten inkriminierten Menschenbildes des Sozialismus ist.

Dabei haben alle diese industriellen Entwicklungsländer, um die es sich hier letztlich handelt, also um die, die noch einen Anschluß mit leidlicher Erfolgschance an den ansonsten abgefahrenen Zug der Industrialisierung haben dürften, erkennbar Mühe damit, die Arbeitsmoral der Bevölkerung an die Erfordernisse einer Industriegesellschaft unter den Bedingungen globaler internationaler Konkurrenz und des eigenen Entwicklungsrückstandes anzupassen. Das sind die Bedingungen und Voraussetzungen, die, nebst der Art der nur scheinbar, durch bürokratische Maßnahmen, 'überwundenen', als 'Kommandowirtschaft' angeklagten Überhang an Bürokratisierung geführt, neben den Zwängen einer praktisch bis heute aufrechterhaltenen Kriegswirtschaft.

Die 'Befreiung' von dieser Bürokratie und der begeisterte 'Anschluß' an den Westen hat sehr einfache Motive zur Voraussetzung, und einen Preis, der sowohl internationale als auch innenpolitische Folgen erzeugen wird, deren Kosten für den 'siegreichen' Westen der 'freien Marktwirtschaft' erst noch zu ermitteln werden müssen, ebenso wie die, die sie zu bezahlen haben werden, einmal abgesehen davon, welche Wende der Dinge zu erwarten sein wird, wenn nun auch das Modell der freien Marktwirtschaft nicht den erhofften Segen bringen wird.

Die derzeit überall verbreitete Selbstverständlichkeit, es habe sich um eine 'Kommandowirtschaft' gehandelt, ignoriert nur in den public relations den Grad der Durchsetzung der westdeutschen und der westlichen Industrien mit den militärischen Kadern der Armeen, so als sei das nicht längst bekannt, während der Ausdruck eigentlich den Charakter einer aus der eigenen Wirklichkeit entnommenen Projektion hat. Dabei ist es nun gerade nicht die Empirie, die sicher erweisen würde, daß auch in der Planwirtschaft eine wechselseitige Durchdringung der Führungseliten bzw. ein Kaderaustausch oder eine Kadermigration zwischen den verschiednen Institutionensystemen erfolgt, faktisch, sondern die zunächst ernst zunehmenden Absichten, die hinter einer staatlich garantierten Arbeit zu erkennen sind.

Hier will man nicht sehen, daß unter den Bedingungen der ständigen Konfrontation praktisch die Industriegesellschaften sämtlich in gewisser Weise Kriegswirtschaften geblieben sind, und man darf gespannt sein, ob sich das ändern wird, oder verschlimmern.

Die Propaganda dreht auch hier alles um: während man aus der Empirie des Sozialismus ableiten müßte und das wohl auch meint, daß 'der Mensch' einer Gesellschaftsform nicht gewachsen ist, in der man ihn nicht wegen Faulheit, Bequemlichkeit, Dummheit, Inkompetenz, Trägheit, Ungehorsam oder Querulanz usw. entlassen kann, dreht man die Sache so, daß man im Nachhinein behauptet, man habe da seine persönliche Freiheit derart eingeschränkt, daß sich endlich keiner mehr entfalten oder kreativ sein konnte.

In der Tat handelt es sich bei den Revolutionen in Ost- und Südosteuropa jedenfalls um solche gegen erstarrte Bürokratien und Machtapparate mit einem Ursprung in einer Kriegswirtschaft unter den Bedingungen der 'Unter-Entwicklung'. Das heißt aber, es ist ganz gleich, mit welcher 'Ideologie' diese Machtgruppen ihre Herrschaft begründen. Auf der Suche nach funktional äquivalenten Ideologien der Herrschaftsbegründung wird man weniger weit gehen müssen als man so glauben könnte.
Ferner wird die derzeitige Zurückgebliebenheit der 'Pufferstaaten' zwischen Westeuropa und der Sowjetunion ständig den Folgen der Herrschaft der Sowjetunion zugerechnet. Die Zerstörung Mitteleuropas durch die nationalsozialistische Militärmaschine und die Konsequenzen, die das geschichtlich, militärpolitisch und ökonomisch haben mußte, wird einfach dem letzten Inhaber der militärischen und Verwaltungsmacht zur Last gelegt, so als sei dessen Selbsterhaltungsinteresse sowie die Handlungskonsequenzen, die das für die Führungen haben mußte einem blanken Wahn entsprungen. Da war ja der Römische Senat wo nicht klüger, so jedenfalls weniger verlogen in Bezug auf die Illusionslosigkeit, was die Folgen einer rücksichtslosen und destruktiven Verwaltung der Provinzen betraf.

Schließlich ist die Vermengung des Interesses einer Bevölkerung an (Wieder-)Vereinigung mit den Selbsterhaltungsinteressen den Sowjetunion ja nichts anderes als eine übermächtige Überlagerung anderer Zwecke über die Ideen sozialistischer Politik, und aus diesem Grunde ist die Bereinigung dieser Gemengelage ohne eine Lösungschance die Voraussetzung für die Möglichkeit der weltpolitischen Entwicklung sozialistischer politischer Alternativen, die aus den Folgen der eigenen Irrtümer lernt, aber auch aus den Folgen, die darin bestehen, daß ein zu Recht gefürchteter mörderischer Gegner und seine Erben schließlich durch das ungeheuerliche Potential, mit dem sie jede Alternative bedrohen können, selbst die besten Ideen sozialistischer Politik in ihr Gegenteil zu verkehren imstande sind durch das Ausmaß an Bedrohung, das einen ansteckenden Wahnsinn selbst dort zu verbreiten vermag, wo man das Ende des Wahnsinns der Absicht nach will, denn das ist der Kern sozialistischer Politik, und nicht etwa irgend anderes.

Man kann an der eigenartigen Transformation des Ideenbestandes des Urchristentums unter dem Eindruck der Politik des römischen Imperiums sehr Ähnliches ablesen: als das Christentums schließlich Staatsreligion wurde, war es schon zu einer Siegerideologie umgeformt, eine Tatsache, die keinerlei Grundlage im Neuen Testament hat, soweit das die ursprüngliche - ich möchte sagen vorpaulinische - Substanz betrifft. Die Konversion des Verfolgers zum ersten christlichen Karrieristen hat der machtpolitischen Transformation dieser Substanz letztlich die Inspiration verliehen, auf der sich eine machtpolitische Staatsideologie aufbauen ließ, die wiederum zur Bedingung hat die Abstraktion von der Grundlage der christlichen Idee wie der formalen Demokratie wie des Sozialismus: und das ist der/die Einzelne.

Der Zustand, in dem sich die Bevölkerungen der nunmehr in angeblicher Auflösung befindlichen sozialistischer Politik verpflichteten Länder befinden, wird den schell gefundenen Schuldigen zugerechnet, und das sind die Wahnsinnigen und Gewalttäter, die die Bevölkerungen mit ihrem Terror, der in Wahrheit nur ihrer Bereicherung und dem Machterhalt gedient hat, auf's Grausamste mißhandelt und vom Leben abgeschnitten haben bis zu einer endlichen Verdummung, die sie schließlich selbst ergriff mit Folgen, die u.a.in ihrem Untergang zu erkennen sind.
Daß man da auch vermeiden wollte, einem zu Recht gefürchteten Gegner wehrlos in die Mörder-Hände zu fallen, das erscheint ganz absurd. Wo doch alle so rechtschaffen sind, wenn man die institutionellen, rechtlichen und personellen sowie ideellen Kontinuitäten seit 1933 in Westdeutschland einmal außer Acht läßt.

Die Last, die nunmehr die zur Selbstbefreiung ermunterten neuen Parteigänger der Freiheit des Heuerns und Feuerns nach Bedarf für die Propagandisten ihrer Befreiung bedeuten, wird sich alsbald zeigen: die nunmehr befreiten Bevölkerungen werden jetzt erst richtig auf die kapitalen Hauptworte aus der Theorie von Karl Marx verwiesen werden - während sie denen nachlaufen, die behaupten, er sei nunmehr wieder einmal tot - und diese in keiner anderen Gesellschafts- und Wirtschaftstheorie des neunzehnten Jahrhunderts, wenn überhaupt in einer sonst derart gehäuften Vokabeln samt ihrer modernen Bedeutung nun in der Tat unausweichlich verinnerlichen werden müssen. Diese Hauptworte lauten: Arbeit und Kapital. Dazu gibt es ja 'Grund' genug.

Für diese Bevölkerungen heißt das - mangels Kapital - vor allem und in erster Linie das Erstere: Arbeit ! Man kann an diesem Beispiel auch erkennen, daß etwas in Anspruch zu nehmen für sich im Namen aller keineswegs schon bedeuten muß, daß man es auch verstanden hat. Im Gegenteil, so könnte man meinen, wenn es nicht andere Gründe mindestens auch noch gäbe dafür, daß diese Inanspruchnahme bisher erfolgreich ersetzt hat, was zu verstehen und zu befolgen gewesen wäre. In der 'Deutschen Ideologie' - man kann Marx ja jetzt wieder lesen, natürlich nicht an der Universität, da gehört er nicht hin, es ist doch der Ausschluß von der deutschen Professorenwürde des (königlichen bzw. kaiserlichen) Berufsbeamten gewesen, die diesen notorischen Karl Marx aus einem Trierer Rabbinerenkel gemacht hat - steht z.B.: "Man kann die Menschen durch das Bewußtsein, durch die Religion, durch was man sonst will, von den Tieren zu unterscheiden. Sie selbst fangen an, sich von den Tieren zu unterscheiden, sobald sie anfangen, ihre Lebensmittel zu produzieren...", also nicht: sobald sie anfangen, ihre Lebensmittel - aufzuessen! Die vorherrschende Anthropologie des unter dem Titel 'Sozialismus' Real Praktizierten, was immer das sonst war, scheint dagegen den Menschen durch den Verbrauch, durch den Konsum definiert zu haben, jedenfalls aber durch den vorherrschenden Wunsch vor allem danach. An derselben Stelle kann man weiter lesen, daß Produktion eine Lebensweise sei: "Wie die Individuen ihr Leben äußern, so sind sie." Es ist eigenartig, wie sich das Mißverständnis über eine materialistische Betrachtungsweise des Lebens des Homo sapiens durchsetzen konnte, es handele sich dabei um eine beliebig verwendbare Benennungsweise.

Der Hollywood überblendenen Illusion des über alle Grenzen hinweg ausgestrahlten Traums vom Geschlender des shopping in den lichtdurchfluteten Einkaufsstraßen der Metropolen des Kapitals wird sich die Realität der 'Schattenseite' der bisher nicht ausreichend ernstgenommen Arbeit - einmal von der Problematik einer möglichen falschen Auffassung von Arbeit: Arbeit ist, wenn man lange das Gefühl hat, daß es irgendwie schlaucht usw., was ja auch ein Hinweis auf eine individuelle Überforderung sein kann - als die materielle Gewalt aufdrängen, die die Köpfe ergreift: das ist die Arbeit unter den Bedingungen dieser Freiheit. Nicht, daß es hier irgendetwas zu beklagen gäbe. Aber ich bin der Ansicht, daß der Aspekt der Erarbeitung all dieser Dinge und vor allem das, was das dann bedeutet, wenn man keine Schulbildung und keine Berufsqualifikationen hat bedeuten muß: doppelte Anstrengung u.U. über Generationen hin.

Man sollte dem Sozialismus vorwerfen, daß er sich nicht dazu hat entschließen können, weniger geduldig mit den indolenten Massen seiner zurückgebliebenen Bevölkerungen gewesen zu sein, indem er sich nicht entschließen konnte dazu, die außenpolitisch ohnehin wirksame wirkliche Konkurrenz der internationalen Industrien - in deren Gefüge er sich nicht nur verwickelt sah ab ovo, sondern auf die er doch gerade auch zu reagieren versuchte als auf eine durchaus nicht nur militärische, sondern vor allem ökonomisch-politische Bedrohung, diese internationale Konkurrenz, die sich in den demokratisch regierten Ländern des industriellen Feudalismus des Westens oder auch des diese nachahmenden und mit den Mitteln der Nachahmung wenigstens punktuell überflügelnden ohnehin auch als Konkurrenz der Individuen um Lebenschancen (bis hin zum 'Drogen'-Tod) wirksam werdenden Konkurrenzdruck mittels einer geeigneten 'Simulation', einer Bereitstellung angemessener innerer Modelle der über die Grenzen des Systems verdrängten Lebensvoraussetzungen als ebenso vielen Leistungsvoraussetzungen - für ein der Konkurrenz gewachsenes Industriesystem sozial so zu organisieren, daß die spezifische Leistungsfähigkeit einer Gesellschaft, die dem Arbeitsbegriff, in Form des Problems der Qualifikation und der Bereitstellung von Personal für die jeweils verfolgten Zwecke praktisch den ersten Rang zuweist, auf eine der Effizienz dieses Systems vergleichbare oder identische Weise verwirklicht worden wäre.

Das hätte freilich einen Abschied von einer Bequemlichkeit bedeutet, deren Äquivalent den Bevölkerungen dieser Länder in Gestalt leerer Regale stets vor Augen gestanden hat.
Man wird noch sehen lernen, daß es wohl leicht gewesen ist, in diese leeren Regale die mit Waren gefüllten Traumlandschaften des 'Überflusses' der westlichen Industriegesellschaften und ihrer Satelliten zu projizieren samt ihrem Reflex, die Begehrlichkeit, die diese Bevölkerungsmassen in Richtung auf dieses Traumland voller Futtermittel in Bewegung versetzt hat wie nur einst in den verschiedenen Wellen der Völkerwanderung, aber daß es nun vielleicht sehr schwer, wenn nicht unmöglich sein wird, auf die geeignete Weise mit dem zwanglosen Zwang der Möglichkeit der Entlassung in die Arbeitslosigkeit, die in diesem Fall jedes noch so gute oder sogar das beste der besseren Argumente und auch den Konsens ersetzt, klarzumachen, daß all dieser Überfluß nur dem zur Verfügung steht, der nicht einfach nur arbeitet an dem Platz, an den er/sie gestellt wird, sondern nur dem, der auch die richtige Arbeit anzubieten hat, und das setzt vor allem schon immer Arbeit voraus als Bedingung für die Möglichkeit einer Arbeitsstelle.

Es ist durchaus aufschlußreich, daß diese Züge der sozialistischen Politik nicht als solche erkannt werden. Die Politik des Westens und ihre Hofkamarilla feiert dagegen ihre Siege und taumelt in einem Rausch, dessen Äquivalent der Kaufrausch der nach ihren Waren Ausgehungerten ist, die zunächst und vor allem als Konsumenten in Betracht gezogen werden von den ökonomischen Wachstumskalkülen der westeuropäischen Wirtschaft, die sich zu Recht einen langen wirtschaftlichen Aufschwung aufgrund der terms of trade versprechen darf, die aus ökonomischen Gründen eine wirtschaftliche erfolgreiche Ökonomie an der Grenze zur Stagnation in einem nicht mehr absetzbaren Überfluß innerhalb der bisherigen politischen Grenzen mit politischen Mitteln vor allem gegenüber den zurückgebliebenen, aber eben doch weiter als die übrigen Handelspartner - von den Konkurrenten abgesehen - entwickelten Industrieländern Osteuropas durchzusetzen ein Interesse haben mußten, weil diese Länder insgesamt doch so weit entwickelt sind, so daß sich der Austausch mit ihnen lohnt, während sie zugleich Bevölkerungen zur Verfügung stellen, die nicht nur als Konsumenten, sondern auch als billige Arbeitskräftereservoirs auf hinreichendem Ausbildungsgrundniveau von Interesse sind.
Die industriellen Reserven der westeuropäischen Industrien wiederum sind für diese Bevölkerungen interessant, die offensichtlich auch um den Preis einer durch das bestehende Gefälle verursachten ökonomisch längerfristigen Benachteiligung, aber mittels eines über ihre Regierungen ausgeübten politischen Einflußes zum Ausgleich dieser Nachteile an einer Partizipation interessiert sind, die besser erscheint als ein durch politische Abgrenzung aufrechterhaltener Ausschluß von der ökonomischen Partizipation.

In der Tat kann man aber aus allen diesen Gründen die sozialistische Politik als diejenige Begradigung der Lage betrachten, die überhaupt erst einen nächsten Schritt in die Richtung ihrer wirklichen Konsequenzen bedeutet, und zwar derart, daß zunächst die Möglichkeit der Aufrechterhaltung der Propaganda des Kalten Krieges erfolgreich unterlaufen wird, und außerdem die Bevölkerungen dem frischen Wind der Grundlagen der so begehrlich betrachteten Überflußgesellschaften ausgesetzt werden, so daß zugleich mit dem Genuß auch die Erfahrung seiner Grundlagen und die daraus folgenden Gesamtheiten der Lebensbedingungen dieses Genusses in den Umkreis des Lebens derer tritt, die sich nach solchen Lebensbedingungen sehnen.

Ferner ermöglicht sozialistische Politik gerade durch diese 'Wende' in der Verfolgung ihrer Ziele genau diesen inneren politisch-ökonomischen Fortschritt durch Partizipation, der neben der Herbeiführung des Endes des Verfeindungszwanges von ihrer Seite her durch die Aufhebung der Bedingungen, die für seine Fortexistenz in's Feld geführt worden waren, auch eine wirkliche materielle Verbesserung der Lebensumstände der Bevölkerungen herbeiführen kann, vorausgesetzt daß sie sich auch den Bedingungen seiner Erarbeitung unterwerfen.

{Eine Anmerkung hat der im Vergleich intressante Terminus 'Wende' verdient: Im Unterschied zu dem Gräcismus 'Katastrophe' und dem Latinismus 'Revolution', die Umkehrung [wie bei Strophe=Kehre, Kehr-(reim), bzw. Umlauf im Sinne eines Planetenumlaufs, einer Umdrehung, insofern also auch 'Wiederkehr' gemäß einem zyklischen Zeitbegriff bedeuten], bedeutet 'Wende' im Sinne von 'Wende zu', 'Wende von' weniger etwas, das einen objektiven, beobachteten Vorgang in der Außenwelt bezeichnen soll, sondern eine Verhaltensweise, wo nicht eine Handlung des Subjekts gegenüber verschiedenen, im Verlauf der Ausführung der Handlung oder Aktion als solchen nicht beendeten, aufgehobenen oder vernichteten, vergangenen Vorgängen oder Zeit/Ort-Bestimmungen, sondern nur anders focussierten Sachverhalten oder Gegebenheiten, die somit jedenfalls dann als Möglichkeiten erhalten bleiben, wenn sie nicht durch objektive Vorgänge in der Außenwelt oder durch eine aktive, Zu-Wendung erfordernde Tätigkeit des Subjekts vernichtet werden. Von Etwas, das nicht existiert, kann man sich nicht abwenden, dem kann man sich auch nicht zuwenden. Eine Wende vernichtet also nicht das Objekt, von dem sie sich abwendet, um sich einem anderen zuzuwenden, fordert sie auch nicht. Es bedarf einer zusätzlichen Absicht, die mit dem Terminus 'Wende' nicht bezeichnet werden kann, neben den dazu notwendigen Erfolgsbedingungen, um mittels einer 'Wende zu Etwas' z.B. auch das Objekt der Zuwendung zu vernichten, aber der Wortgebrauch von 'Zuwendung' schließt diese Vernichtungsabsicht gewöhnlich gerade aus. So gesehen ist zum Terminus 'Abwicklung' kaum anderes zu sagen als das was Huxley über die Gegenbesetzung der Bedeutungen der Worte hinreichend deutlich ausführt, natürlich alles nur in der kommunistischen Diktatur usw.}

Diese Bereitschaft zur Herbeiführung des Endes des Verfeindungszwanges ist aber prinzipiell vorauszusetzen und vor allem: er - der Verfeindungszwang als solcher - ist von sozialistischer Politik nicht zu verantworten, und sein Ende entspricht außerdem doch dem bereitwillig gezahlten Preis für die gewünschte Partizipation. Dabei können wir absehen von den ökonomischen Quellen dieser Bewußtseinsreflexe und ihren politischen Folgen. Die liegen ja auf der Hand und bestätigen die Theorie, die sich durch diese Bewußtseinsreflexe der Vorgänge, aus denen sie Bewußtseinsreflexe erklärt, für erledigt halten soll.

Es ist ja auch, so gesehen, lediglich Formsache noch einmal hervorzuheben, daß die Kritik Der Politischen Ökonomie keine Wirtschaftstheorie ist, sondern Geschichtsphilosophie und in ihrer vorliegenden unvollständigen Ur-Fassung Theorie gesellschaftlicher Entwicklung aus einer Perspektive, die nicht auf derselben Ebene liegt wie z.B. die jeweiligen Steuerungsinteressen sozialer und politischer Machtinhaberschaften und ihrer Installationen im Bildungssystem, die naturgemäß diesen Steuerungsinteressen zu dienen haben und ihren Zweck verfehlen, wenn sie das nicht leisten, weshalb es auch konsequent und richtig ist, sie 'abzuwickeln', korrekt: ihre Institutionalisierung zu liquidieren, wo sie erkennbar versagt haben in ihrer Funktion der erfolgreichen Stützung eines politischen Systems, das auch in solchen Fällen abhängig bleibt von Vorgängen, die u. U. sogar die Kritik beschreibt, für die sie sich zuständig fühlen will, ohne von sich aus, aus eigener Kraft deshalb dafür sorgen zu können, daß diese der akademischen oder bewußtseinsmäßigen Institutionalisierung transzendenten Bedingungen ihrer Existenz in dieser Form von ihr allein manipuliert werden könnten: es bedarf dazu eben derjenigen produktiven Arbeit, die die Reproduktion der sozialen Umstände erfolgreich aufrechterhält, unter denen sie sich erhalten kann in einer Funktion als Steuerungsmedium. Insofern ist die Institutionalisierung der materialistischen Geschichtsphilosophie und Gesellschaftstheorie in den Institutionen der sozialtechnologischen Steuerung just diejenige idealistische Wendung, die die Theorie als Kritik in die Lüge verwandelt, die sie meint in und aus der Partizipation an den Vorteilen der zur sozialen Steuerung ausdrücklich vorgesehenen Institutionen eines Staates bekämpfen zu müssen und zu dürfen, wenn sie diese Steuerung nicht selbst ausüben darf und kann. Das ist aber eine doppelte Täuschung der Objekte solcher als Aufklärung getarnten Steuerung unter anderen, und eine Selbsttäuschung ihrer Agenten, insgesamt eine nicht zu überschätzende Verfehlung ihres Sinns, den man ja nicht teilen muß, es sei denn man wollte in ihm ein geeignetes Problem bearbeiten. Es gibt - nicht nur in diesem Fall, das 'Selbstmißverständnis der Theoretiker', das sich zum Allgemeinen macht durch die Erhebung des institutionellen Standpunkts zum transzendentalen und die Erhebung resp. Depotenzierung der Kritik zur Sozialtechnologie mit dem Ergebnis der wechselseitigen Kontaminierung beider, aus dem einfachen Grund einer interessierten Ignoranz gegenüber dem Funktionswechsel sei es der Kritik oder ihres vermeintlichen Subjekts durch die Überschreitung der Außengrenze der Institutionen der sozialtechnologischen Steuerung von Kollektiven, ein Mißverständnis, das insofern schwerer wiegt als die Frage, ob sich ein mögliches Selbstmißverständnis auf das Problem Naturalismus vs. Hermeneutik konzentrieren läßt oder nicht, weil sich das bereits als innnerinstitutionell erzeugter Scheinzwang von Alternativen von der Art der Frage, ob man lieber hängen oder lieber gerädert sein möchte, reduziert und sich darin scheinbar so erschöpft, daß die essentielle Problematik: Institutionalisierung der Kritik an der sozialen Steuerung im System der Institutionen der sozialen Steuerung, oder Verschmelzung der Kritik mit dem Anspruch auf ausschließliche Wahrnehmung der Funktionen der Institutionen der sozialen Steuerung, oder Kritik der sozialen Steuerung unter Verzicht auf eine ihr Subjekt und ihren Sinn kontaminierende vermeintlich unverfängliche Partizipation an den Objekten der Kritik glücklich ausgeblendet wird und bleibt, einmal abgesehen von den zum Wahnsinn führenden rhetorischen Manövern, mittels deren die auf diese Weise als 'Antikarrieristen' notorisch gewordenen 'Theoretiker der Emanzipation' sich gegenüber den rücksichtslos manipulierten Gefolgschaften 'herausmendeln', unter den Bedingungen einer Arbeits- und Karrieregesellschaft nämlich, in der der Kampf um Arbeitsplätze den endlich erzielten Erfolg dieser ihrer 'Prot-Agonisten' zur Niederlage der Kritik machen, einmal abgesehen von der Niederlage, die die Gefolgschaft unter diesen Umständen ebenso unausweichlich bedeuten muß.

Man kann den Kuchen nicht zugleich behalten und essen ! Das heißt aber, diese Bedingungen sind gar nicht solche, über die sie verfügen könnte und begründet insofern die Unausweichlichkeit ihres Versagens als 'ideologisches' Instrument der sozialtechnologischen Steuerung. Das wiederum begründet die Richtigkeit ihrer Liquidation als Steuerungsinstrument oder als institutionalisierte Rebellion im System der Institutionen der Sozialsteuerung, die die Kritik jederzeit zu kritisieren hat, und das schließt die Partizipation an den Vorteilen der Institutionen der Sozialsteuerung oder gar den Anspruch darauf ex definitione aus. Insofern ist diese Liquidation jederzeit richtig und zumutbar, ja, man muß sie im Namen der Erhaltung der Unterschiede auch als Unterschiede der Institutionalisierung verlangen. Die Aus-Bildungsinstitutionen einer Arbeitsgesellschaft bedürfen so wenig wie diese selbst irgendeiner 'Kritik', die über die Bedürfnisse bzw. den Bedarf hinausgeht, den die Einrichtungen einer solchen Sozietät über ihre Vermittlungsmechanismen anmelden und durchsetzen. Was unter diesen Umständen - homonym - als 'Kritik' firmiert, ist kein formulierter Vorbehalt gegenüber dem System der Vermittlungen als solche - etwa im Namen des Einzelnen usw., sondern vielmehr eine jeweils von den Institutionen aufgrund der Erfahrungen, die man macht mit den Veränderungen - aufgrund der Produktentwicklungen oder der Veränderungen der politischen Umgebungsbedingungen usw. - vorgenommene adaptive Korrekturen des Systems der Vermittlungen selbst oder eine Anpassung einzelner ihrer Subsysteme an die veränderten Gesamtlagen. Es ist nicht Sache solcher Funktionen der Selbstkorrektur, weitergehende Ansprüche anzumelden, und deren Begründung, wenn sie denn sonstwie angemeldet werden, ist Sache einer anders ansetzenden Herangehensweise, die ihre Legitimation aus sich selbst ziehen muß. Insofern sind hier ohnehin die verschiedenen Grundlagen der sozialen Steuerung und der Kritik an der sozialen Steuerung auf eine unzulässige Weise wechselseitiger Kontamination erlegen und es ist konsequent, daß alles, was nicht unmittelbar Funktionen der legitimen Interessen an sozialer Steuerung im Interesse der staatlichen Institutionen nachweisen kann, sich der Zumutung eines privatwirtschaftlich organisierten Marktes aussetzen lassen muß bzw. einem politischen Medienmarkt, auf dem das Interesse an Sozialkritik sich zu den Konditionen behaupten muß, die das jeweilige politische oder wirtschaftliche Vermittlungssystem von sich aus zuläßt oder verbietet.

Das Recht des Stärkeren und das des Erfolgreicheren konvergieren hier zu den Resultanten, die zugleich die jeweiligen Ausgangsbedingungen für die Interessen und den Erfolg einer anders ansetzenden Kritik sind, einer Kritik, die nicht mit den Interessen bzw. Funktionen der staatlichen Institutionen zusammenfallen identisch sein müssen oder können. Dieser Raum ist entweder vorhanden oder nicht. Wie das zustande kommt ist nicht von Interesse, es sei denn die Kritik müßte sich damit aus systematischen Gründen befassen. Jedenfalls begründet das Interesse an einer Kritik, die nicht lediglich adaptive Funktionen des staatlichen Institutionensystems wahrnehmen will, keinen Anspruch auf Institutionalisierung innerhalb dieses Systems, und dies umso weniger, je mehr die Eigenart der kritischen Absicht das für sie selbst verbietet.

Andererseits kann es durchaus ein mit der Verbesserung der Chancen des Erfolgs der sozialen Steuerung zusammenhängendes Interesse der Institutionen der sozialen Steuerung an der wenigstens in Grenzen abgebotenen Institutionalisierung einer solchen anders ansetzenden Kritik geben, dessen Motive man aber aus denselben Gründen von Seiten der kooptierenden Institutionen unausgesprochen läßt.

Das müssen dann wiederum keineswegs Gründe sein, die den Impuls von dem die Kritik ausgeht, unterstützen oder gar verstärken bzw. ihm zu einem klareren Bewußtsein verhelfen: denn das Interesse der kooptierenden Institutionen ist ja nicht notwendig einem Motiv der Unterstützung der Beweggründe der Kritik verdankt, sondern bleibt, richtig verstanden, vollständig im Rahmen der Funktion der Institutionen der sozialen Steuerung.

Insofern ist das eben ein catch-as-catch-can, nur ohne seine Showelemente. Das muß man möglichst vor der persönlichen Entscheidung wissen, die zum einen oder zum anderen führt, aber über einen Scheideweg. Die eilige Suche nach dem Weg, der die Ent-Scheidung erspart, gehört bereits in das Gefüge der miteinander konfligierenden und einander nach Kräften beeinflussenden, einander aber ausschließenden Gründe für die in diesem Sinne ex definitione verstandene Kritik einerseits, und die Sozialtechnologie andererseits.

Damit ist die vor längerer Zeit aus den Institutionen der sozialen Steuerung (von Begünstigten an Urteilsschwache gestellte, damals scheinbar anders (von den Begünstigten, die sie gestellt haben um sie in ihrem Sinne zu beantworten) beantwortbare Frage: Theorie der Gesellschaft oder Sozialtechnologie? jedenfalls vor dem Hintergrund der Institutionen der sozialen Steuerung eindeutig entscheidbar geworden, jedenfalls aber in einem noch anderen Sinne beantwortet.

Die unausbleibliche Konsequenz einer Verschärfung der Arbeitsdisziplin unter den Bedingungen eines anders strukturierten Qualifikations- und Arbeitsmarktes unabhängig von den eingeklagten politischen Rahmenbedingungen der bisherigen Unfreiheit ist eine der Bedingungen der Möglichkeit der Partizipation an der Produktivität einer industriegesellschaftlichen Form, vor der die politische Administration ihre Bevölkerungen bisher auch bewahrt hat. Wem das jetzt falsch vorkommt, der muß die wirklichen Voraussetzungen der Entwicklung der gemeinten Bevölkerungen und Gesellschaften vor dem Hintergrund der Folgen des europäischen (bzw. globalen) Bürgerkrieges in Betracht ziehen, und nicht nur die Propaganda des Kalten Krieges, die als Grundlage zur Beurteilung der Lage auch dann schon nichts getaugt hat, als in Ost und West jeweils nichts anderes zu denken erlaubt gewesen ist, und das war genaugenommen doch noch vorgestern, oder ist es anders?

Es scheint so, daß das ganze Ausmaß der eingestandenen Manipulation des öffentlichen Bewußtseins, das sich einfach an der Art des nunmehrigen Umdenkens - soweit es stattfindet - zur Erscheinung bringt, nur deshalb nicht so recht bemerkt wird, weil sich zunächst allein die Erleichterung bemerkbar zu machen scheint, die sich aus der 'Entspannung' ergibt.

Weil das Ganze positiv erscheint, verschwindet das ganze Ausmaß der gewaltsamen Kontrolle des Bewußtseins der Bevölkerungen - es handelt sich ja, insoweit wir hier einen kollektiven, in der öffentlichen Ausprägung als Bewußtsein erscheinenden Zustand betrachten, um ein symmetrisch-spiegelbildlich in einer durch eine Spaltung erzeugten Entgegensetzung festgehaltenes paranoides Syndrom, und man muß sich vor Augen halten, was das eigentlich voraussetzt, um sich als Selbstbewußtsein der öffentlichen Meinungsträger auch öffentlich unauffällig ausagieren zu können, weil es nämlich, so pluralistisch sich das auffächert, nur die verschiedenen Vorlieben der Bevölkerung, die sich darin erkennt für diese oder jene sprachliche und verhaltensmäßige Gestaltung der den Symptomen zugrundeliegenden unbewußten Motive wiedergibt, also eine durch animalische Impulse verursachte kollektive Dekompensation von dem Ausmaß einer säkularen Dekompensation - in den vergangenen Dekaden, und auf diese Weise auch die Tatsache, daß es nunmehr selbstverständlich scheinen müßte, daß die, die das noch nie mitmachen wollten und deshalb hierzulande als 'Kommunisten' verfolgt und rücksichtslos ausgeschlossen worden sind, sich also schon zu dem Zeitpunkt, als das noch verboten war, lediglich, als die Wegbereiter der nunmehrigen gewöhnlichen Einstellung aus einem eigenen unabhängigen Urteil und Studium handelnd verhielten, was dazu zwingen müßte, nunmehr auch den dem Verfeindungszwang geschuldeten Irrtum der damaligen und heutigen Systemparanoiker einzugestehen und die Verfolgten, die Opfer dieser politischen Paranoia hierzulande geworden sind, die sich jedoch vielleicht nur mit wissenschaftlichen Mitteln um ein Verständnis dieses 'Gegners' bemüht haben, öffentlich als die Schwalben, die diesen Sommer letztlich wo nicht doch gemacht, dann wenigstens angekündigt haben zu rehabilitieren: denn eine Schwalbe macht zwar noch keinen Sommer, aber sie weist auf ihn hin, darauf, daß er kommt. Nun ist er zwar da, aber die Rehabilitation der Verfolgten bleibt aus. Das ist ein Symptom, das man aus der Sicht sozialistischer Politik im Auge behalten muß, denn es gibt Auskunft über die Bewußtseinsverfassung und die Absichten dieses neuen Partners und deren Grundlagen. Es ist eine Tatsache, vorerst, daß die 'Versöhnung' nicht stattfindet, sondern etwas anderes. Das ist auch abzulesen an der vorherrschenden Terminologie: es ist die eines Siegers! Das öffentliche politische Bewußtsein ist nicht nur unersättlich in seiner hinter care-Paketen verborgenen Gier nach mehr, sondern auch sowohl innen- als auch außenpolitisch ganz und gar unversöhnlich, trotz und gerade wegen der über die Handlungen und ihre Motive gebreiteten sedierenden Erklärungen.

Innenpolitisch setzen die sozialdemokratischen Seilschaften der sechziger und siebziger Jahre - nebst ihren in den achtziger Jahren nachgezüchteten gedächtnislosen Papageien, die den bereits viertelgebildeten Schund abgestandener und unverstandener Formeln aus dem zusammenhanglos nachgebeteten Bestand einstmals 'linker Politik' und der Analyse der gesellschaftlichen und ökonomischen bewußtlos nachplappern im Bestreben, die Mimikry des Selbst-Bewußtseins sozialistischer Politik und sozialistischen Alltagsverständnisses bei ersatzloser Streichung dessen, wovon es die Mimikry ist, an dessen Stelle treten zu lassen - das dröhnende Schweigen fort, mit dem sie ihre auf Kosten des sozialen Engagements ganzer Generationen eroberten Positionen vor allem im Staatsapparat verteidigen. Es gibt keinen angemessenen Versuch, die politische Rehabilitierung derer durchzusetzen, die sich in den sechziger und siebziger Jahren zuerst darum bemühten, den Bürgerkriegsgegner im eigenen Land auf der anderen Seite der Mauer in seiner eigenen Logik zu verstehen, unter der Voraussetzung, daß es sich dabei aben auch um Deutsche handelt, um das eigene Volk.

Es gibt keinen Versuch, die Verteufelung dieser Generationen - die, wie sich heute ja erkennen läßt, aus dem Bewußtseinszustand der Nazigenerationen in Westdeutschland zu erklären sind, der eine spiegelbildliche Entsprechung im Herrschaftswahn der Kommunisten des Ostens hatte bei identischer Bewußtseinsverfassung, wenn man von den sogenannten Inhalten einmal absieht, insofern sich zum Inhalt alles eignet: es wird einfach notorisch mißverstanden gemäß einer quasi-automatischen Verformung durch die unbewußten Motive, aus denen sich dieses Bewußtsein dann synthetisiert ohne daß dies eine bewußte Spur in dieser Bewußtseinsverfassung hinterläßt, einer Bewußtseinsverfassung, die das sei es auch nur intellektuell-verstehende, also hermeneutische Wechseln über die Grenze, die Bereitschaft zum Zuhören, zur ernsthaften Beschäftigung mit den Motiven des anderen Gegners dieser Generationen neben der 'Elterngeneration' im westlichen Landesteil sogleich und ausschließlich im Schema eines paranoiden Spaltungsvorgangs einordnen konnten, im Schema einer psychotischen Hermeneutik - samt deren Folgen einer angemessenen Geschichtsbetrachtung zu unterziehen.
Das verweist darauf, daß diese Mauer in Wahrheit noch immer steht. Sie ist gar nicht abgerissen. Insofern ihre materielle, greifbare Wirklichkeit lediglich eine Folge ihr vorangehender Bewußtseinsvorgänge ist, die wie immer wieder ihre eigene Wirklichkeit voraussetzen, insofern ist sie gewissermaßen vorerst im Nebel eines vermeintlichen Sieges verschwunden, wobei man sich keineswegs darüber einig ist, wer nun und über wen gesiegt hat. Also muß das der Kommunismus sein, also wiederum etwas, was ja, wenn es doch besiegt ist, gar nicht mehr existiert, jedenfalls aber etwas außerhalb der Grenzen des eigenen Wirklichkeitsbewußtseins.

Andererseits kann sozialistische Politik in Europa mindestens außenpolitisch die Bedenken gegenüber dem potentiellen Angreifer aus Europa ablegen, wenn sie schon nicht die innenpolitisch fortwirkende Verfolgungswut des organisierten Systemparanoikers, der die Mehrheiten bildet, aus denen sich die Regierungsautorität legitimiert, gegenüber den innenpolitisch Ausgegrenzten, Entnervten und Enterbten zu mildern oder zu beenden imstande sein wird.

Das außenpolitische Umdenken läßt sich umso leichter deshalb auch politisch unbedenklich machen, weil die Lage der hochindustriellen Gesellschaften zwar derart ist, daß sie überlegene Waffensysteme herstellen und ggf. zum Einsatz zu bringen imstande sind, daß sie jedoch zugleich den auf sie selbst angewendeten Einsatz solcher Waffensysteme - und hier sind durchaus die Folgen von bloß fünf Stunden konventionellen Krieges in Betracht zu ziehen - angesichts der ungemein hohen Interdependenzen in ihren Produktivitätsbedingungen und angesichts der Funktionsfähigkeit ihrer Verkehrswege und der Dichte der Industrieansiedlungen - die praktisch z.B. einen Industriestandort wie die BRD zu einer einzigen Fabrik und ihr Gelände zu einem Industriegelände mit Erholungs- und Schlafregionen machen - auf keinen Fall vertragen ohne fatale Folgen: ein einziges 'Rühren' in diesem Ameisenhaufen mit einem Wanderstab hinterließe fürchterliche Schäden, die auf das Ganze ausstrahlen müßten, als seine sofortige schwere Dekompensation und soziales Chaos. Diese Gesellschaften sind drei Mahlzeiten weit vom Bürgerkrieg entfernt.

Schließlich ist und war es unter dem Gesichtspunkt sozialistischer Politik ein Unsinn, eine Bevölkerung aus geopolitisch und militärstrategisch zunächst einleuchtend erscheinenden - also einem Gründesyndrom, das aus Erfahrung mit dem europäischen Gegner, berechtigter Furcht und machtpolitisch-militärischem Kalkül zusammengesetzt sein mochte - Gründen durch eine solche Grenzziehung derart zu trennen, daß sich die gesamte politische Energie dieser durch den verdienten oder unverdienten Verlust des Krieges und Besatzung genügend gedemütigte Bevölkerung zu einer Identifizierung ihrer Ehre und Integrität mit dem endlich erreichten Ziel ihrer erneuten Vereinigung und der Niederreißung dieser Grenze geradezu aufgefordert sehen mußte.

Es ist evident, daß dies jede Chance eines politischen und ökonomischen Erfolges einer sozialistischen Politik in Europa zum Scheitern verurteilen mußte. Ebenso evident ist aber, daß die Führung der sozialistischen Politik dies erst dann wieder in den Blick fassen konnte als das wirkliche und das entscheidende Hindernis sozialistischer und glaubwürdiger, für die Bevölkerung akzeptierbarer Politik, als die Erfahrung des Krieges, der damit verbundenen paranoiden Syndrome und ihre Auswirkung auf das politische Bewußtsein der Bevölkerungen und der Führungsgruppen so weit abgerückt und nicht durch eine erneute, gleichgelagerte Erfahrung bestätigt worden war, daß der Widerspruch zwischen sozialistischer Politik und den übergelagerten, aus den imperialen Gegensätzen und den sozialen und ökonomischen Ungleichzeitigkeiten und ihren Folgen erklärlichen Konsequenzen des europäischen Bürgerkrieges auch wieder bewußt werden konnte.

Es ist von daher auch ganz und gar sinnlos, die Vorvergangenheit des Kommunismus, den Stalinismus, isoliert und unabhängig von diesem Gesamtgefüge betrachten zu wollen, es sei denn man wolle die Propaganda der rhetorischen Gewalt fortsetzen, deren Geist und Herkunft ja hinreichend bekannt sind. Die russische Revolution ist Folge, nicht Ursache im Gefüge der Ursachen der europäischen Modernisierung, ebenso wie das westliche und spezifisch deutsche Exportprodukt 'Sozialismus' oder 'Marxismus' oder 'Kommunismus' ein Produkt des europäischen, zum Weltbürgerkrieg ausgedehnten Bürgerkrieges ist. Man kann das auch vornehmer als Folge des europäischen und spezifisch deutschen Modernisierungsprogramms nennen. Die Deutschen werden dafür vielleicht noch geradezustehen haben. Vielleicht ist dies ja der Anfang davon. Mindestens werden sie aber für die Folgen ihrer medialen Propaganda des leichten Lebens in der Marktwirtschaft geradezustehen haben. Denn schließlich bekämpfen sie im 'Kommunismus' in gewisser Weise sich selbst, Dinge, die auf ihrem eigenen Mist gewachsen sind, als sie das erste Entwicklungsland waren oder? Und dazu kommen nun auch noch die Notwendigkeit der nochmaligen Wende nicht nur gegen die Folgen (deutscher) europäischer Ideologie, sondern auch die gegen die Folgen (deutscher) europäischer Gegenideologien gegen die Folgen deutscher Ideologien in Osteuropa, d.i. die Konsumwerbung, die den Löwenanteil des osteuropäischen Verständnisses von westlicher Demokratie dort verursacht haben dürfte. Na dann Mahlzeit, kann man da nur wünschen.

In der Tat spricht der Siegestaumel des Sieges über den Kommunismus, der sich da verbreitet ebenso für diese Fatalität einer möglicherweise verhängnisvollen Selbsttäuschung wie die spontane Bildung von Mehrheiten mit konservativer oder insgesamt rechter Ausrichtung in den sich als Sieger feiernden Bevölkerungen und ihren politischen Organisationen. Darin könnte sich sogar die Konsequenzen der Repartiierung des deutschen Bürgerkrieges ankündigen, so daß man die sozialistische Politik der Sowjetunion auch als Folge des unausgesprochenen Mottos lesen könnte: den deutschen Bürgerkrieg den Deutschen!

Ein Partner dieser Art, der sich auch bei größtem Entgegenkommen oder vielmehr gerade dann als 'Gegner' bestätigt und daran festhält dies zu sein - es ist bezeichnend genug, daß der Sieg ja in seiner Metaphorik den Gegner fordert, der besiegt worden ist, und es ist gefährlich, die Dinge so zu bezeichnen, aber so ist das nun einmal: hier fehlt die geforderte Fähigkeit zur Selbstbegrenzung und der Wille zur Macht tobt sich ganz naiv als das Selbstverständlichste aus. Es scheint niemand darauf zu kommen, daß es sozialistischer Politik just darum gehen könnte: zu zeigen, daß es dieses Bewußtsein ist, dem sie eine reale Alternative anbietet, während dieser 'Partner' gar nicht dazu imstande ist, sie als solche, als das was sie ist wahrzunehmen, weil ihn sein eigenes unveränderliches Wirklichkeitsschema daran hindert, und daß es eben dies ist worauf es ankommt, und zwar in innenpolitischer wie in außenpolitischer Hinsicht, und daß hier ein Beweis geführt werden kann, der sich anschließend auch durch Umfragen nicht widerlegen läßt, brächten diese doch bestenfalls wieder sei es schlaue Dissimulation oder Propagandaechos unter die Leute. - ein solcher Partner ist sowohl in seiner innenpolitischen wie in seiner außenpolitischen Qualität schließlich vorzeigbar in seiner wirklichen Verfassung, und zwar gerade dadurch, daß er unverdrossen weiter Fakten schafft: denn die im Anschluß, also gegenwärtig beobachtbaren Folgen, die unvermindert weitergehende Verfolgung, die Unbekümmertheit um die einmal geschaffenen Fakten, z.B. in bezug auf die in den vorangegangenen Dekaden ausgeschalteten politisch anders orientierten oder jedenfalls die im Schema des Kalten Krieges identifizierten und behandelten Gruppen im Westen nicht nur Deutschlands, sondern bis in die USA - denn das gilt ja gerade nicht für die kampflos in die Bundesrepublik entlassenen anders orientierten Bewußtseinsformen in der der DDR, oder für die in die Demokratie entlassenen Bewußtseinsformen der sozialistischer Orientierung entsprechend geführten Bevölkerungen an der süd-westlichen und westlichen Peripherie der Sowjetunion - , dann die bemerklichen Anstalten in Bezug auf die Aufrechterhaltung potenter Rüstungsprojekte mit Rückendeckung der politischen Bevölkerungsmehrheiten, schließlich aber vor allem diese Siegeslaune mit Ausblick auf den genüßlich angekündigten alsbaldigen Zerfall des 'sowjetischen Riesenreiches' - man denke aber daran, daß auch die politische Führung der damaligen Nordstaaten der USA sich die Sezession der Südstaaten nicht bieten ließ und einen Krieg um diese Frage geführt hat, aus dem die Konsolisierung der heutigen USA resultiert, deren Grenzen vermutlich niemand infragezustellen für sinnvoll hielte - lassen sich als Warnungen verstehen, mindestens belegen sie aber einiges über die Bewußtseinsverfassung der Bevölkerungsgruppen, deren Ausdruck die daraus entstehenden Regierungsmehrheiten bzw Regierungen dann sind.

Was kaum Beachtung findet ist die Tatsache, daß es sich, wie immer man das sich nun zurechtlegt in den Schemata politischer Richtungen und ihrem jeweils unumgänglichen 'anti-', in dem sich ein verhängnisvolles Vorurteil verbergen könnte, das zu ebensolchen Fehlschlüssen in Bezug auf die gesamte Lage in den bisher sozialistisch orientierten Ländern führen könnte, daß es sich hier um Revolutionen handelt, die jedenfalls zunächst die Tatsache einer Tendenz zur Absprengung der bisherigen Führungsgruppen erkennen lassen.

Da diese Führungsgruppen sozialistisch ausgerichtet sind - das ist immerhin ein Exportartikel aus Deutschland, 'made in germany', man sollte das bedenken, es verweist auf einen Lernprozeß, über dessen sozial-psychologischen Mechanismus man sich politisch sorgfältige Rechenschaft ablegen sollte, bevor man sich wünscht, daß er sich möglichst, nur mit verändertem Inhalt, wiederhole, denn was bedeutet denn das? - sind diese Revolutionen, diesmal, nicht im Westen, also, im Revolutionsjahr, in Frankreich, sondern im Osten, nicht antifeudalistisch oder antikapitalistisch, sondern expressis verbis 'antisozialistisch'. Es wird sich noch zeigen, was das bedeutet. Man sollte aber vorsichtig sein mit einer zu naiven Einstufung der Dynamik dieser Umwälzungen im politischen Rahmengefüge. Die derzeit grassierende selbstzufriedene Halbbildung der Medienpersönlichkeiten, die das politisch als Unterhaltung mißverstandene Showgeschäft auf der Grundlage von Einschaltquotenplebisziten für fotogene Showmaster betreibt, deren Popularität mit ihrer 'Verständlichkeit' wächst, die dem Volk aufs Maul geschaut hat um ihm - vox populi, vox dei - nach dem Munde reden zu können, gefällt sich hier in wechselnden Klischees, die sich gelegentlich durch ein paar neue, als Wissenschaft aufgemachte Gerüchte mit analytischem approach auffüttern, gewöhnlich mit einem Rückstand von etwa sechs bis acht Jahren gegenüber den jeweiligen akademischen Terminologiemoden.

Wenn man aber die ethnographischen Besonderheiten dieser Bevölkerungsgruppen berücksichtigt, dann stellt sich am Ende heraus, daß sozialistische Politik hier vielleicht nicht deshalb nicht 'funktioniert' hat, jedenfalls nicht so, wie man das einzig sinnvoll erwarten sollte, wenn man die europäische Aufklärung ernstnimmt in ihren in jedem demokratischen Schulsystem selbstverständlich integrierten wissenschaftlichen Umsetzungen von begründeten Motiven, weil sie per se autoritär, menschenfeindlich, irreal und falsch ist, ebenso wie jeder Versuch dazu, sondern weil sie auf Bevölkerungen aufgesetzt wurde, die nicht nur sozialistischer Politik, sondern dem gesamten Modernisierungsprogramm, das in den westlichen Industriegesellschaften auch gegen die Bevölkerung an ihr durchgesetzt worden ist, ebenso wie ihre unter der dünnen Kruste adaptierter Bekenntnisse, die schon deshalb ihren Sinn mindestens verschieben, funktional gesehen, weil sie für Anderes herhalten müssen, letztlich mit einem ungemein zähen und sozial durchgehaltenen - auch gegen die weltpolitischen Tendenzen der industriellen und wissenschaftlichen Tatsachen - Traditionalismus des allgemeinen Verhaltens und der diesem zugrundeliegenden Einstellungen, letztlich dem trägen Traditionalismus mißtrauischer und unbeweglicher Geister gegenüberstehen, auf die die Führungsgruppen sogar in Gestalt nominell sozialistischer Politik Rücksicht genommen haben, ja denen sie in Wahrheit ihre Existenz und Ausrichtung sogar gegen ihre Terminologien und deren Impact verdanken, während sie ein scheinbar radikales Modernisierungsprogramm durchzusetzen bestrebt schienen. Denn es ist doch aus dem Ganzen der Interpretation der sozialistischen Ideenbestände durchaus stets zu entnehmen gewesen, wie sie jeweils vor dem Hintergrund unbewußt gewordener oder gebliebener Motive, scheinbar restlos und sogar unüberbietbar radikaler Säkularisierung besonders und scheinbar vor allem der Führungsgruppen ständig in dem unbemerkt wirkenden Sinn aus dem Bewußtsein verschwundener Grundlagen seiner Verfassung umgebogen worden sind derart, daß die alten, eingelebten Strukturen der gewachsenen Formen des Lebens sich ständig doch wieder in diese veränderten Formeln gedrängt und sie schießlich derart mit ihrem Geist, ja mit ihrer Substanz ausgefüllt haben, daß diese Formeln zu Funktionen des Überdauerns und der Wiederkehr dieser persistierenden kulturellen Formen des Lebens geworden sind.

Die hiesige Halbbildung bemerkt das nicht, weil sie weder die Form, deren sich der persistierende Traditionalismus bedient, in sich selbst und ihrem eigenen Sinn, noch das aufzufassen imstande sind, was sich durch diese scheinbar verstandenen und aus sich selbst, in ihrer Isolation von ihrem eigenen Sinn wie von dem Gesamtkontext, in dem sie Leben entfaltet haben, ohne weiteres verständlichen symbolischen Formen zur Darstellung und vor allem zur Wirkung bringt. In diesem Sinn ist die derzeit verfolgte Politik der 'Abwicklung' freilich auf das gesamte akademische Gefüge der universitären institutionellen Ideologien auszudehnen, wegen erwiesener Unfähigkeit.

Das verstellt den Blick auf den möglichen Charakter dieser Revolutionen sowie auf die möglichen Wirkungen, die sie in Europa noch, in der nahen Zukunft entfalten könnten.

Die Genialität der sowjetischen Politik besteht darin, aus der Umklammerung der Konfrontation des Kalten Krieges und aus dem mit ihm konstellierten paranoiden Kontext entkommen zu sein ohne auf die scheinbar keine Freiheit des wirklichen Handelns lassenden Freund-Feind-Schemata eingehen zu müssen.

Sie entpringt jedoch auch aus einer in bester Übereinstimmung mit dem Wertgesetz sowie dem marxschen Schema (für leichteres Verständnis) der Dialektik von Basis und Überbau bzw. der Dialektik von Produktivkräften und Produktionsverhältnissen, die man sich ja nicht in einem nationalistischen Sinne umdeuten darf: die sozialistischen Länder können sich eine innenpolitische Reorganisation ihrer politischen und organisatorischen Strukturen nicht nur leisten, vor dem Hintergrund der Schwierigkeiten sozialisticher Politik unter den Bedingungen des Entwicklungsrückstandes, auf dessen zunächst nicht mitbedachte Besonderheiten ja stets Rücksicht zu nehmen war als auf eine Schwierigkeit, für deren Bewältigung genaugenommen kein geeignetes, an der Erfahrung bewährtes Modell vorlag, soweit das überhaupt denkbar ist, sondern sie sind in Übereinstimmung von den global entstandenen, von ihnen mit erzeugten Verhältnissen zwischen diesen Komplexen und Momenten der gesamten Entwicklung dazu gehalten dies zu tun, nachdem sie selbst die inneren und äußeren Voraussetzungen für diese Möglichkeiten und Chancen mit geschaffen haben.

Einzigartig ist vor diesem Hintergrund in der Tat die unumgängliche endliche Opferung der politischen nominellen Inhaberschaft der Macht der führenden Gruppen in der vormaligen DDR zugunsten der Wiedergewinnung der Möglichkeit des Handlungsspielraums sozialistischer Politik. Man könnte das ja auch einmal versuchsweise als Sieg der sozialistischen Politik über die Machtpolitik innerhalb der sozialistisch orientierten Gruppen betrachten. Zugleich jedoch scheint sich eine neue innenpolitische Konfrontation abzuzeichnen, die ihre politische Prägnanz und ihre mögliche langfristige Stabilität aus dem sich abzeichnenden Versuch der konservativen Gruppen in der vormaligen BRD beziehen könnte, sich mit der Mehrheit der Bevölkerung der vormaligen DDR auf eine langfristige Herrschaft in Deutschland einzurichten. Man wird indessen erwarten dürfen, daß diese Situation, wenn sie sich abzuzeichnen beginnt mit ihren Folgen für die Bevölkerung in der vormaligen BRD, auch eine entsprechende Reaktion der dortigen Bevölkerungsmehrheit hervorrufen kann, die sich schließlich zu einer neuen innerdeutschen Konfrontation von mehr oder minder großer Schärfe verdichten könnte zumal angesichts noch zu erwartender Folgen einer konservativen Einwanderungspolitik.

Das ließe sich dann bequem mit außenpolitischer Wachsamkeit ohne die Belastung durch das Problem einer zu übernehmenden Schuldzuweisung und der damit verbundenen außenpolitischen Projektion innenpolitischer Konflikte von Außen beobachten.Wenn Handlung sich von der Reaktion, die sich stets fängt im Gefüge des Vorgegebenen, derart unterscheidet, das sie erfolgreich dem Schema des Handelns und der mit ihm konstellierten scheinbaren Unausweichlichkeit entgeht, dann ist die sowjetische Politik nur als Handlung ausreichend verstanden, die sozialistische Politik unbeirrbar durch die paranoiden Verstellungen des Freund-Feind-Schemas hindurch durchsetzt, und damit die Zwangsläufigkeiten dieses Schemas durchbricht.

Just dies ist es, was die intelligenten Beobachter einer globalen Politik erwarten mußten von sozialistischer Politik. Wie das Ei des Columbus stand diese Lösung auch anderen frei. Es ist aber keineswegs zufällig, wer auf die verlangte Lösung kommt und sie verwirklicht, auch und gerade gegen den Einwand, der die angebliche Unmöglichkeit solcher Handlung behauptet, wegen der Fixierung auf das aus gutem Grund angebotene scheinbar alternativenlose Schema.

Ein/e des Mordes Angeklagte/r, der/die vergeblich seine/ihre Unschuld beteuerte, wurde zum Tode verurteilt. Man machte die Wahl der Methode, mit der er/sie zu Tode gebracht werden sollte, davon abhängig, ob der letzte Satz, der ihm/ihr im Anschluß an die Urteilsverkündung zugestanden wurde, wahr sei oder falsch. Abgesehen von dem Problem, wer die Wahrheit oder Falschheit dieses Satzes festzustellen hatte - das lag bei den Richtern (wir unterstellen - auch kontrafaktisch -, daß deren Bewußtseinszustand nicht eine Ideologie der Macht, sondern das Gesetz verkörpert) wie das Urteil - wurde dem/der Angeklagten mitgeteilt, daß für den Fall, daß dieser Satz falsch sei, der Tod durch den Strang, für den Fall, daß der betreffende Satz aber wahr sei, der Tod durch Rädern herbeigeführt werden würde. Was sagte der/die Angeklagte, mit welchen Folgen ?

Es wäre gut, wenn es gelänge, Leute, die die Angewohnheit haben, bei jeder sich bietenden Gelegenheit die rhetorische Frage 'Was ist Wahrheit?' wie einen Knüppel zu benutzen um ihre Weltläufigkeit unter Beweis zu stellen, zuvor in eine solche Lage zu bringen. Jede mögliche Lösung, die beanspruchen kann, sozialistische Politik in dieser Welt erfolgreich zum Gegenstand eines politischen Handelns zu machen, das die Möglichkeit menschlicher Freiheit aus den Bedingungen seiner Möglichkeit heraus versteht, befindet sich in der Lage diese/s/r Angeklagten und realisiert aus dieser vorausgesetzten Lage die Kunst sozialistischer Politik als die Kunst desjenigen Möglichen, das sich jenseits des Scheins tödlicher Alternativen immer ergeben kann, für jeden, der imstande ist das Rätsel zu lösen, das ihn/sie, aus einer Marionette, einer Gefangenen im Zwang der Hypnose, die über ihn/sie von anderen verhängt scheint, durch bewußtes Handeln leicht befreit, wie eine Feder fliegt, aber: aus eigener Kraft!

Das vom Rausch eines vermeintlichen Sieges besoffene Gesindel brüllt, als wär's beim Oktoberfest nach dem zehnten Maß: wir haben den Kommunismus besiegt usw. Darauf mußte man warten: die Tatsache, daß dies sozialistische Politik war und ist, diesem Freund und Ratgeber so weit entgegen zu kommen wie er es wünscht, damit man ihn sehe, wie er sich selbst bescheiden lerne, seine Grenzen selbst finde, wenn ihm nun doch der Gegner fehlt, der ihn angeblich an seiner Selbstentfaltung hindere, die bemerkt der gar nicht; das ist nun bereits vergangene innenpolitische und außenpolitische Erfahrung. Die in der Nachfolge der nationalsozialistischen Seilschaften großgewordenen naiven Nazis in den Institutionen verfolgen im Gefühl größter Selbstgerechtigkeit und einer blütenreinen Lauterkeit ihrer Motive die, die ihnen kampflos ein ganzes Land, seine intakten Behörden, seine Armee, seine Institutionen und seine Kultur übergeben. Das ist nichts als ein weiterer Anlaß für Säuberungen, das Heer der durch ausgesprochene und unausgesprochene Berufsverbote in den sozialen Abstieg Gedrängten wird um weitere Gefährten in der Einsamkeit des unsichtbaren Konzentrationslagers in Deutschland vermehrt, eine kleine Gruppe schmutziger Opportunisten versucht sei es mit dem Gejaule über den Niedergang der Linken und des Sozialismus ein schnelles Geschäft in der Zielgruppe der emotional mit dem Sozialismus identifizierten zu machen, wie bisher, und darauf ein paar 'linke' Karrieren im Kulturbetrieb als Geschäft zu gründen, eine größere Gruppe profiliert und empfiehlt sich als Kalfaktoren des Schweinesystems, während der Journalismus sich in jeder Weise vor allem selbst darüber täuscht, daß es sich hier um den internationalen Testfall nach dem Prozeß des schweigenden Abgangs der politisch Engagierten in den siebziger und am Anfang der achtziger Jahre bezüglich der Frage handelt: wann hat dieses Gesindel eigentlich den Hals voll? Die Antwort ist klar: es gibt kein denkbares Ende der letztlich nur als Ausrottungsstrategie zu einem möglichen Ende kommenden Angriffs- und Verfolgungswut dieses Verfolgers.

Das aber ist die Antwort: die von einem mit derart vernünftigen und dem Schein nach sogar überlegenen Argumenten zugunsten der Menschlichkeit und der Nächstenliebe, der Menschenrechte und der Gerechtigkeit ausgestatteten Partner zu erwartende Vernunft kann sich nur als die Fähigkeit zur angemessenen Selbstbeschränkung gemäß denselben, gegen Andere mit solch durchschlagendem Erfolg geltend gemachten Normen in eine soziale Wirklichkeit umsetzen lassen und es ist zu erwarten, daß ein derart überlegener Partner, der solche moralischen Grundsätze hat und für verbindlich hält, sich vor allem zum gegebenen Zeitpunkt selbst daran hält ohne daß man ihn daran erinnert. Sonst ist das etwas ganz und gar anderes: es handelt sich dann nämlich nur um eine rhetorische Strategie, die die moralische Bindung eines als Gegner aufgefassten Anderen dazu ausnutzt, für sich selbst Vorteile aus der rhetorisch wirksam gemachten Lähmung eines Gegners zu ziehen und zugleich den Gegner in dieser Lage festzuhalten, indem an ihm bedeutet, daß wir doch gerade auf dem richtigen Weg sind, und daß, wenn jetzt etwas geschieht, was die Beziehungen stört, der ganze Prozeß in Gefahr ist, wieder umzuschlagen, daß Vertrauen notwendig ist, daß nur noch etwas Entgegenkommen unumgänglich ist, usw. und dabei sahnt er ab und sahnt ab, solange, bis sich die geschaffenen Fakten für den, der so vertraut, in solche verwandeln, die sich als irreversible Momente seiner biographischen Wirklichkeit bzw. seiner Geschichte, als Gruppe, Kollektiv oder Kultur oder Staat auswirken, und zwar möglichst so, daß man den so erledigten Gegner, der das Pech hatte, für Ideen wirklich anfällig zu sein, deren sich der Angreifer skrupellos bedient, einfach als Konkursmasse übernimmt und den Rest an seine Liquidationsorgane übergibt. Die machen das dann schon, die wickeln das ab! Ob die Einführung dieser Sprache der Euphemismen, die doch angeblich so typisch ist für die tückische Verlogenheit betrügerischer und demagogischer Manipulation von Hingehaltenen, die man zu schlachten vorhat, während man vom Duschengehen redet, nicht selbst schon der Betrug ist, den man zuvor dem nunmehr besiegten Gegner anzukreiden pflegte, ist das eine Frage?

Da tut man doch als habe es nie einen möglichen Grund gegeben für diese Art der Verschanzung. Kann es überhaupt kein Verstehen geben dafür, daß das auch, wenn nicht überhaupt nur Furcht, wenn nicht gar nackte Angst (gewesen) ist, am Ende gar (immer noch) begründete ? Die Instinktlosigkeit, die sich hier zum besinnungslosen Affront einer bedenkenlosen Selbstgerechtigkeit ermächtigt fühlt, ist das Signal zur Umkehr. Der Kampf - d.h. das Bestehen auf der eigenen Identität vor allem dann, wenn sie sich auf ein Prinzip stützen kann, das der Andere durch seine Handlungen und seine Ansprüche aus der Welt verbannen möchte - ist dann gerechtfertigt, wenn sich die Dinge so abspielen. Die erkennbar gewordene Erwartung einer bedingungslosen Kapitulation, mit anschließender (Selbst#)Liquidation im Schlachthof des Größenwahns der vermeintlichen Sieger ist genug.

Es ist dafür zu sorgen, daß die erhaltene Basis für den Sozialismus unbedingt gegen jeden weiteren Angriff gesichert wird. Die Mittel dazu sind vorhanden. Es gibt keinen möglichen Vorwurf mehr, der noch griffe, es sei denn man wolle die Selbstaufgabe fordern. Im Übrigen wäre die durchgesetzte politisch-moralische Monokultur einer eindimensional gewordenen politischen und sozialen Welt ohnehin gleichbedeutend mit der Katastrophe. Es gibt das Recht, solche Ansprüche nach dem Gesetz der Reziprozität zurückzugeben. Dieser Gegner kann sich nicht selbst begrenzen, er wird größenwahnsinnig, wenn man ihm Terrain übergibt, von dem er glauben mag, es sei essentiell für sozialistische Politik. Im Gegenteil: mit diesem Territorium war nie wirklich etwas anzufangen, es sei denn im macht- und militärpolitischen Sinne.

Man kann diese Dinge jedoch getrost sich selbst überlassen und die wirkliche Basis sozialistischer Politik konsolidieren. Die von der Propaganda des Traums vom mühelosen Überfluß Berauschten sind zur Ordnung zu rufen, notfalls mit den Mitteln, die die unbedingt notwendige Dämpfung der in's Uferlose gewachsenen Idiotie wirksam bewerkstelligen. Das wird die freie Marktwirtschaft, die nun die Geister, die sie rief wird bändigen müssen, bis an den Rand ihrer Möglichkeiten beschäftigen. Denn eines wandelt sich nunmehr ganz bestimmt: die Länder des vorderen Osteuropa sind nun Probleme des Westens an seiner Ostgrenze. Die Folgen der im Westen lauthals verlangten Freizügigkeit werden sich vor allem dort bemerkbar machen in den nächsten Jahren und innenpolitisch schnell brisant werdende Lagen erzeugen. Die Lager sind bereits wieder 'ante portas', freilich nach dem Muster anderer Länder, die hier schon dankenswerte Vorarbeit geleistet haben. Man hat sich im Westen mehr politische Instabilität gewünscht, möglichst sogar eine Desintegration, natürlich nicht die eigene. Jetzt zeigt sich das wirkliche Maß der realen Interdependenz der politischen Lagen, über die rhetorischen Illusionen der Ideologen hinaus. Vor allem aber wird sich zeigen, daß die Deutsche Ideologie die Ideologen selbst narkotisiert hat. Es war Zeit, in dieses illusionäre Gefüge wieder etwas Material der Realität einzubringen. Die Flucht vor dem Dialektischen Materialismus führt global einmal im Kreise herum: "Try as you may, you're gonna wind up where you started from!"

Der Affront des in Deutschland zur Macht gelangten Konservatismus ist an seiner Bedenkenlosigkeit zu erkennen. Die demokratische Legitimation ermutigt dergleichen zu einer Frechheit, der man die entsprechende Antwort wenigstens außenpolitisch erteilen muß. Das rettet die innenpolitischen Opfer dieses Souveräns nicht, gewiß, aber es kann die, die betroffen sind auch dann, wenn sie sich möglichst politisch konform zu verhalten versuchen, davon überzeugen, daß der Versuch, dieses Monster dadurch zu besänftigen, daß man ihm nachgibt und entgegenkommt bis an den Rand des Selbstmordes, solange bis er sagt: "Bitte, tu mir den Gefallen und spring' noch über diese Klinge, dann bin ich zufrieden", zu nichts führt als zu der Erkenntnis - wenn man sie erlebt und überlebt - daß dieser Gegner sich an der bloßen Existenz des Anderen stört, die seiner unersättlichen Gier im Wege ist, einer Gier und Unersättlichkeit, die ihn in der Unschuld der Selbstverständlichkeit, mit der er/sie seine/ihre Selbstbehauptungsinteressen in das Bewußtsein anderer hineinträgt um sich darin zu deren Schaden und zum eigenen wohlverstandenen Nutzen einzunisten, einfach wünschen läßt, daß dieser Andere, der ihm im Wege ist, aus seiner eigenen Existenz, aus dem Dasein verschwinde. Das liegt in der Logik, der inneren Konsequenz eines Alltagsverhaltens, das als Verdrängungswettbewerb, auch im Hinblick auf die Verdrängung der Folgen und die Verdrängung des Gesetzes der Wiederkehr des Verdrängten die 'freie Wirtschaft' ausmacht, die den Kalten Krieg mit anderen Mitteln fortzusetzen gedenkt. Man kann das auch am Kriegsziel der 'freien Wirtschaft' erkennen, das sich, im Unterschied zu Clausewitz' Bestimmung des Kriegsziels als Kampfunfähigmachung des Gegners als dessen wirtschaftliche und damit auch soziale und kulturelle Vernichtung, vornehmer 'Verdrängung' bestimmt, realiter, jenseits der Erklärungen, die das anders einzukleiden suchen. Hier, an dieser Stelle ist der Schlußpunkt gesetzt.

Der Sozialismus hat eine Basis, die groß genug ist, in der Sowjetunion und in China, wo man klug genug war nicht über eine bestimmte Grenze des Entgegenkommens an die innenpolitischen Folgen der westlichen Konsumwerbung und ihrer politischen Ausläufer hinauszugehen und er ist so ausgerüstet, daß er unangreifbar ist, wenn er nicht bereit ist zu weiteren Zugeständnissen an die westlichen Industrien auf der Suche nach Konsumenten und Märkten.

Das muß nicht heißen, daß das gefährlich ist. Die Sowjetunion hat sich allen Vorwürfen entzogen, die man ihr machen kann durch ein Höchstmaß an Entgegenkommen. Das entzieht der Kritik den Boden und wendet den Blick auf die sozialen und im üblichen Sinne materiellen Lebensgrundlagen der Kritiker des Sozialismus, auf denen sich ihre Kritik aufbaut. Angesichts der Heraufkunft der Auseinandersetzung zwischen dem westlichen Industrialismus und dem sich von den Folgen seiner Rückständigkeit und der langen kulturellen Aussaugung und den Strategien der Umerziehung, anders gesagt: der vorsätzlichen Zerstörung seiner sozialen Strukturen erholenden Islam, unter dessen impotenten 'Diadochen' bisher lediglich die Frage verhandelt wird, von wem die Wiedervereinigung ausgehen wird, die das islamische Großreich wieder herstellt, in welchen Grenzen auch immer, angesichts einer hirnlosen Verkündung unverständlicher Kriegsziele, die genaugenommen nur - und mit welchem Recht eigentlich ? - darauf hinauslaufen, daß man nicht wünscht, daß ein bisheriger Kompagnon, der gut war für eine Kriegführung in der Richtung des Islam selbst, in der Richtung sich fortsetzender Selbstzerfleischung, nun auf einmal die Futtermittel unter Kontrolle hat, die er einer nur aus Gründen der anderweitigen Kontrolle dieser Futtermittel privilegierten Gruppe entreißt, die damit ein sinnloses Luxusleben in einem Feudalstaat führt, der von einem Heer von Fremdarbeitern lebt, so wie die, die diese Ressourcen der arabischen Welt, die einzigen, die sie hat, in die Luft blasen auf ihren High-ways, just to feel free, kann sich der Sozialismus auf der vorhandenen Basis und unter Abstoßung von ein paar Überläufern samt ihren Vorgärten ruhig einrichten.

Kein Freund ist unwillkommen. Aber der Angreifer verursacht seinen Untergang und den der ganzen menschlichen Welt. Das ist alles, was dazu zu sagen ist. Der Gier ist eine definitive Grenze zu setzen. Ihren Protagonisten ist zu raten, die eigenen Bevölkerungen an die Leine zu nehmen. Freilich wird das die formalen Demokratien wieder an das Wertgesetz erinnern und seine Geltung, mit möglicherweise unangenehmen politischen Folgen für die herrschenden Gruppen und ihre Mehrheitsbasis: der mit den Mitteln der Außenpolitik verschobene Krieg kehrt dann vielleicht als Bürgerkrieg wieder nach Hause zurück.. Und die gewonnenen Gebiete, marode Unternehmen, deren lustlose Bevölkerungen die Peitsche des Kapitals der Bequemlichkeit ihrer bisherigen eigenen Mentalität vorziehen, wie es scheint, sollen sich von den Erfolgreichen, den Siegertypen der westlichen Welt auf deren Lebensstandard und den damit verbundenen Standard der mit hinzunehmenden Lebensqualität bringen lassen. Doch das muß vor allem bezahlt werden, und die Geschäftspartner sind die so bewunderten Siegertypen, die das Ganze vor allem unter dem Gesichtspunkt langanhaltender steigender Gewinne und Umsätze betrachten, und Gewinne kommen nicht einfach von nichts. Irgendwer muß schließlich dafür arbeiten. Damit das keinem mehr aufgeht, wird inzwischen, und zu Recht, die marxistische akademische Repräsentanz 'abgewickelt'. Das hat sie verdient, zusamt ihren ebenso ideologischen und unnützen westlichen Antipoden oder Kompagnons, die ebenso parasitäer und überflüssig sind wie sie selbst. Das muß nicht von der Universität kommen. Schließlich ist die auch nicht ihr Ausgangspunkt.

Man muß dabei einfach noch einmal darauf hinweisen, daß die Unvernunft, die erkennbar gewordene Unfähigkeit zur Selbstbegrenzung die Ursache sein wird, wenn etwa dergleichen diskutiert werden muß, die die Welt vernichtet, und daß es die auf sich selbst zurückgezogene Vernunft sein wird, die, in ihrem letzten und einzigen Refugium, das sie auf dieser Erde benötigt um sich zu erhalten - und wer wollte ihr das Recht zur Selbstbehauptung im Ernst frech in's Gesicht verweigern ohne sich zu erkennen zu geben, wenn er nicht zuvor mit gutem Beispiel vorangeht und zuerst selbst darauf verzichtet zu existieren - dieser Ursache lediglich die Mechanik leiht, die dieser Kausalität endlich nach dem Gesetz, nach dem dieser blödsinnige ewige Siegertyp angetreten ist, zu der zu ihr passenden gewollten Wirklichkeit verhilft.

Aus der sonstigen Politik dringt derart deutlich die Sprache der Freßsucht, des Futterneides und der Herrschsucht einfach um der Macht willen, daß es gut ist, diesem Rindvieh nunmehr deutlich damit zu drohen, daß er/sie einen zwischen die Hörner kriegt, wenn er/sie's bloß versucht, und daß die Nacht lang sein wird, ohne Ende für Siegertypen, zu der ihn/sie seine Maßlosigkeit schließlich selbst verurteilt.

Es ist diese Maßlosigkeit und Rücksichtslosigkeit und unbegrenzbare Gier, die schließlich nach der Grenze verlangt, die die Vernunft ihm - dem Homo sapiens - endlich setzt. Das Schlimme ist, daß man ihn/sie nicht warnen darf: er/sie versteht das als Provokation, als Bestätigung seiner/ihrer wahnhaften Projektion, daß da ein Gegner lauere, der ihm/ihr seine/ihre Launen verbieten will, und findet just das so unverschämt, daß er/sie meint, daraus das Recht zum Angriff und zu einer nicht zu befriedigenden Verfolgungs- und Bereicherungswut ableiten zu dürfen. Das zwingt zum Handeln ohne Vorwarnung. In der Zwischenzeit heißt es einfach höflich bleiben, auch in Grenzen zuzuhören, aber unbeeinflußbar.
Des Einflusses war es nun genug. Der Zweck dieser Einflußnahme ist auch hinreichend geklärt: ihr Ziel ist die Zerstörung der menschlichen Urteilskraft. Das Ende der Fahnenstange ist erreicht. Diese/r Andere will ein Gegner bleiben und braucht die Gegnerschaft, er/sie ist nicht zu befriedigen und ist nicht imstande, der Krieg zu beenden. Er/sie hat seine Zukunft nahezu verspielt, in dem Wahn, sie eröffne sich ihm/ihr gerade und er/sie könne nun machen was er wolle. Das ist so oder so ein Irrtum, aber er ist es besonders angesichts der Regeln der Interaktion, noch mehr jedoch angesichts der Geltung des Wertgesetzes. Newton ist auch tot, aber die Schwerkraft nicht, oder ist sie mit ihm gestorben, und etwa an der Relativitätstheorie ? Es gibt keine weitere Grenze mehr zu überschreiten. Es gibt nichts mehr zu gewinnen, und das Ende der Toleranz der Einflußnahme ist erreicht.

Man hat vergessen, daß die berechtigte Erwartung, daß die Verfolgten dieses formal-demokratsichen Naziregimes ebenso einen Anspruch darauf haben rehabilitiert zu werden wie die Seilschaften des Naziregimes einen Anspruch auf ihre Abwicklung gehabt haben - die sie verhindert haben, indem sie nach dem Modell vom zerbrochenen Krug selbst die Richter über ihr Tun geworden sind. Das Maß ist voll. Dies ist ein unersättlicher Räuber, eine Bestie, der eine Grenze zu setzen ist. Und jeder hat die Zuneigung Gottes, der dies unternimmt.


Verspielte Zukunft III. 

23.12.1990

Die Kriegsgefahr wächst rapide. Das gilt nicht nur bezogen auf den derzeitigen 'hot-spot'. Der ist selbst nur ein Symptom. Und wie jedes Symptom ist er Teil eines Syndroms, das nicht notwendig an dem Ort auch entsteht, an dem es zuerst in Erscheinung tritt. Der Krieg hat seinen Ursprung in Europa und den USA. Die überhitzte Konjunktur gemahnt an Endzeiten vor Kriegsausbrüchen. Die Bagatellisierung dieser Kriegsgefahr als eine weitere Variante sogenannter regionaler Konflikte, die auf's Genaueste den Beschreibungen Huxley's gleicht, über den die Mediennutten sich nicht genug amüsieren konnten, übersieht, wie alles sogenannte 'analytische' seit dem Beginn der schlagartig hereinbrechenden öffentlichen Selbstzensur, der Selbstlobotomisierung der sozialen Aufsteiger im Mediengeschäft am Anfang der siebziger Jahre, die bereit waren, dieses kleine persönliche Opfer für ihre kleinen persönlichen Karrieren zu erbringen, und damit dem Sieg der Mittelmäßigkeiten als dessen Herolde vorausstolzierend ihre stolz als Tugend präsentierte Dummheit als neueste Errungenschaft der Allgemeinheit herausposaunten, erleichtert über den Entlastungsgewinn, der zugleich diese leichte euphorische Besoffenheit erzeugt, mit denen Flittchen über Cocktailpartyparketts tanzen, daß es sich jedenfalls bei den derzeitigen Vorgängen im Mittleren Osten schon seit der Gründung des Staates Israel und dem kalkulierten Rückzug der imperialen Mächte, die diese Region zuvor kolonisiert hatten, um nichts anderes handelt als um den Kampf der 'Diadochen' der islamischen Imperien um die Frage, von welcher der islamischen Regionalmächte die 'Reconquista' ausgehen wird. Dabei versuchen die einzelnen Teilmächte bzw. deren Führungen sich möglichst gegenseitig bei dem Versuch zu behindern, eine günstige Ausgangsposition derart einzunehmen, daß sich aus dieser Ausgangslage der entscheidende Augenblicksvorteil ergibt, der das Monopolyspiel zugunsten einer Regionalmacht und dann deren nächsten Bündnispartnern entscheidet noch bevor alle Schlachten geschlagen sind.

Es ist bezeichnend, daß der US-amerikanischen Politikberatung**) offensichtlich nichts mehr einfällt, was sich auch nur für die Wahrung des Scheins der Wahrnehmung einer weltpolitischen Rolle auch im eigenen wohlverstandenen Interesse eignen könnte. Die öffentlichen Erklärungen greifen zu kurz.
Jämmerlich ist die Erklärung, daß man nicht bereit ist, sich die Lollipops von ein paar hergelaufenen Arabern wegnehmen zu lassen.

Die Unterstellung irrationaler Motive, die verächtliche und abschätzige Beurteilung des Gegners unter dem Gesichtspunkt von Vergleichskriterien, wie sie bei der bevorstehenden Auseinandersetzungen der Rugby-teams miteinander rivalisierender Collegemannschaften angebracht sein mögen, oder bei Boxkampfpromotern, zeigt einen erschreckenden Tiefstand der politischen Analytik der USA und ist ein Hinweis darauf, daß die angemessene Rekrutierung von potenter und intellektuell akzeptabler politischer Beratung bzw. Eigenkompetenz, die sie nicht braucht, offensichtlich weder durch das politische, noch durch das Bildungssystem, noch durch das vielgepriesene system of competition of the best gewährleistet ist. Die politischen Mechanismen der größten Militärmacht sind ausgehöhlt durch einen bedenkenlosen Karrierismus eines rücksichtslos an persönlicher Bereicherung und Machtgier orientierten Juppiegeneration im Kampf um Erfolg ohne eine angemessene Rückbindung an einem klar definierten Wofür und Woraufhin dieses Erfolges. Eine Verpflichtung gegenüber dem Ganzen ist nicht mehr als Motiv der Politik und auch nicht als Motiv des Handelns der in der Wirtschaft Verantwortlichen zu erkennen.

Der systematische Ruin der Gesellschafts- und Wirtschaftstheorie bzw. deren Einheit, die der klassische Inbegriff dessen ist, was sozialistische Politik - abgesehen von jeder sonstigen dogmatischen Positionsbestimmung, die ja immer schon ein Abgleiten, eine Erstarrung, eine Unterwanderung der Theorie mit Machtinteressen, ihre Funktionalisierung für den Machterhalt von Personengruppen oder Institutionen, anders gesagt, als das Symptom degenerativer Erscheinungen der Bandenbildung, bzw. dessen erkennbar ist, wovon her sie ihre Steuerung bezieht, nämlich von der moralischen Degeneration - und ergo ihre Möglichkeit sowie ihre differentia specifica, die sie von dem abwirtschaftenden Pragmatismus und seiner unausweichlichen Perversion zum show-Geschäft, zur Angleichung an den Gestus von Tennis-Champions und Kinoheldengehabe vom Schlage dieser reflexionslosen Draufgänger, gegen die die Blödheit eines Herkules erlauchte, wenn auch nicht hinreichend verstandene Klassik repräsentiert, in den Jahren seit der Mc Carty-Ära und in Deutschland in den siebziger Jahren spätestens, in denen die Universitäten und die 'Geisteswissenschaften' sowie die 'Philosophie' sich von den Aktivitäten der internationalen Geheimdienste mit einem Interesse an ihrer Liquidation nur noch der Bezeichnung nach unterschieden haben, unterscheiden könnte, diese Liquidation, derzeit als 'Abwicklung' notorisch, hat sich schließlich zu dem politischen Bekenntnis aus dem Munde des gewählten Präsidenten der Führungsmacht der westlichen Welt zur endgültigen Gestalt des nackten Bekenntnisses verdichtet, daß es einfach nur darum gehe, daß man sich die Energieressourcen nicht wegnehmen lassen will, die man sich dadurch zu sichern glaubte, daß man um der Kontrolle willen, die man sich darüber sichern wollte, eine kleine Gruppe von Arabern, die auf den Quellen sitzen, vollkommen willkürlich zu privilegierten Inhabern der Ausführungsrechte dieser Kontrolle macht auf Kosten der gesamten übrigen arabischen Welt.

Es ist nicht nur die Künstlichkeit dieses Zustandes, der ein gewolltes, schlau eingefädeltes Ergebnis der Politik der Kontrolle dieser Ressourcen ist, auch nicht die Tatsache, daß dies vollkommen klar zutage liegt, sondern vor allem auch der offene Skandal, der in der arabischen Welt jedem, auch und gerade dem sogenannten kleinen Mann auf der Straße bewußt ist, und es ist nicht etwa eine Konsequenz des 'arabischen Irrationalismus' und des Machthungers mörderischer Diktatoren von tribalen Männergesellschaften, sondern auch und gerade eine Konsequenz der Propaganda der Demokratien, daß dies als Skandal empfunden wird und als permanent anwesende Demütigung einer Bevölkerung, die ihr eigenes Verständnis dessen, was sie unter Demokratie verstehen möchte, nicht begrenzen lassen will und darf durch die mit dem vorübergehenden Zerfall des islamischen Großreiches entstandenen Grenzen, die im Gegensatz zu der naiven Unterstellung, mit der die Ereignisse und Vorgänge dort behandelt werden in der Besinnungsaufsatzanalytik 'westlicher Korrespondenten ', dort nicht als 'natürliche Grenzen' verstanden und erlebt oder akzeptiert werden.

Der Staat Israel ist ein weiterer Kreuzfahrerstaat im Geschichtsbewußtsein der arabisch-islamischen Kultur(en), ungeachtet der Rivalitäten unter den verschiedenen Fraktionen des Islam.
Die behauptete Reaktionen des Pontifex Maximus auf den 'Fundamentalismus', die der Selbsterhaltung dienenden Abgrenzungsreaktionen der islamischen Kulturen auf die Zernierungsansprüche der westlichen Welt gegenüber ihrer Kernregion, ist für die Möglichkeit dieser Sichtweise ebenso ein Beleg wie die Tatsache, daß der Staat Israel praktisch ein äußerst militanter Brückenkopf der Erhaltung der Möglichkeit des derzeitigen Pro-Kopf-Verbrauchs von Energie der US-amerikanischen Bevölkerung zu den augenblicklichen Konditionen ist, und d.h. eben auch der Verbrauchsbedingungen für alle die, die davon direkt oder indirekt mit profitieren. Das aber würde bedeuten, daß der Krieg aus Gründen der US-amerikanischen Innenpolitik unumgänglich ist. Zugleich jedoch bindet die Unbedingtheit, mit der dieser Brückenkopf um seiner selbst willen erhalten werden muß, die US-amerikanische Außenpolitik unausweichlich und ganz und gar eindeutig an die Selbsterhaltungsinteressen des Staates Israel, die muß also jede arabisch-islamische politische Dynamik dann u. U. auch mit direkter militärischer Intervention dann unterbinden, wenn sie die von den ehemaligen imperialen Mächten dieser Region nach dem Zerfall des osmanischen Reiches entsprechend ihren eignen Interessen gezogenen Grenzen - in der Wüste - überschreitet.

Die Führungen der arabischen, der islamischen Welt wissen ebenso gut wie 'die westliche Welt', daß diese Ressourcen eines Tages zu Ende gehen, und daß die dann verpasste Chance einer Entwicklung, die diese Kulturen konkurrenzfähig macht im internationalen politisch-ökonomischen Gefüge nie mehr wiederkommen wird.

Die sich daraus ergebende Zwangslage nötigt zum Handeln und verbietet den Aufschub. Das muß man wissen, wenn man diese Welt, diese Kultur angreift. In den westlichen Ländern (der nördlichen Hemisphäre) geht es um die Erhaltung der Bequemlichkeit, in der arabischen Welt geht es um Sein oder Nichtsein. Das bestimmt die Motive für den Kampf und damit auch die Ausgangschancen.

Die Sowjetunion hat derzeit Grund zu bitterer Reue über ein möglicherweise zu frühes Nachgeben gegenüber der westlichen Welt. Der Rücktritt des sowjetischen Außenministers zu diesem Zeitpunkt vermeidet denn auch die letzte Konsequenz einer bisher durchaus richtigen und unumgänglichen Politik des Entgegenkommens, nämlich die aktive militärische Verwicklung in eine Außenpolitik der USA, der es gegenwärtig zu gelingen scheint, im Konsens mit anderen Regierungen - denn dies alles läuft auf Regierungsebene, d.h. das machen Politiker - die Vereinten Nationen für ihre Politik zu instrumentalisieren, und damit den Verlust der eigenen außenpolitischen Spielräume. In anderer Hinsicht hat sie freilich Grund zur Freude: es ist ihr gelungen, gewissermaßen in letzter Sekunde, jedenfalls aber gerade rechtzeitig in den Windschatten des Konflikts zu treten, der sich inzwischen scheinbar überraschend zwischen den säkularisierten Industriestaaten des Westens und den Ölländern, aber im weiten Sinne eben dem islamischen Kulturraum entwickelt hat. Dabei ist der gerade wieder einmal zu recht für tot erklärte Teil des Neokortex der führenden Politiker, in dem die Politik des Westens und ihrer besonders provinziellen Ausprägung in Deutschland sich anstelle eines dort von ihr wahrgenommenen Grabes niederlassen zu können glaubte, auf dessen Grabstein sie die eingravierten Worte 'Hier liegt Karl Marx begraben' lesen zu können meint, dafür zuständig gewesen, als Teil eines einmal intelligenteren Europa, das Kapitel, das den Zusammenhang von Politik, Überzeugungen und Ökonomie methodisch zu erhellen in der Lage wäre, methodisch durch eine Kritik der Politischen Ökonomie abzuhandeln.

Deshalb ist die Politik der Sowjetunion auch unter diesem Gesichtspunkt nicht nur rechtfertigen, sondern auch begründen, wenn nicht gar zu bewundern, ist sie doch der Beleg dafür, daß eine kluge Machtpolitik gemäß dem Prinzip der Selbsterhaltung keineswegs notwendig einer ebenso klugen sozialistischen Politik widersprechen muß. Ebenso wie diese Bereinigung der Lage gegenüber den europäischen Staaten, die die Sowjetunion dreimal angegriffen haben in der Absicht, sie vital zu treffen, darunter Frankreich so gut wie die in allem derzeit unschuldigen Polen, die hinter der nationalsozialistisch-stalinistischen Konfrontation klammheimlich zu verschwinden versuchen, jedenfalls soweit ihre Erscheinung in der öffentlichen Propaganda in Deutschland betrachtet wird, wo sie als arme, unschuldige Lämmlein erscheinen, die von bösen Wölfen und Bären aufs Scheußlichste zugerichtet werden; ebenso wie die Besonderheit der Vereinigung der bisher durch eine Mauer getrennten Teile des ehemaligen Deutschen Reiches, sind sie notwendige, wenn auch vielleicht nicht hinreichende Bedingungen der Rückgewinnung einer glaubwürdigen sozialistischen Weltpolitik.

Bei dieser Glaubwürdigkeit geht es aber vor allem um die Glaubwürdigkeit, die eine solche Politik für Sozialisten haben kann, denn einen Gegenspieler, der das Herz sozialistischer Politik entweder nur als impotente Spinnerei oder nur als perfide und heimtückische Verstellung aufzufassen imstande ist, hinter der sich nur das verbergen kann, was er von sich selber weiß, mit dem Unterschied, daß er sich nicht verstellt, und dem gemäß um so vieles ehrlicher ist als der doch in der Projektion der Gegnerschaft festgehaltene heimtückische rote Reineke Fuchs, weil sein Weltbild und seine Anthropologie nichts anderes erlauben aufgrund eines Zwangs zur Universalisierung seiner eigenen Verfassung zu der alles Lebens, wird man von der Glaubwürdigkeit dieser Politik vor allem dann nicht überzeugen können, wenn sie beginnen könnte, den Gruppen, die davon privilegiert leben - mit der Tendenz der Verstärkung dieser einmal geschaffenen und politisch abgesicherten Asymmetrien des sozialen Lebens und der nota bene 'Kultur', das Leben auch nur etwas schwerer zu machen ohne daß es eine Chance gäbe, dies sogleich wieder abzuwälzen auf die (jeweils nicht regierende) Minderheit ohne angemessene Repräsentanz im parteipolitischen Gefüge der formalen Demokratien - die ja sorgfältig darauf achten nicht nur, daß der Mechanismus der Macht eine geschlossene Gesellschaft repräsentiert, sondern auch darauf, daß er bestimmte Gesellschaftsauffassungen, die aus der alltäglichen Empirie dieser Gesellschaften hervorgehen, aber eben als solche der ausgeschlossenen Minderheiten, weder eine angemessene öffentliche noch eine angemessene parteipolitische Repräsentanz innerhalb dieser Formen überhaupt erhalten können, weil diese Gruppen und ihre Erfahrung innerhalb des Kanons der öffentlichen Repräsentanzen nicht integrierbar sind ohne eine Veränderung in den Machtbalancen - und d.h. horribile dictu eben auch: der materiellen Lebensverhältnisse und der Verteilung des Reichtums - und zu den aus gutem Grund definierten Spielregeln auch gar nicht repräsentiert werden können, weil die abweichende Erfahrung, wenn sie sich organisiert, als Ausdruck oder politisches Handeln, sich aufgrund desselben Mechanismus', der diese Erfahrung bewirkt, also den Grund für diesen Ausdruck und dieses Handeln, auch nur als Verhalten jenseits der festgesetzten Spielregeln, und damit bereits als ungehörig, unzulässig, verboten usw. überhaupt zur Erscheinung bringen kann. Die Gründe für den Ausschluß sind so materiell wie die Folgen, die das hat, bis hin zum Drogentod, der derzeit für die Delinquenten bevorzugten Form der Selbstbeseitigung des sozialen Mülls, den sie 'repräsentieren', und sie beruhen nicht notwendig auf den anscheinend zu schwer - für die Gehirne einer Konsumgesellschaft - verständlichen Formeln der Kritik der Politischen Ökonomie, sondern primitiver und insofern an die materiellen Verhältnisse angepasster, auf dem Kampf um Futtermittel und ihrer durch Verschiebung von Triebenergien von den Bewußtseinen als Objekte der Erleuchtung erkannten abgeleiteten Erzeugnisse der Warenwelt.

Es ist wichtig gewesen, daß sozialistische Politik ihre Glaubwürdigkeit für sich selbst zurückgewinnt, indem sie sich von der Anwendung machtpolitischer Zwangsgewalt gegenüber einer Teilpopulation der europäischen Bevölkerung zurückzieht, also von einem Versuch der Anwendung von Mitteln, die letztlich sozialistischer Politik widersprechen. Man muß die Bevölkerungen, die der 'Ansicht' sind, daß sie anders besser fahren, dann auch konsequent fahren lassen, notfalls zur Hölle, aber möglichst allein, auf eigene Rechnung. Man kann aber an der Art, wie die Propaganda nachstößt erkennen, daß hier letztlich Selbstaufgabe verlangt wird. Freilich, was wäre eigentlich, wenn man dieser Forderung nachkäme: wäre es ganz unmöglich, daß dieser Zynismus gegenüber eine/m/r Gegner/in, der den Hals nicht voll kriegen kann, die beste Garantie dafür sein müßte, daß er an seinem totalen Sieg erstickt bevor er/sie das noch begreift?

Der scheinbaren Selbstverständlichkeit, es ginge hier um die Niederlage des 'Kommunismus' zugunsten der 'freien Marktwirtschaft', oder noch um vieles kühner: der Kommandowirtschaft im Unterschied zur 'freien Wirtschaft', widerspricht die von der durch systematisch organisierte Verdummung bewirkten Zensur sorgfältig dissimulierte Tatsache der längst in europäischem Maßstab etablierten Politik der systematischen Staatsintervention. Kein Großkonzern, keine Gruppe von Interessenten, aus denen sich die die Macht untereinander teilenden Mehrheiten zusammensetzen, die nicht von der Wirtschafts-'Förderung' aus der Staatskasse leben.

Die Mehrheiten in den formalen Demokratien des Westens, jedenfalls aber Deutschlands, werden nicht mehr nach dem Muster der öffentlich noch gehegten Gegensätze von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gebildet, sondern nach dem Muster von closed-shops, in denen um bestimmte industrielle Gebilde gewissermaßen organisierte Banden gebildet werden, die einerseits in einem kalkulierten Konflikt untereinander liegen, dann aber vor allem gemeinsam gegenüber anderen Ansprüchen an den Staat handeln, wenn es um 'Zuschüsse' geht, die aber, als Langzeitbesitzer von Arbeitsplätzen insgesamt Front machen gegenüber den 'Fremdfirmenarbeitern', und all dem Gesindel von Teilzeitarbeitskräften, Aushilfen, Gelegenheitsarbeitern bis hin zu den Langzeitarbeitslosen und den Sozialhilfeempfängern, von den auf den Straßen vegetierenden under-dogs gar nicht abgesehen. Denn am untersten Ende dieser Sozialskala rangieren die als Drogentote immerhin noch Registrierten - man begräbt sie ja auch noch, aus Gründen der öffentlichen Hygiene.

Dies alles, als innenpolitisch marginalisierbare Erscheinung, setzt sich fort in die internationale Politik. Die demokratischen Revolutionen in den kommunistischen Ländern sind Revolten gegen den drohenden Hungertod, aber ebenso gegen die Zumutung von mehr Arbeit, die ihnen von den Verhältnissen, zu denen die Revolte befreit, ohnehin gemacht werden wird. Die Revolte rechnet aber mit einem aus der Konkurrenz mit den Bevölkerungen der nächstliegenden westlichen Demokratien resultierenden diffus verrechenbaren Gruppenvorteil, der sich zumal dann verstärken läßt für Einzelne, wenn sich ein politischer Kompromiß für die Machtgruppen in den westlichen Demokratien und die Emigrantengruppen aus den sozialistischen Ländern aufgrund der Differenz des Lebensstandards für beide Beteiligten realisieren läßt.

Das wird die Verhältnisse auch deshalb bestimmen, weil abzusehen ist, daß große Teilpopulationen in den abgeschlagenen Ländern in der sog. Dritten Welt definitiv dem Verhungern und neuen Seuchen preisgegeben sind und so oder so dezimiert werden. Das kann man auch in der arabischen-islamischen Welt erkennen und auf dem indischen Sub-Kontinent.

Anders aber als in den Ländern, in denen daraus das zusätzliche Handicap einer gefährlichen politischen und sozialen Apathie und diffuser Revolten ohne ein Ziel erwächst, die einem kollektiven Syndrom ähneln, das man gerne psychopathologisch als Psychose oder Schizophrenie usw., also durch eine am liebsten aus genetischen Ursachen und gehirnphysiologischen (weg-)Erklärungen ableitet (wobei man eben daran denken muß, daß diese 'Diagnosen', vor allem aber die Folgen der damit verbundenen Zurechnungen und die darin zu erkennenden Absichten hierzulande durch soziale Machtmechanismen, in internationalem Maßstab dagegen durch militärisch-politische Machtmechanismen abgesichert werden und damit möglichst verendgültigt; denn die sei es rhetorische - und d.h. auch die therapeutische - oder im weitesten Sinne polizeyliche (i. S. Hegels) Behandlung sind ja nur im Maßstab, nicht in Bezug auf die Mittel und nicht in Bezug auf die Funktion verschieden), erwächst daraus, und daraus, daß das Öl in der Tat ein Schlüssel sowohl zu den westlichen Industrien als auch zur dort wo es als einzige Energieressource vorkommt, zu der einzigen eigenen, nicht mehr verschiebbaren Entwicklungschance ist, ebenso wie aus der allgemeinen politischen und ökonomischen Lage gegenüber dem 'Rest' der hochindustrialisierten Welt, nicht nur für die Bevölkerungsmassen der islamischen Kulturen (oder auch des Hinduismus) eine in keiner Weise zufällige Militanz, die sich ebenso wenig zufällig auf einen religiösen Fundamentalismus stützen muß, oder auf einen ebensolchen politischen, der damit also lediglich auf eine andere Metaphorik gegründet wird, sich aber aus derselben Einheit einer Erfahrung mit der sich fortsetzenden Entwürdigung und Erniedrigung, der Zukunftslosigkeit und dem Bewußtsein bildet, daß man die Chance zu einer Entwicklung auf eigener Industriebasis in Kürze für immer verspielt haben könnte.

Die Frage, vor der die US-amerikanische Politik steht, wird ihr gar nicht bewußt. Diese Frage lautet: ist eine arabisch-islamische 'Reconquista', und wenn, dann am besten im derzeitigen Augenblick oder überhaupt oder später mit einer Aussicht auf Erfolg langfristig aufzuhalten und welchen Sinn hat eine Politik, die sich dieses Ziel setzt für die langfristigen Interessen der westlichen Politik. Gibt es überhaupt einen zu rechtfertigenden politischen oder wirtschaftlichen Grund, der es nahe legt oder erzwingt, eine Politik der Verhinderung eines wie auch immer definierten (wieder-) vereinigten islamisch-arabischen Flächenstaates mit unterschiedlichen Nationalitäten aktiv zu betreiben?

Anders gesagt kann man das auch so formulieren: Ist es in der Tat eine den Krieg rechtfertigende Gefahr, daß der Wechsel in der Verfügungsmacht über die fossilen Energien von einem von Gnaden der Angelsachsen existierenden Feudalismus mit vor dem Hintergrund der arabischen Armut skandalös parasitärem Charakter in Kuweit übergeht an den getreuen Verbündeten der westlichen Welt, der sich so tapfer eingesetzt hat zur Verteidigung der westlichen Welt gegen die irrationale Militanz des iranischen Fundamentalismus?

Es ist undenkbar, daß die Privilegien der kuweitischen Bevölkerungsgruppe sich wiederherstellen lassen, so wenig wie es zu rechtfertigen ist, daß das Ziel der Erhaltung oder Wiederherstellung dieser Monarchien am Golf den Bevölkerungen der westlichen Demokratien als ein lohnendes Kriegsziel, geschweige denn als vertretbarer Kriegsgrund angeboten wird, es sei denn man wolle sie öffentlich für dumm verkaufen und verhöhnen. Es mag sein, daß eine wie immer zusammengesetzte Mehrheit der Bevölkerungen dies als unauffällig und unverfänglich hinnimmt, aber das unterstellt im Grunde die Existenz einer antidemokratischen Komplizenschaft von Mehrheiten in den Bevölkerungsgruppen der westlichen Demokratien und legt die Tatsache bloß, daß die formale Demokratie nur deshalb ein erfolgreicher Exportartikel auch für Entwicklungsländer ist, weil diese Formen sich beliebigen Verteilungen von Überzeugungen und Usancen anderer Art nach Belieben überstülpen und funktional benutzen lassen als pure Formen. Damit ist die Kritik der formalen Demokratien an ihren Gegnern und Konkurrenten hinfällig und kann als rhetorisches Manöver ad acta gelegt werden. Die Wahrheit der westlichen Demokratien wäre dann in der Tat erschließbar aus ihrer sich gar bewährenden Übertragbarkeit auf beliebige Bewußtseinsstrukturen. Aber das kann man auch aus dem Studium der Zurückgebliebenheiten hierzulande erschließen.

Auch wenn man das anderswo oder sogar im Lande selbst nicht artikulieren kann, wird man das dann intuitiv und zu Recht so empfinden. Die Menschenrechtskritik der formalen Demokratien an den von ihnen kritisierten 'unmenschlichen' Formen und Diktaturen stellt sich dann in der Tat als der billige Versuch einer propagandistischen Schwächung der Selbsterhaltungsimpulse der von ihnen angegriffenen Kulturen und Gesellschaften heraus, die sich just deshalb u. U. die von ihnen zu Recht oder Unrecht verlangte 'Form' nicht leisten können, weil sie angegriffen und in einen Kampf auf Leben und Tod politisch bereits verwickelt sind, bevor sie sich noch zum Ausbruchsversuch aus der tödlichen Umklammerung zusammenzuraffen versuchen. Das Mißtrauen der islamisch-arabischen Kulturen gegenüber sozialistischer Politik hat m.E. zwei Gründe: beide sind vermutlich auf das 'instinktive' Mißtrauen gegenüber den Eindringlingen und auf die historische Erfahrung zurückzuführen, also auf Abgrenzungsmechanismen, die schließlich und endlich die Eigenart einer Kultur definieren und konstituieren. Da ist die alte Erfahrung in der Auseinandersetzung mit den europäischen Kulturen, der bis auf den Gegensatz zwischen der christlichen und der islamichen Kultur noch im späten Altertum zurückreicht. Die Konstituierung der islamisch-arabischen Kulturwelt hat sich in der Auseinandersetzung mit der christlichen Kultur vollzogen. Bis in die jüngste Zeit hinein ist der Gegensatz der Kulturen durch die Erfahrungen bestimmt, die in diese Auseinandersetzung eingegangen sind.

Die politische Systemumgebung der islamischen Kultur hat nach Norden und Westen hin die Erben Ostroms (das Zarenreich) und die Erben Westroms (die Angelsachsen) zum Gegner gehabt bis zum Beginn der Transformation der politischen Gegensätze im christlich-europäischen Kulturraum zu dem innereuropäischen Gegensatz von Kommunismus/Sozialismus vs. Kapitalismus bzw. zum Gegensatz von formalen Demokratien und den autoritären oder diktatorischen Formen der (gewöhnlich ökonomisch und politisch in diesem Spiel unterlegenen) Ländern des Westens, eben: den ersten Entwicklungsländern gegenüber dem Industrialismus und seinen imperialen Reserven Großbritanniens und Frankreichs.

Der Kommunismus/Sozialismus, sozialistische Politik, obwohl mit dem Islam verwandt aufgrund einer sonst nicht in den anderen Religionen expressis verbis in derselben Weise angelegten Einheit von sozialer und einer Revolte im Bereich der sozial-religiösen Begründungen der Lebensführung, ist und bleibt ein aus dem christlich-jüdischen Kulturraum importierter Exportartikel der westlichen Industriekulturen. Zudem bewirkt er, einmal eingeführt, ebenso wie die formale Demokratie und ihre Folgelast, die pluralistische Zersplitterung, und die mit ihr einhergehende Medienpolitik und Produktwerbung, eine mit dem Terminus 'Säkularisierung' nur verharmlosend und unzureichend bezeichnete Erosion der nicht zufällig das Leben in den Traditionen dieser Kulturen bestimmenden kulturellen Substanz. Die vorsätzlich herbeigeführte Erosion der kulturellen Substanz verursacht, wen wundert das, soziale Verwahrlosung als kulturelle Form, die Dynamik von Umständen, die durch ein losgelassenes triebhaftes Tier bestimmt werden. Die entsprechende begleitende, diese Umstände und ihre Empirie dann rechtfertigende Anthropologie etabliert sich als Biologie des Homo sapiens und beweist, daß es anders nicht sein kann. Dann muß man nur noch darauf warten, daß auch die die Lektion gelernt haben, die sich aufgrund ihrer 'kulturellen Zurückgebliebenheit', anders gesagt: aufgrund der Tatsache, daß sie noch immer im Banne einer Überlieferung stehen, die soziales Verhalten anmahnt vor dem Hintergrund einer leitenden ethischen Verpflichtung zur Selbstbegrenzung des triebhaften Willens zur Macht, leicht als Objekte solcher praktischer Anthropologie des Homo sapiens gebrauchen ließen.

Wie das langfristig auf amazonische Indianer, tribale Stammesgesellschaften in Afrika und die Kulturen und Städte im fernen Osten wirkt, nämlich als Katastrophe des Zusammenbruchs der sozialen Vermittlungen, kann man inzwischen auch in hinreichendem Maße an der geschichtlichen Empirie ablesen. Die Beteiligung des Christentums an der aggressiven Zerstörung autochthoner Kulturen durch mehr oder weniger gewaltsame Mission ist daran ebenso unverkennbar beteiligt.
Die angeblichen derzeitigen Verlautbarungen des Pontifex Maximus sind jederzeit in der Kontinuität einer als Religionshüterschaft aufgemachten Politik gegenüber den Ungläubigen zu betrachten. Es handelt sich um machtpolitische Kalküle einer religiösen Immobilienfirma, wenn sie richtig wiedergegeben sind. Das kann man in den islamischen Ländern wissen.

Ebenso kann man dort wissen, daß die Mittel zur Befreiung von der Knebelung, als die man die Politik des Westens, ebenfalls in gut römischer Tradition des divide et impera, nur gegen harte Dollar oder Mark zu haben sind, und daß ihre Anwendung, es sei denn auf die eigene Bevölkerung oder die der anderen arabischen oder islamischen Brüder, aber nur mit Genehmigung usw., genaugenommen verboten ist.

Die westlichen Länder behandeln die Regierungen und ganze Länder der arabisch-islamischen Kulturen wie Angestellte oder Söldner, die man nach Belieben heuern und feuern kann und das macht man dort zunehmend weniger gern mit. Aber es ist natürlich auch erhellend, daß die Bevölkerungen der westlichen Länder die unverkennbar - für den Gebildeten - antiislamische Propaganda schlucken, weil sich ihre Ziele mit ihren Interessen decken. Man weiß dort also, daß man mit einem potentiellen Gegner Austausch betreibt, auf den man im Ernstfall des Kampfes um die eigene Existenz nicht rechnen kann, es sei denn mit seiner Potenz, soweit sie vorhanden ist, als politisch-militärisches Potential, das ein Gegner zum Einsatz bringen kann.

Ein Angriff auf einen der  ständig gegeneinander ausgespielten 'Diadochen' des Islam - die dieses mit ihnen gespielte Spiel irgendwann begreifen werden, bei dem sie buchstäblich reihum erst aufgebaut und dann depotenziert werden, immer aus denselben Gründen - aus der westlichen Welt wird außer innerhalb der kleinen Gruppe der Privilegierten wie z.B. die Bevölkerung von Kuweit - und es ist so oder so die Minderheit - als ein politischer Schlag gegen die arabisch-islamische Welt insgesamt verstanden werden.

Man muß die langfristig auflaufenden Kosten solcher Politik des divide et impera, die vermutlich auch als solche wahrgenommen wird, in jede Rechnung einbeziehen, die man hier aufmacht. Wenn man jetzt einen Schlag führt, einmal angenommen man führt ihn entschlossen, dann verschiebt man vermutlich eine schwerwiegendere Auseinandersetzung in eine unbestimmte, aber wahrscheinlich nicht allzu ferne Zukunft. Man wird wieder nicht, wie schon bei der Aufrüstung des jetzt nur scheinbar unvermittelt als Gegner auftretenden ehemaligen 'Verbündeten' gegen den Iran, darum herumkommen, auf Kosten des depotenzierten Gegners andere regionale Mächte aufzurüsten. Die Christen des Libanon sind den neuen Gegebenheiten bereits geopfert worden. Diese jetzigen Gegebenheiten werden aber weder dieselben bleiben, wenn die militärische Konfrontation ausbleibt - ohne die wiederum der 'Rückzug' des Irak aus dem okkupierten Gelände kaum Wahrscheinlichkeit für sich haben dürfte - noch dann, wenn die militärische Konfrontation erfolgreich abgeschlossen werden kann.

Es handelt sich so oder so um eine Atempause mit vermutlich langfristig ähnlichen Folgen: dem endlich doch gelingenden Versuch einer erfolgreichen arabisch-islamischen Reconquista. Der politische Kalkül, der das wahrscheinlich erscheinen läßt, ist darin zu sehen, daß die militärische 'Bewältigung' des Problems, das der Staat Israel darstellt, auch aufgrund seiner weltpolitisch unausweichlich antiislamischen Funktion, sich garnicht in's Auge fassen läßt ohne einen weiten militätischen Operationsraum, der nicht behindert ist durch Rücksichtnahmezwänge innerarabischer Außenpolitik. Zudem hat nur eine große territoriale Einheit mit einer ausreichenden Tiefe eines strategisch nutzbaren Hinterlandes Aussicht auf Erfolg gegenüber großräumiger angelegten Invasionsversuchen oder strategisch überlegener Luftwaffen.

Das unvermindert anhaltende Streben der islamischen Länder nach atomarer Bewaffnung wird irgendwann Erfolg haben. Es ist eine Frage der Zeit. Die Käuflichkeit der Manager und Ingenieure der westlichen Industrieländer ist ja Programm, schließlich gibt es auch einmal schwierige Auftragslagen, und das sind bereits ausreichende Garantien dafür, daß auch die Aktivitäten der besten Geheimdienste das auf die Dauer nicht werden verhindern können, zumal es auch innerhalb der islamischen Kulturen bzw. Nationen genügend Kommunikation und sei es auch nur hinreichendes Interesse dafür geben muß, die eine oder andere mit dem Wissen und know how ausgestattete Gruppe durch diese Proliferation als Keule gegenüber anderen zu benutzen. Von derselben Art war ja auch die Aufrüstung des Irak selbst, dessen Aktionen gegen den Iran hier als Sieg bejubelt wurden, was dem Verdacht der Iraner - die man zuvor ebenso aufrüstete wie durch unablässige Kritik ihrer Innenpolitik und Regierungsform stabilisierte und ökonomisch ausbeutete - ja nicht nur aus diesem Grund Recht gibt, daß sie benutzt werden für Zwecke, die nicht zugleich ihnen selbst in derselben Weise nützen, wie dieser Gebrauch denen nützt, die daraus Nutzen ziehen können.

Die Einwände gegen den islamischen Fundamentalismus, sei der nun politisch, religiös oder gar nicht formuliert, sind, ob religiöse Absagen oder politische Erklärungen, gegenstandslos für den, dem diese Absagen erteilt werden. Sie sind der Sache nach politische Propaganda, wenn Propaganda die Rhetorik ist, die an vorausgesetzten kollektiven Interessenlagen materieller Art anknüpft bei der Bezugsgruppe, auf die sie eine positive formierende Wirkung haben soll, und zugleich eine Untersuchung der Gründe wirksam verhindert, die wirksam sind und infragekommen für die Entstehung von Formationen des Massenbewußtseins oder der Politik, die auf diese Weise, durch Propaganda anstelle von angemessenen Untersuchungen zunächst sine ira et studio isoliert und vor allem disqualifiziert werden sollen als ernstzunehmende Motivlagen.

Wenn sie auch dem Zynismus realpolitischer Zielsetzungen genügen, kollidieren sie doch mit anderen Motiven. Der Katholizismus kann es sich aus seiner Substanz heraus kaum leisten, sich derart zu erklären, wohl aber als Politik. Das erledigt aber den 'religiösen Gegensatz' und macht ihn zu einem politischen, zumal nach einem sehr alten - ost- bzw. weströmischen Muster, in dessen Erbschaft die Angelsachsen nach einem französichen Zwischenspiel eingetreten sind, in einer der Rollen auf diesem politischen, religiösen, ökonomischen, kulturellen und Kriegstheater, dessen Schauspiel sich durch die Geschichte der Hochkulturen zieht, und bestenfalls eine ideologische und waffentechnische Neuauflage erlebt, bei ansonsten fest verteilten Rollen.

Das kann auch den derart Angegriffenen klar sein und macht eine auf diesen gerichtete Absicht wirkungslos bzw als solche durchsichtig. Die aber läßt sich wiederum von dem Opfer der Propaganda zu Recht einklagen: der Vorwurf, die Politik des je Anderen desavouiere seine kulturelle Substanz, kommt dann als Bumerang zurück und macht die Propaganda wirkungslos. Die Lage erscheint dem gemäß so, daß ein Angriff auf den Irak mit der Zustimmung der anderen arabischen Länder diese vermutlich nicht innenpolitisch stabiler werden läßt. Das Ausbleiben eines Angriffs aber wird dieselbe Wirkung haben, denn dann war dies der erste erfolgreiche Schritt zur Reconquista.


Verspielte Zukunft IV. 

25.12.1990

Die Politik des Irak hat einen Kern, der innerhalb der arabisch-islamischen Welt jedem verständlich ist: die Beseitigung eines Faktums, dessen Existenz sich nur als weiterwirkende Folge des unablässig anhaltenden Einflusses der westlichen Politik auf die alten Kulturlandschaften des vorderen Orients verstehen läßt. Die Existenz Kuweits, mit seinem Vasallentums und seiner Abhängigkeit von den Interessenten, die die Ressourcen des Landes, und damit indirekt auch die der anderen Länder dieses Raumes unter Kontrolle halten möchten zu einem möglichst niedrigen politischen Preis, ist, mit ihrer über jedes Maß hinaus privilegierten arabischen Bevölkerungsschicht, ein unerträglicher Affront für die arabischen Bevölkerungsmassen. Das weiß nicht nur die jordanische politische Führung, sondern alle Führungen der arabischen Länder. Was sie davon zurückhalten muß, daraus öffentlich wirksame Konsequenzen zu ziehen, die andere wären als die der stillschweigenden Stützung einer Politik des Status Quo oder sogar der eines militanten roll-back bei wahllosem Gebrauch aller möglichen sich anbietenden Verbündeten, ist die Tatsache, daß es nicht nur die Golfemirate sind, die durch diese fortbestehenden Abhängigkeiten kolonialistischer, imperialer angelsächsischer und französischer Politik profitieren, sondern, neben den Verbündeten der angelsächsischen Politik gegenüber dem islamischen Kulturraum - aus Gründen des Öls - auch ein Teil der arabischen Länder selbst.

Die amerikanische Politik***) beschränkt sich ja auch öffentlich auf ein vermeintlich wenig erhebliches Ziel: die Verfügung über das Öl Kuweits. So sehr dies ein möglicher innenpolitischer Kriegsgrund für die US-Amerikaner sein könnte, vorausgesetzt, es lassen sich aus dem Wunsch einer Mehrheit der US-Amerikaner tatsächlich die Energien ableiten, die vorausgesetzt werden müssen, damit nicht nur ein Haufen von Soldaten, die ansonsten zum potentiellen Heer der Arbeitslosen in den USA zu rechnen sind, ohne Kampflust und ohne einen politischen und emotional geladenen Willen zum Krieg, zum Kampf und zum Sieg dort sinn- und zwecklos herumballert, um sich schließlich wieder nach Hause zu machen, so wenig zieht es in Betracht, was dort wirklich auf dem Spiel steht. Daneben wäre doch ebenso denkbar, daß die Veränderung, die bestenfalls so willkürlich ist wie die politischen Entscheidungen, die zur Existenz Kuweits geführt haben, akzeptiert und mittels eines Meistbegünstigungsabkommens in Bezug auf die fossilen Energien für die USA auf sagen wir fünfzehn Jahre abgesichert wird. Die Schutzmacht USA ließe sich die Duldung angemessen bezahlen und das wiederum ersparte schon den Krieg, weil die Verfügung über die Energiereserven nunmehr des Irak, der sie ja ohnehin wenigstens z.T. verkaufen will und muß, gesichert wäre und damit auch innenpolitisch der Kriegsgrund entfiele. Daß daran niemand denkt, läßt andere Motive vermuten, die sich möglicherweise mit vernünftigen Namen nicht benennen lassen. Denn kaufmännisches Denken herrscht hier so wenig vor wie rationale Machtpolitik: das wiedergewonnene Terrain Kuweits wird sich vermutlich nicht mehr ähnlich sehen und auf lange Zeit ohne Wert sein, während bei einer Einigung aufgrund der nunmehr geschaffenen Fakten, an deren Zustandekommen doch offenbar eine ihrer Aufgabe nicht gewachsene Botschafterin der USA im Irak nicht unmaßgeblich mitbeteiligt gewesen ist, die sei es nicht verstanden hat, was mit ihr beredet wurde oder nicht deutlich genug widersprochen bzw. an ihre Regierung berichtet hat, was Harun al Raschid in Bagdad sich in Wahrnehmung seiner Aufgabe als Ordnungshüter der Region durchaus auch im Sinne der Ordnungsinteressen der USA ausgedacht hatte, eine sofortige Verfügung der Weltwirtschaft, aber auch einer größeren Bevölkerungsgruppe Arabiens als bisher ', über die aus dem Öl fließenden wirtschaftlichen Chancen wie bisher möglich wäre.

Angesichts der Tatsache bzw. der Wahrscheinlichkeit, daß die USA aus Gründen einer Unfähigkeit ihrer Botschafterin, die diplomatisch verwickelte Sprache der arabischen Politik im Falle Saddam Husseins zu verstehen und angemessen darauf zu reagieren, an der Konstellierung der Lage beteiligt sind, ist die gedankenlose Reaktion, der Reflex, Truppenmassen dort aufmarschieren zu lassen angesichts der ganzen Situation möglicherweise eine Instinktlosigkeit ohnegleichen.
Es gibt ja in der Tat Gründe, die es nahe legen, daß 'der Diktator des Irak' sich dazu ermutigt fühlen konnte, mit der Zustimmung oder Duldung der USA das innerarabische Ärgernis Kuweit zu liquidieren. Im Falle der Kurden, der Palästinenser, des Iran, der Christen des Libanon war man auch aus Gründen der realpolitischen Räson nicht so pingelig mit den Menschenrechten und der Demokratie bisher.

Wie es überhaupt Anlaß zu der Sorge geben könnte, daß die Revolutionen im Nordosten, die ja immerhin eine Basis haben in der Theorie des Marxismus, und in der Sache mit dieser Theorie auf eine Weise übereinstimmen, die man durch das laute Begrüßungsgeräusch der Siegesfanfaren nicht lange wird übertünchen können, durchaus von der marxistischen, wenn nicht sogar von der Theorie von Karl Marx selbst auf eine Weise beeinflußt sein könnten, die sie erst ermöglicht hat.

Es ist durchaus denkbar, daß der 'Zündzeitpunkt' in den Bevölkerungen, die im Sinne dieser Theorie erzogen wurden, auch wenn sie dabei in einer eigenartigen Verdrehung als Herrschaftsinstrument eingesetzt wurde, eben aufgrund einer ethnologisch durchaus nicht nur an den sogenannten primitiven Gesellschaften, sondern auch z.B. in der deutschen Gesellschaft beobachtbaren, meistens weit unterschätzten Trägheit der den Alltag tragenden Überzeugungssyndrome nicht nur wegen der bürokratischen Banden im Besitz der Machtmittel und ihres Herrschaftsanspruchs, der der Theorie ohnehin widerspricht, sondern mehr noch wegen dieser Eigenträgheit der eingelebten 'meanings' an dieser historischen Stelle zu liegen kommt, also relativ 'spät', wie man meinen könnte.
Abgesehen von der Umgebungsbedingung 'politische Entspannung', die das mit freigesetzt haben kann, kann man kann diese merkwürdigerweise unbemerkt bleibende Eigensinnigkeit der eingelebten Bedeutungen und Sichtweisen der sozialen Wirklichkeit z.B. in Deutschland nicht zuletzt an dem eigentlich unglaublichen 'faschistischen Mißverständnis' der Kritik der politischen Ökonomie erkennen, die ja sogar bei bundesrepublikanischen Linken erkennbar ist und das besonders merkwürdige Phänomen der Möglichkeit des Linksfaschismus hervorbringen konnte, und auch diesen linken Karrierismus, der diese Salonlinke vor allem längst vor sich selbst unglaubwürdig und korrupt erscheinen ließ, als sich ihre Niederlage angesichts eines äußeren Gegners noch gar nicht abgezeichnet hatte in dieser Deutlichkeit, also diese Mischung aus 'naiven' deutschen Überlieferungen und (wir reden hier von den sozial-psychologischen Grundlagen dessen, was sich in den Fraktionen des deutschen Bürgerkriegs über die verschiedenen Machtergreifungen hinweg auf verschiedene Weise und mit unterschiedlichem Erfolg in Ost- und Westdeutschland nach dem Durchgang durch National- oder sonstigem Sozialismus, im Sinne einer Bennennung, die auch anders sein kann ohne daß sich dabei die Sache verändert, eine institutionelle bzw. 'staatliche' Basis verschafft hat um sich auf dieser Basis zu konsolidieren) auswendiggelernten Sentenzen, die deren Kritik transportieren sollten, die an diesen sozialen Formen geübt worden war. Und auch dieses Mißverständnis der Theorie durch ihre angeblichen Protagonisten, die sich bis dato keine Vorstellung von der Zumutung machen können, die die Theorie an sie stellte, es sei denn, sie gestünden sich die Ursachen ihrer Niederlage ohne diesen Projektionsumweg über den bösen Gegner ein, der dies, so gesehen, zu Recht und mit sicherem Instinkt für die Scharlatanerie als Blödsinn abgefertigt hat, ist Teil des Syndroms. Aber andererseits ist dieses Syndrom der Impotenz der Protagonisten des Sozialismus nichts im Prinzip, das heißt: weil diese der Zumutung, die die von ihnen in Anspruch genommene, über ihre Kräfte gehende Theorie und Praxis nicht gewachsen waren und sind, ist das nicht gleichbedeutend damit, daß der Mensch ihr prinzipiell nicht gewachsen sei, sondern auch dies ist ein Teil des Syndroms der unbewußt gewordenen Rückständigkeiten und der Zähigkeit der unverstandenen, durch die Organismen und ihr vermeintliches Selbstbewußtsein hindurch wirkenden sozialen Konstruktionen der gesellschaftlichen Alltagswirklichkeit, die sich ja im Anschluß an die Machtergreifung im Jahre 1933, im Anschluß also an einen Kulturputsch der Unteroffizierskaste und der (eigens zu diesem Zweck) 'engagierten Jugend' eine institutionelle Basis schaffen konnte in den von organisierten Straßenbanden gebrandschatzten Kulturinstitutionen des ansonsten, bis auf die Hohlformen, abgeschafften und in ihrer personellen Substanz (die die Grundlage der Kontinuität eines Kulturverständnisses ist und bleibt) buchstäblich ausgeräucherten und ausgegasten Institutionen des bürgerlichen Staates, eine Basis, die es erlaubte, den Grundlagen dieser Machtergreifung, ein Syndrom der Rückständigkeit, die der Nationalsozialismus wie der so verstandene Kommunismus eo ipso sind, mit sogenannten wissenschaftlichen Mitteln und unter Anmaßung der legitimen Sachwalterschaft für die toten Bestände der Überlieferung, eine wissenschaftliche Basis mittels Legitimation durch Verfahren zu verschaffen, die der Symptomatik nach dasselbe, mit leicht verschobenen Inhalten aus dem selben 'Topf' darstellt und ist, wie die inkriminierten Ideologien soziologisch und psychopathologisch bis in's Innerste verwandten, im Spiegelbild der Feindschaft gewissermaßen symmetrisch-seitenverkehrt erscheinenden Selbstrechtfertigungen der Bürokratenbanden des Ostens; zudem bedienen sich alle aus den Arsenalen des Deutschen Bürgerkriegs.

Ist so einerseits die westdeutsche Linke von wem auch immer - der böse Blick des Gegners muß nichts schon deshalb an der Wirklichkeit vorbeigehen, weil der Blick böse ist und der Andere ein Gegner - zu recht und angemessen als die Farce zu der Tragikomödie des ostdeutschen Kommunismus, ihre Scharlatanerie und Inkompetenz, ihr Karrierismus und die exakte Entsprechung zu der ostdeutschen Korruption und Gewalttätigkeit, so ist doch beides zugleich Teil des deutschen Syndroms, dessen anderer Teil der Nationalsozialismus und seine ebenso heimliche wie anhaltende und konsolidierte intellektuelle und politische Herrschaft in Westdeutschland ist.

Und das macht die Interpretation aus einer Quelle der Bedürftigkeit erklärlich, die Blößen zu bedecken hat: denn wenn es einerseits richtig ist, daß die Linke in Deutschland korrupt und impotent, halbgebildet und verlogen und gewalttätig war unter Umständen, unter denen sich das, wenn überhaupt, nicht rechtfertigen läßt, so ist andererseits doch ebenso richtig, daß die Revolutionen im Osten, ob sie nun als Sieg über den Kommunismus unter voreiliger Preisgabe besser aus diplomatischen Gründen unterdrückter Motive gefeiert werden oder nicht, Revolutionen gegen erstarrte Bürokratien sind, und das ist auf keinen Fall eine Versicherung dagegen, daß auf der Suche nach Sündenböcken nicht auch hierzulande einmal erstarrte Bürokratien Opfer eines Angriffs werden können, die sich heute noch sicher fühlen.

Wollte man zynisch sein, dann müßte man sich zu einer Politikberatung entschließen, die kurz besagt: es hängt eben alles davon ab, unter welchen Umständen und auf wessen Kosten sich eine ausreichende Mehrheit für die Fortsetzung der Herrschaft mit welchen Mitteln auch immer so begünstigen läßt, daß sie wenigstens vorläugig weiter hält. Daß dies alles sich sehr schnell ändern kann, und zwar schlicht bei Futtermittelknappheit i.w.S., das ist die Lehre aus dem Anblick, der sich im Osten derzeit bietet. Und da die Grenzen ja nun, wie gewünscht, offen sind, kann sich das auch hier schnell ändern.

Denn es könnte sein, daß sich das Versprechen eines leichten und bequemen Lebens hierzulande dort derart auswirkt, durch entsprechende Eigenpropaganda des Westens für sein Lebensmodell, daß die Aussicht, dort zu arbeiten anstatt hier zu konsumieren sich zugunsten des Westens entwickelt, und dann werden wir die neuen Konsumenten, die sich die hiesige Industrie und der Handel so wünschen bald hier begrüßen können. Das erspart immerhin die Transportkosten. Und die westdeutsche 'Linke' ist ja Teil dieser Bürokratie, der hiesigen.

Gewiß, die Transformation des Römischen Reiches, der langsame militärisch-politische Untergang Ostroms, die geographischen Verschiebungen der Machtzentren, die die Vorgeschichte der europäischen Moderne ausmachen, vollzogen sich langsam, waren zu messen in Jahrhunderten, aber diese Geschichte kann lehren, daß den organisatorischen und militärpolitischen Vorteilen der jeweiligen Machtzentren die aus dem Hunger, der Sehnsucht, der Demütigung, der Armut oder der Gier der die Weiten der Räume jenseits der Grenzen bevölkernden Menschenmassen - mit niedrigerem Aus-Bildungsstand und höherer Reproduktionsrate - erwachsende Energie auf lange Sicht unzweifelhaft überlegen gewesen sind.

Nicht also, daß hier - um das zu wiederholen - irgend Kritik an einer machtpolitischen Einstellung geübt würde. Eher wäre zu fragen, wie der Vietnamkrieg vor dem Hintergrund eines klaren machtpolitischen Kalküls eigentlich zu bewerten ist, und nicht zuletzt auch hier, in dieser immer wieder zu beobachtbaren politischen Inkonsequenz einerseits verbaler machtpolitischer Erklärungen (starker Sprüche) bei ausreichenden militärischen Potentialen, und andererseits dem faktischen Zurückschrecken vor der militärpolitischen Konsequenz solcher Erklärungen nicht nur, sondern auch der aufgrund solcher Erklärungen eingeleiteten Handlungen liegen unwägbare Risiken verborgen, die sich langfristig ungünstiger auswirken könnten als ein Handeln, das mit sei es auch machtpolitischen Erklärungen konsequent übereinstimmt.

Der Verdacht, daß hier in der Tat nicht eine Propaganda vorliegt, die die Vorgänge bewußt und vorsätzlich in ihrer Bedeutung herunterspielt, um die Konsequenzen des Engagements vorerst aus dem Bewußtsein der Bevölkerung zu halten - daß es sich nämlich um ein Engagement handeln muß, das auf nicht mehr und nicht weniger hinausläuft als die Verhinderung einer vom wem auch immer ausgehenden arabisch-islamischen 'Reconquista', und daß dies bedeuten muß: langfristiges militärisches Engagement in einer Kultur, die den ‚Ungläubigen’ mißtrauisch, wenn nicht letztlich feindselig gegenüberstünde, selbst wenn es nicht auch um einen politischen Gegensatz ginge, der sich auf ökonomische Gründe ohne großen Spielraum seiner Abmilderung gründet, und zwar in Abhängigkeit von der Zeit, die die einzige Ressource zur politischen Selbständigkeit der arabisch-islamischen Kultur aufzufressen im Begriff ist - macht die Sache fataler. Wenn diese Unterspannung des politischen Bewußtseins durch einen Pragmatismus, der nur noch in der Terminologie der Erhaltung des Luxus der US-Amerikaner verständlich wäre und dem gemäß - "drivin' in my car, car, drivin' in my car, car, drivin' in my car, car, drivin' in my car" - in der Tat ein Hinweis darauf sein sollte, daß sich die US-amerikanische Kultur und Politik in der Erhaltung eines Freiheitsverständnisses erschöpft, das sich in der sinn- und verantwortungslosen Vergasung der materiellen Grundlagen der Existenz der arabisch-islamischen Welt ausagiert, also nicht einmal die Rationalität einer machtpolitischen Langfristigkeit besäße, und somit Ausdruck wäre einer ungeheuren, spätrömischen oder spätathenischen Heruntergekommenheit der Juppie-Generationen, die die heimische Industrie ebenso zu ruinieren droht wie die Partner solcher Außenpolitik jedenfalls in diesem Falle, letztlich also Ausdruck und Symptom einer nihilistischen Endzeitstimmung karrieristischer, aber sonst vollständig unverantwortlicher Politik einer luxurierenden, vorsätzlichen Verschwendung der Welt sein müßte (in der Einbildung, die Produktivität von industriellen Gesellschaften sei schon deshalb über die Geltung des Wertgesetzes erhaben, weil es gelungen scheint, die Grundlagen der sozialistischen Politik, nämlich die Einsicht in die Zusammenhänge zwischen Natur, Arbeit und Wert, aus dem Bewußtsein auch und natürlich vor allem der vom Nobelkommitee prämiierten Ökonomen zu verdrängen - und zwar durch die Voraussetzungen der Prämiierung - , die meinen, die Gesellschaftstheorie nach der 'Überwindung' der jüdischen Kritik der politischen Ökonomie des Abkömmlings aus einem Trierer Rabbinergeschlecht auf das Niveau der Betriebswirtschaft herunterbringen zu können, und mit dem Schnörkel der 'Ökologie' versehen, die als ein Rest in diese Betrachtungsweise hineinsteht, von dem man eigentlich nicht weiß, wie er systematisch verursacht und einzuordnen ist, während man auch dies betriebswirtschaftlich handhaben sucht, statt den Bevölkerungen klarzumachen, was unausweichlich kommen muß, daß die 'Ökologieproblematik' nämlich eine systematisch aus dem Wertgesetz resultierende Erscheinungsform ist, in der die organisierte menschliche Arbeit an die Grenze ihrer expansiven Möglichkeiten stößt mit der einzigen Chance einer bewußten, gewollten, und aus Einsicht gesteuerten politisch-ökonomischen Inversion der Dynamik der Industriegesellschaften, dann zur Grundlage einer den Namen verdienenden Politik machen zu können), dann wäre das in der Tat auf keine Weise ethisch-moralisch, aber auch im Sinne rationaler Machtpolitik überhaupt zu unterstützen. Anders gesagt: wenn die Amerikaner einerseits keinen machtpolitischen Kalkül vorlegen (und ihrer und der Bevölkerung der Verbündeten plausibel machen können oder wollen), der die Notwendigkeit und die unumgänglichen Ziele einer langfristigen Politik gegenüber den nominellen Inhabern der von den Industrieländern aus innenpolitischen Gründen zu einem angemessenen politischen Preis benötigten Energieressourcen ihrer Wirtschaft nicht nur rational verständlich macht, sondern ihnen auch die notwendige emotionale Unterstützung, als Bereitschaft zum Kampf und als Wille zum Sieg bzw. dessen Voraussetzung sichert, und wenn andererseits diese Bevölkerungen gar nicht begreifen wollen, daß dieser rein machtpolitische Kalkül das einzige wirkliche Motiv sein kann zur Führung eines Krieges in den arabischen Ländern und gegen die Führung der Reconquista, den sie somit selbst wollen müssen um der Erhaltung ihres Lebensstandards willen - einmal vorausgesetzt eine arabisch-islamische 'Reconquista' müßte für diesen Lebensstandard ausschließlich als Gefahr, und in keiner Weise auch als Chance verbucht werden - und wenn schließlich eine ethisch motivierte Politik gegenüber dem gesamten Problem, die ich einmal hilfsweise, gegen die derzeitige Tendenz, aber in Übereinstimmung mit der Substanz in der Sache, die solcher Politik zugrunde liegt, als das Charakteristikum sozialistischer Politik bezeichne, auf jeden Fall aber unangreifbar als Charakteristikum einer Politik der globalen (Mit)-Verantwortung, also unabhängig zunächst von den meinetwegen in gewissem Grade privaten Metaphern, mit denen sie begründet werden kann, nicht möglich erscheint, also auch kein ebenso motiviertes Engagement, dann ist die Frage, wie ein solcher Krieg eigentlich führbar sein soll gegenüber einem Gegner, der sich keineswegs auf rationale Motive seiner eigenen Verteidigungsmotive oder seiner Offensive reduzieren lassen wird, sondern im Zweifel als Ziel seiner Politik und Kriegführung die Vernichtung der Welt, in der dieser sein Gegner siegreich sein könnte, anzuzielen bestrebt sein muß, weil er die Niederlage nicht hinnehmen kann und will.

So gesehen ist Fundamentalismus die Position der endgültigen Antwort des Menschen auf die durch keine Belehrung zu begrenzende Angriffswut des Homo sapiens. So widersprüchlich, lieber Leser, sind die Sachen.

Wählen wir einmal, aus Gründen der Vermeidung der Anstößigkeit, anstatt der Bezeichnung 'sozialistische Politik' für das Gemeinte den Terminus 'Politik der Verantwortung', ohne daß wir hier den öffentlichen Preisträgern das Wort reden wollen, an deren Terminologie das anzuklingen scheinen könnte, die ja auch nur das Unglück gehabt haben können, in die Koordinatensysteme der Zweckauszeichnungen durch die 'kulturellen Eliten' geraten zu sein, und deren persönliche Integrität wenigstens bis zum Moment der Preisverleihung nicht korrumpiert sein muß durch die Altersschwäche -  die viele Denker angesichts des Endes ihres Lebens befällt - so daß sogar eine Preisverleihung ihre Überlegungen vielleicht nicht restlos korrumpieren kann, also nur um dem Schema Sozialismus/Kapitalismus und ergo Freund/Feind zu entgehen, was uns nicht gelingen wird, dann ist die US-amerikanische Politik derzeit vor dem Hintergrund einer Politik der Verantwortung, ungeachtet ihrer Möglichkeit, nicht verständlich, machtpolitisch aber inkonsequent und auf gefährliche Weise kurzsichtig, weil und insofern sie mit den Mitteln des Ressentiments und der Aufwiegelung arbeitet, und mit einem Mangel an Bewußtheit in Bezug auf das Problem behaftet, von dem man nicht zu sagen weiß, ob es sich nicht nur um eine propagandistische Zweckbagatellisierung handelt - der z.B. ein klares politisch ausformuliertes Bewußtsein der US-amerikanischen Politik von einer von einer arabischen 'Reconquista' ausgehenden langfristigen Beeinträchtigung der US-Wirtschaft entspräche (im durch die Massenpropaganda abgedeckten Hintergrund) die sich wenigstens zur Zeit, wenn überhaupt, nicht anders verhindern läßt als durch eine militärische Intervention, die die dafür vorhandenen politischen, sozialen und militärischen Ressourcen zerstört sowie eine Verfügung über finanzielle Grundlagen, aus denen sich solche Potentiale bilden lassen unterbindet durch eine entsprechende langfristige Präsenz entsprechender eigener Potentiale - weil man nicht wagen kann, es beim Namen zu nennen; wenn man sie dagegen aufzufassen versucht als pragmatische Politik in Bezug auf die Wahrung eines kurzfristigen Interesses an der Kontrolle über die Ressourcen an fossiler Energie in dieser Region, dann scheint es so zu sein, daß es einen Widerspruch gibt zwischen der Art der öffentlichen Verteidigung der Eindämmung des 'Diktators' des Irak und der wirklichen kollektiven, unumgänglichen Feindseligkeit einer sich in ihren vitalen Interessen, in ihrem Lebensstandard bedroht fühlenden Bevölkerung, deren Gefühle doch als Voraussetzung für den Kampf und den Willen zum Sieg unumgänglich vorausgesetzt werden müssen, damit das politische Ziel nicht nur in der dünnen Luft der Juppie-Eliten US-Amerikas hängt und keinen ausreichenden 'support' in der Bevölkerung hat.

Die Erklärungen, die man zur Wiederherstellung der Privilegien von den Interessen kolonialistischer Politik begünstigter parasitärer Bevölkerungsgruppen des arabischen Raumes und deren Regimen abgibt, sind nicht überzeugend: denn die Verteidigung der westlichen Demokratien oder ihrer Vorstellungen von Menschenrechten ist in diesem Kontext kein Thema, aus dem sich wirksame Propaganda machen läßt. Im Gegenteil, es ist die Grundlage dieser Propaganda, die sich hier auf einmal unvermittelt als Hindernis für eine angemessen nüchterne Realpolitik erweisen müßte.

Insofern sind die politischen Linien hier unklar: zwischen einer pragmatischen Politik des laissez faire, die sich am Rande des Zynismus auf Menschenrechte und Demokratie beruft, ohne sich indessen real darin zu verwirklichen oder auch nur Ansprüche auf Vollständigkeit anmelden zu können, und einer ungeschminkt machtpolitischen Einstellung, die darauf verzichten muß Propagandamittel in Anspruch zu nehmen, die ihr auf die eigenen Füße fallen und sowohl eine innenpolitische als auch eine außenpolitische Lähmung der Politik herbeiführen, dagegen unversehens die moralischen Energien fundamentalistischer Politik oder auch einer Politik der Verantwortung - und d.h. in Rücksicht auf die globale Ökonomie: einer an der menschlichen Zukunft bzw. Identität orientierten Politik - freizusetzen in der Lage sein könnten, die eine einmal auf sie und ihre Kategorien gepolte 'Weltöffentlichkeit' bzw. die Interessen einer machtpolitisch grundsätzlich in Bezug auf die Mittel bevorzugte Gruppe mit Selbsterhaltungsinteressen rücksichtslos privilegieren ohne Rücksicht auf das Übrige, führt daher ein enger, wenn nicht unbegehbarer Pfad.

Auf der anderen Seite ist die Politik der arabisch-islamischen Kulturen nicht festzulegen auf die üblichen rationalen Kriegsziele, die den Krieg dem politischen Kalkül unterordnen und den Kampf durch politische Zielsetzung begrenzen. Das liegt weniger an der notorischen angeblichen islamischen Neigung zum Irrationalismus, sondern vielmehr an den derzeitigen Aporien islamisch-arabischer Politikchancen.

Die Politik der arabisch-islamischen Kulturen wird, Niederlage oder Sieg, langfristig jedenfalls angesichts der unbezweifelbaren politisch-ökonomischen Interessen, alleingelassen in der Auseinandersetzung mit den klassischen Gegnern und unter den Bedingungen der Möglichkeit absoluter Zerstörung der Welt den absoluten Zweck der bewaffneten Vernichtung einer Welt zum Ziel haben, die für eine angemessene Entwicklung der arabisch-islamischen Kulturen im Koordinatensystem sei es einer machtpolitischen Knebelung durch rationale westliche Interessenkalküle oder als Spielball zwischen Positionen, die zwischen rationaler Machtpolitik und einer Propaganda der Politik der Verantwortung bei ansonsten praktischer Ausrichtung einer ökonomischen Taktik des 'business as usual' mit dem immergleichen Ziel der wirksamen Niederhaltung der islamischen Kultur hin- und herschwanken - ausbrechen in den absoluten und irrationalen Zweck einer Vernichtung der Welt, die keinen Raum für eine (wieder-vereinigte) islamische Welt zu lassen scheint, in der die islamischen Kulturen sich aufgrund ihrer eigenen Verfassung sicher fühlen können vor der Möglichkeit politischer und ökonomischer Er-Pressung.

Die Existenz und Rolle des Staates Israel sowie sein machtpolitischer Zweck als 'Kreuzfahrerstaat' ist hier von nicht zu unterschätzender Bedeutung. In der Tat ist die Existenz dieses 'Brückenkopfs' und 'Flugzeugträgers' an den Gestaden der islamischen Welt für diese eine unerträgliche Wunde. Die Versuche, das mit rationaler Politik zu übertünchen sind langfristig vergebens. Dies und nichts anderes ist aber der Schlüssel zu aller Politik gegenüber den arabisch-islamischen Ländern und deren innerer Dynamik.

Im Westen ist die 'Verteidigung' der Königtümer am Golf nicht als in sich sinnvolles Ziel einer dem Kampf nicht ausweichenden Politik der Demokratien verständlich zu machen. Außerdem gehen hier die Erklärungen durcheinander: denn einmal wird die Kontrolle der fossilen Energie-Ressourcen, dann wieder die Unverletzlichkeit der Grenzen, dann das Selbstbestimmungsrecht der Völker, und als Ziel die Wiederherstellung der alten Herrschaftsverhältnisse als ein den Krieg rechtfertigender Grund für eine Intervention genannt. Dabei ist von dem u.U. auch in mehrerer Hinsicht - angesichts der damit derzeit angesprochenen verbündeten Bevölkerungen bzw. ihrer Regierungen, aber auch angesichts einer Parallelisierung der deutsch-alliierten Konfrontationsgeschichte mit der arabisch-westlichen des derzeitigen Bündnissystems der Nato, die im arabischen Raum des Mittleren Ostens ohnehin gang und gäbe ist - riskanten Vergleich der irakischen Führung mit dem Nationalsozialismus einmal abzusehen, notfalls mangels Kompetenz für eine Beurteilung dieses Vergleichs.

Schon gar nicht die Wiederherstellung eines 'Königreiches' einer von Arbeit freigestellten irrsinnig privilegierten Minderheit in Arabien, die sich von Fremdarbeitern bedienen läßt auf Kosten der übrigen Bevölkerung, die man durchaus als eine kulturelle Einheit fassen muß - denn dieser Raum ist kulturell homogener als Europa, das seine politische und wirtschaftliche Union, die aus der dortigen Sicht als eine unabsehbar folgenreiche Machtzusammenballung erscheinen muß, mit verve und vorbildlich betreibt, einmal ganz abgesehen von den Deutschen, die in alle Welt hinausposaunen, wie glücklich sie sind über ihre als Ziel nie aufgegebene Vereinigung. Dies und das geschichtliche Beispiel der Gründung des Staates Israel sind hier von zwingender dynamischer Ursächlichkeit für die Bewegung und Motivation der arabisch-islamischen Bevölkerungen.

Vom Standpunkt einer Machtpolitik des Nordwestens erscheint es rational, der islamischen Politik den politischen Willen des Westens aufzuzwingen. Das widerspricht aber dem Selbstbestimmungsrecht der Völker, wie immer widersprüchlich sich das im islamisch-arabischen Kulturraum auch derzeit darstellen mag.

Vom Standpunkt einer Politik der Verantwortung erscheint es unmöglich, sich einer solchen Machtpolitik als Bündnispartner darzustellen, selbst mit einem Augenzwinkern.

Vom Standpunkt westlicher Innenpolitik erscheint es nicht geraten, das Szenario der Kalküle einer Politik, die sich an den machtpolitischen Interessen einer Politik der Niederhaltung der islamischen Länder orientiert, überhaupt in den Bereich der öffentlichen Rhetorik der Steuerung der Bevölkerungen treten zu lassen. Andererseits gibt es hier eine ausreichend große Bevölkerungsgruppe mit einem Bildungsgrad, der mindestens die schwer erträgliche Widersprüchlichkeit, die Inkonsequenz und damit auch den Zynismus, der mit einer noch größeren Dummheit der Objekte solcher Erklärungen der Politik im Vergleich mit ihren Propagandisten kalkuliert, der öffentlichen Erklärungen bemerkt, d.h. aber ihren Status als Propaganda, die sich als Analyse aufmacht und Rationalität beansprucht.

Vom Standpunkt einer denk- und erkennbaren rationalen, sei es machtpolitischen oder an den Selbsterhaltungsinteressen auch nur defensiv interessierten islamischen Politik, die ja auch aus Selbsterhaltungsinteresse dazu gezwungen sein könnte, sich in den Besitz und die Verfügung der Ressourcen der islamischen Länder zu setzen - und das sind das Territorium, die Bevölkerungsressourcen und die fossilen Brennstoffe - also derart, daß die 'Aggression' des Irak in ihrem Charakter auf ihrem Hintergrund defensiv zu verstehen wäre und nicht offensiv, erscheint ein Kompromiß mit welcher Variante westlicher Politik auch immer, wenn sie nicht auch die Verantwortung für die islamische Politik und deren vitale Interessen mit berücksichtigt, langfristig in keinem Fall möglich.

Die Situation der Einkreisung, die sich damit abzeichnet, und der Knebelung, schafft den Boden für politische und militärische Ziele, die aus dem Boden eines Reflexes dieser Lage wachsen und die man als lediglich 'geistige' oder unangemessene 'religiöse' Phänomene, denen man bessere (christliche) entgegenzusetzen habe, nicht angemessen versteht; denn es ist einem, der sich stranguliert und um seinen Besitz gebracht fühlt - aufs Ganze der Bevölkerungen und ihrer Gesamtressourcen gesehen - von Typen, die ihm mit vorgehaltener Pistole seine Habe abverlangen, kaum beizubringen, daß seine Wünsche, daß eher alles untergehen möge als daß die Diebe, die ihn ohnehin zum Untergang zu verurteilen scheinen, mit seinem Besitz ungestraft davonkommen, wohl kaum beizubringen, daß dieselben Diebe im Unterschied zu seinen Überzeugungen keineswegs Fundamentalisten sind, also in Bezug auf ihre Überlebensinteressen moderat.

Im Übrigen ist das ja leicht zu überprüfen - indem man seinerseits zu gegebener Zeit die Waffe zieht und (zurück-)verlangt, wovon man meint daß es nötig sei - wie fundamentalistisch solche Realpolitik jeweils ist. In dem Zusammenhang ist nochmals darauf hinzuweisen, daß Fundamentalismus ein ursprünglich US-amerikanisches und spezifisch aus dem angelsächsischen Raum bzw. aus einem anglisierten Calvinismus herstammendes Phänomen ist, das u.a. auch zur Ausrottung der autochthonen (indianischen) Kultur 'berechtigt', ihr jedenfalls als Motiv der Rechtfertigung gedient hat. Man darf die keineswegs erledigte Wirksamkeit dieser religiösen christlichen Motive durchaus in den Kalkül ziehen als faktisch wirksame Größen mindestens einer wirksamen und daher möglichen, wenn auch eher auf das Niveau des Ressentiment heruntergekommenen Propaganda der 'righteousness' der US-amerikanischen Politik.

Auch wenn man hierzulande wenig Freunde finden kann für diese Überlegung und ihre mögliche Rationalität, so ist sie doch nichtsdestoweniger existent und wirksam, nur eben anderswo und aus anderer Sicht und für Andere.

Aus dieser Sicht kann die Geburt eines politisch-militärischen Zieles aber vielleicht verständlich werden, das alle politische Zwecksetzung in's Absolute, in's Jenseits des Endes aller Politik transponiert und von dorther denkt bzw. zu denken beginnt. Das kann den Pragmatisten und Rationalisten passen oder nicht. Es ist gerade dieser Pragmatismus, der das gebiert und dann als irrationale Spielverderberei rhetorisch zu bekämpfen versucht, oder als Fundamentalismus, und da ist man dagegen, aber das ist denen nicht beizubringen, deren Vernunft darin gipfelt, eine Welt zu vernichten, die ihnen keine Möglichkeit einer auf dem Hintergrund eines angemessenen Selbstverständnissees erarbeiteten Existenz in Übereinstimmung mit ihrer kulturellen Überlieferung und ihren vorhandenen Möglichkeiten bietet.

Dieses Motiv ist rational und eben wegen seiner tödlichen absoluten Motivlage gut geeignet als Korrektiv für ein umnachtetes pragmatistisches Verständnis, das sich dieser Möglichkeit konfrontieren kann oder es auch als idiotisch abtun kann, es jedoch besser als Wirkung einer Ursache in's Auge fassen sollte, die es selbst ist.

Die Frage ist aber nicht, wie man das beurteilt, sondern ob man und wie man dieses Motiv einer möglichen Politik, das sich als Konsequenz der eigenen überlegen ausgestatteten Rationalität und ihrer pragmatischen Bescheidenheit verstehen läßt, entschärfen, mildern kann derart, daß es selbst sich wieder aus dem Jenseits der Welt in die Welt herabbegibt, die es von einem 'transzendenten' Motiv her ansonsten vital bedroht.

Die Ankündigung, die darin zu sehen ist, besteht ja in der entschlossenen Bekundung einer Behauptung der eigenen Identität selbst um den Preis der Hinnahme der physischen Vernichtung. Daran kann sich dann ja Realpolitik, wenn sie sich schon nicht als Politik der Verantwortung, sondern als Machtpolitik einzig rational vorkommt, beweisen, daß sie ihre eigene Konsequenz verhindert, nachdem sie sie ins Auge gefasst hat, ganz pragmatisch, versteht sich.

Es ist klar, daß diese Analyse vorerst nur darauf hinweisen kann, daß die in der öffentlichen Propaganda der Bewußtseinssteuerung der Bevölkerung Widersprüche latent sind, die auf den Gegensatz von innenpolitischen, sozialtechnologisch motivierten Steuerungswünschen gegenüber einer Bevölkerung beruhen einerseits, und den von diesen Maßnahmen verdeckten wirkenden Erfordernissen einer an der Selbsterhaltung orientierten Außenpolitik der nördlichen Hemisphäre, und daß sich dieser Widerspruch nunmehr einer unmittelbaren Verfügung über das Bewußtsein und die Handlungsbereitschaften des Bevölkerungspotentials der hochtechnologisierten Industrieländer für deren unmitttelbar aufbrechende außenpolitische Überlebensinteressen und den sich aus ihnen ergebenden Handlungszwängen entgegenstellt.

Das würde ein Hinweis darauf sein können, daß sich die Herrschaftsideologie der 'guten Hirten' der auf der Basis der Verabreichung von Beruhigungspillen innenpolitisch herrschenden Gruppen, die ihre Herrschaftschance aus einem propagandistischen Entgegenkommen gegenüber weiten Bevölkerungskreisen, und gegenüber einem falschen Bewußtsein über die wirklichen Lebensgrundlagen der Bevölkerungen der westlichen Industrieländer ziehen, im entscheidenden Moment selbst ernsthaft in den Weg geraten könnte, wenn nicht sogar dem Selbsterhaltungsinteresse des wohlverstandenen Ganzen.

Dann aber wird es möglicherweise in weiten Teilen dieser Bevölkerungen an der kollektiven Bereitschaft zur notfalls auch bewaffneten Verteidigung derselben Lebensgrundlagen fehlen, die andererseits diesen sedierenden Kompensationsbedarf an Illusionen über diese Grundlagen desto mehr erzeugen, je präkerer die Gesamtlage wird und je dringender die bewußte Entscheidung eines wie immer definierten Kollektivs für die aktive Verteidigung dieser Lebensgrundlage wird, was eben u.U. auch einschließt, daß man die Motive des Gegners zwar einsehen und insoweit verstehen kann, aber ebenso gut oder gerade deshalb die Entscheidung für das eigene Überleben notfalls auch auf Kosten des Gegners nicht behindert.

Was dem gemäß notwendig wäre, das wäre eine in dieser Hinsicht konsequentere Innenpolitik in den durch gemeinsame Selbsterhaltungsinteressen umschreibbaren Gemeinschaften, die die innenpolitische Spaltung der Bevölkerung verhindert durch entsprechende materielle und intellektuell angemessene Maßnahmen, also eine Überprüfung der materiellen und intellektuellen Steuerungsmechanismen, die eine notwendige Bündelung der Kräfte ermöglicht.

Man muß diesen machtpolitisch nackten Kalkül nicht unbedingt sympathisch finden um ihn wenigstens durchdenken zu können, und als Analytiker kann man sich ohnehin den Gegenstand nicht nach Belieben zurechtbiegen, am wenigsten im geschichtlich-sozialen und anthropologischen Bereich. Die Wahl, die Entscheidung, fällt erst dann bewußt, wenn sie im klaren Bewußtsein der Möglichkeiten gefällt werden kann.

Man kann nun versuchsweise einmal die kategoriale Topographie möglicher Typen der Politik von der Topographie der globalen Land- und Seekarten trennen. Dann ergibt sich folgendes Bild zunächst von drei möglichen Typen der gegenwärtigen Politik - wobei hier auf den 'klassischen' Unterschied zwischen Innen- und Außenpolitik verzichtet werden kann:

a) die Politik ist Machtpolitik im Dienste eines um den Begriff der Ordnung vor dem Hintergrund eines auf die eigene Bezugsgruppe verstandenen Rechts auf Selbsterhaltung und orientiert an einer langfristigen Vorstellung von ihres Erfolges.

b) die 'Politik' ist genaugenommen eine Variante von 'Verhalten', also auf den ersten Blick der klassischen Machtpolitik ähnlich, aber sie verwendet, bei Licht besehen, politische, technische, militärische Mittel ohne ein lang- oder mittelfristiges Konzept. Dieser Typus der Politik ist auf die jeweilige Gegenwart und deren kurzfristige Erfordernisse bezogen. In diesem Sinne ist sie mit dem Terminus 'pragmatisch' richtig bezeichnet.

c) die Politik ist Politik unter dem Gesichtspunkt der Verantwortung für den Menschen, verstanden im Sinne eines langfristigen, und global ausgelegten, die Verschiedenheit der Weltkulturen berücksichtigenden theoretischen Konzepts, das, wie immer man das sonst verstehen will, auf ein leitendes Verständnis einer Einheit von gesellschaftlicher Entwicklung, der globalen Ökonomie dieser Entwicklung, und der Einheit von Ökologie und Ökonomie und Kultur jeweils auf die Gegenwart unter dem Gesichtspunkt einer vergangenen Zukunft vorblickt. Diese Politik ist geleitet von einer Vorstellung von einer Gesamtverantwortung für die Erhaltung einer von einem Prinzip her betrachteten globalen menschlichen Gemeinschaft.

d) die Politik zentriert ihr Motiv um einen Fundamentalismus, der seinen ethischen Irrationalismus, das ist: seine kontrafaktische Begründung im Bewußtsein der Kontrafaktizität, die jede normative Einstellung charakterisiert, also auch jede gewöhnliche Erziehung, seine transzendentale Positionalität aus der politischen Wirklichkeit einer ausweglosen Lage und aus der Ausweglosigkeit einer solchen Lage bzw. dem Dafürhalten, daß dies so sei, die Energie eines Handlungsmotivs bezieht, das eine Welt zum mindesten vernichten will und wird, wenn es in den Besitz der Mittel gelangt, die dazu notwendig sind, in der es für eine erhebliche Gruppe, wie immer sie sich definiert in dem oben angesprochenen, innen- und außenpolitische Schranken übergreifenden Sinne, keine angemessene Lebenschance zu geben scheint, die die kulturelle Identität einer in die Enge getriebenen Gruppe noch gewährleisten könnte.

e) Die Politik fällt auf ihre eigene Propaganda herein und ersetzt schließlich die machtpolitischen oder pragmatischen Motive des Handels mehr oder weniger durch affektiv bestimmte Handlungsgründe, deren Repräsentanzen im Bereich der Begründungen sich letztlich aus der Weigerung zur Kenntnisnahme der möglichen Handlungsgründe des Gegners, durch eine machtmittelgestützte Ignoranz bzw. einer Verleugnung der Realität - im Sinne der kurz- und langfristig erheblichen Umgebungsbedingungen für eine bestimmte Politik - ergibt.

Wenn wir diesen fünf Typen der Politik, die sich unter den gegenwärtigen Umständen denken lassen als reine Typen, Namen zuordnen, dann nur um mit diesen Kürzeln hantieren zu können:
das wären dann

a) 'klassische' Machtpolitik.

b) 'pragmatische' Politik.

c) Politik der (globalen) Verantwortung.

d) 'nihilistische' Politik.

e) Politik des Ressentiment.


Man muß die genetischen Zusammenhänge zwischen diesen fünf Typen erkennen: ("Seht euch diese Typen an!"); sie entstehen jeweils durch einen Umschlag aus einem anderen Typ, ähnlich wie sich das Aristoteles in Bezug auf die Typen der von ihm beschriebenen Herrschaftsformen vorstellt, man kann auch sagen - horribile dictu - durch eine Wende, indem ein solcher Typus gewissermaßen seine Möglichkeiten überreizt.

Politik der Verantwortung entsteht aus einem Ungenügen an der Machtpolitik.

Nihilistische Politik bzw. Politik aus fundamentalistischen Motiven mit einer möglichen Konsequenz nihilistischer Politik entsteht aus der Enttäuschung an der Politik der Verantwortung angesichts ihrer Ohnmacht gegenüber reiner Machtpolitik vom Typ a) oder als Reaktion auf pragmatische Machtpolitik vom Typ b) von Seiten überlegener Gegner und eines Angriffs auf die kulturelle Identität einer Gruppe.

Es ist dabei kein Widerspruch in Bezug auf das doppelte Attribut des letzten Typus konstruierbar, es sei denn in der Richtung des Umschlags, insofern nihilistische Politik machtpolitisch absolute Überbietung der Machtpolitik ist, während Fundamentalismus der vorläufige Rückzug auf ein transzendentes (ethisches, kulturelles, jedenfalls anthropologisch mögliches und verstehbares resp. religiöses) Motiv ist, aus dem ein in die Enge getriebener Selbstbehauptungswille das Recht bzw. die Legitimation zur Vernichtung des Ganzen zu ziehen imstande ist, das ihm keinen Raum läßt.

Man kann also sehen, wie die fünf Typen auseinander hervorgehen durch Wirkung aufeinander, wobei der Typ b) am ehesten als durch Degeneration aus Typ a) entstanden gedacht werden sollte.

Man wird also auch von keinem der fünf Typen behaupten können, er habe kein Interesse an Selbsterhaltung oder seine Motive seien irrational. Es handelt sich vielmehr genaugenommen um verschiedene Varianten in der Form, die dasselbe Motiv der Selbsterhaltung annehmen kann.

Denn der Ernst des in's Absolute übersteigerten Willens zur Selbsterhaltung der Identität selbst um den Preis der Vernichtung des Ganzen ist ja auch als Ankündigung zu verstehen, daß auch eine unmittelbare Niederlage diesen Willen nicht beeinträchtigen kann und daß er defensiv bereits dann seine Sache als zum Erfolg geführt betrachten will, wenn die Ergebnisse eines Sieges des Angreifers in seiner durch den Angegriffenen bewirkten Vernichtung der eigenen Lebensgrundlagen des Angreifers besteht, auch dann, wenn das die Niederlage oder die physische Vernichtung des Angegriffenen einschließt.

Deren Antipode ist der reine Typus der Machtpolitik, die ihre Mittel auf die Niederwerfung des Gegners hin berechnet und dabei gewöhnlich das Selbsterhaltungsinteresse des Angegriffenen im Sinne des physischen Überlebens zum Bestandteil der eigenen Kalküle macht.

Die politisch von ihren Folgen her vermutlich gefährlichste Variante ist die degenerierte Machtpolitik des Typ b). Sie ist, im Gegensatz zum reinen machtpolitischen Kalkül nicht berechen-, also auch nicht voraussehbar und hat schwer berechenbare Konsequenzen in bezug auf das Verhalten ihrer Objekte. Man kann das am Beispiel des Rattenversuchs erläutern: ein Versuchstier, das im Labyrinth ein klar umrissenes, rationales Lernziel zu entdecken hat, wird dieses Ziel schließlich durch die Sequenzen Versuch, Irrtum, Bestrafung, Belohnung (d.i. als Grenzfall bereits die ausbleibende Bestrafung) hindurch erreichen.

Setzt man dagegen ein Versuchstier einer Versuchsanordnung aus, die in jedem Fall, ganz gleich was es tut oder nicht tut, zu einer Bestrafung führt, dann läuft das Versuchstier von einem bestimmten Punkt an unweigerlich Amok. Von der Art dieser Ursache-Wirkungszusammenhänge sind aber die Politik vom Typ b) und die vom Typ d).

die Politik des Ressentiment ist ein komplexes Phänomen einer Pathologie der Politik. Sie kann sich sowohl aus den Typen a) und b) als auch aus dem Typ d) entwickeln bzw. diese Typen der Politik mit irrationalen Auffassungen über die Gegner oder die Objekte der Politik sowie über ihren Zweck durchsetzen. Sie entspricht einer Kontamination der Politik unter dem Druck von archaischen biologisch-animalischen Reflexen (Futterneid) mit deren emotionalen Repräsentanzen und unterwerfen sie diesen nicht bewußt zu machenden, gewöhnlich feindseligen Gefühlslagen. Daß dieser Typus von 'Politik' bzw. eine Unterwerfung der Politik und ihrer Mittel (zu denen ja auch die militärischen gehören) unter genaugenommen von ihr zu gebrauchende oder besser noch zu kontrollierende Beweggründe, irrational und riskant ist wegen der Blindheit, die er verursacht, ist klar. Es ist aber nicht immer klar, wem das mehr schadet, dem/der, der/die von ihr beherrscht ist, indem er/sie sie anwendet oder vielmehr sich von ihr anwenden läßt, oder dem/der, auf die sie angewendet wird. Einer solchen Politik gegenüber ist der/die, der/die einen klaren Kopf behält, in der Situation des Toreros gegenüber dem Stier. Das ist schon ein Vorteil - wenn man mit Stieren umgehen kann...

Es ist angemessen, noch einmal ausdrücklich zu betonen, daß die Anwendung klassischer Machtpolitik durch einen überlegenen Akteur auf einen unterlegenen dennoch den Vorteil für den Unterlegenen hat, daß sie begrenzte Ziele hat und darauf kalkulierte Mittel verwendet, während die degenerierte Machtpolitik in der Wahl ihrer Mittel bedenkenlos und in der Wahl und Wechsel ihrer Ziele unberechenbar erscheint, daher den Effekt haben kann, den Unterlegenen zur Verzweiflung und schließlich zu einer Kamikazereaktion zu treiben.

Es ist klar, daß die Möglichkeit, daß diese beiden Typen aufeinandertreffen und sich zur Vernichtung der Welt verschränken, nur unter Bedingungen und Umständen denkbar und möglich wird, wenn die Entwicklung der Mittel eine Grenze überschreitet, die bei einem Aufeinandertreffen von derart motivierten Gegnern und bei einer Lage eines Ungleichgewichts der Mittel für den Angriff, nicht aber für die Selbstverteidigung, erst sich zum Grenzfall des letalen Endes des Ganzen - u.U. mit einer Zeitverzögerung dann, wenn der Angreifer bei der Verfolgung machtpolitischer Ziele rational eingestellt bleibt in dem Sinne, in dem klassische Machtpolitik es für nützlicher halten kann, den Niedergeworfenen nicht physisch zu vernichten, sondern, wenn auch unter der Botmäßigkeit des eigenen Willens zur Macht überleben zu lassen, was prinzipiell die Chance für den Niedergeworfenen offen hält, sich langfristig mit den Mitteln, mit denen er niedergeworfen wurde auch wieder von diesem Willen zu befreien - koordinieren können.

Wir sprechen hier zunächst von Motiven, die unter der Bedingung einer bestimmten Entwicklung der Mittel zu einem letalen Ende führen können, wenn der Unterlegene über Mittel der Verteidigung verfügt, die zwar auch sein eigenes Ende wo nicht nur nicht verhindern, sondern sogar mit befördern können, jedenfalls aber auch das Ende des Angreifers zum Ergebnis haben. Diese Mittel haben als Verteidigungsmittel den Sinn einer Drohung, die erst dann die Selbstzerstörung des Angegriffenen als letzte Bekundung eines angekündigten Willens zur Selbstbehauptung in Aktion bringen wird, wenn die sei es auch von dem Angreifer und seiner Rationalität bzw. der seiner politisch-militärischen Kalküle begrenzte Zielsetzung seines Angriffs sein Ziel, die Niederlage des Angegriffenen zu erreichen im Begriffe ist.

Der Sinn nihilistischer bzw. am äußersten Punkt in Nihilismus umschlagender fundamentalistischer Politik ist die Ankündigung eines entschlossenen Willens zur Selbstbehauptung für den Fall eines Angriffs auf die behauptete Grenze der wie immer, aber trans-physisch, also kulturell verstandenen Identität eines Verteidigers in unterlegener Position in Bezug auf die Mittel durch einen an Mitteln überlegenen Gegner und unter der Bedingung einer Entwicklung der Mittel, die die Ankündigung dieser Lösung erlauben.

Man kann ankündigen, daß man die Zerstörung der eigenen Existenz nur um den Preis der Zerstörung der Existenz des Angreifers zulassen wird, gerade dann, wenn man dem Angriff nichts anderes als dies wirksam entgegenzusetzen hat.

Politik der Verantwortung ist gewissermaßen die Antwort auf das durch die Entwicklung der Mittel geschaffene Dilemma der Möglichkeit einer Verschränkung von ehemals so nicht folgenreicher Motive möglicher Politik zur Ursache eines letalen Ausgangs. Politik der Verantwortung versucht einerseits, das machtpolitische Motiv an die Rationalität dieser letztlich für die Möglichkeit der Machtpolitik als politisches Leitmotiv auf neue Weise grenzsetzende Faktum der Entwicklung der Mittel anzupassen, indem sie darauf aufmerksam macht, daß Rationalität machtpolitischer Kalküle die Möglichkeit einbeziehen muß, daß ihre 'naive' Anwendung im klassischen Sinne ihre Möglichkeit vernichten kann, und versucht dem gemäß die Rationalität des Motivs nihilistischer bzw. fundamentalistischer Politik im machtpolitischen Kalkül derart zu berücksichtigen, daß sie sie in der Weise begrenzt, daß die Ratio des Fundamentalismus, abseits von seiner Verurteilung als irrational, als Bekundung eines unter allen Umständen behaupteten Willens zur Selbsterhaltung (als kultureller oder als Identität eines Willens) von seinen Möglichkeiten her verstanden und abgemildert werden kann durch eine Moderation des 'naiven' Willens zur Macht, der meint, sich um den 'zu allem entschlossenen Anderen' nicht kümmern zu müssen.

Das ist richtig, solange dieser Wille nicht die Mittel hat, seiner Niederlage für den Fall des Angriffs auf seine vitalen existentiellen Selbsterhaltungsinteresses die Antwort einer Anwendung von Mitteln entgegenzusetzen, die zwar seiner Niederlage das endliche Siegel des eigenen Untergangs aufzwingen, aber eben auch dem Gegner, der ihm die Niederlage beizubringen versucht in dem Glauben der klassischen Macht- und Realpolitik, sie sei ja nur eine begrenzte, während der Angegriffene sie als totale, seine wie immer von ihm selbst qualitativ verstandene Vernichtung seiner Identität erlebt und daraufhin so handelt als wäre er schon vernichtet, während er physisch noch existiert und seine physische Vernichtung genaugenommen erst durch die Handlung realisiert, die seinen Gegner am Genuß des Erfolges seines Angriffes vital hindert, indem sie ihn mit vernichtet.

Man kann die Militärgeschichte durchaus darauf hin betrachten, daß solche Motive schon in ihr wirksam geworden sind, aber es ist eben doch ein Unterschied darin zu sehen, daß zu dem immer möglichen Motiv, einem Wunsch, auch die möglichen Mittel vorhanden sind, oder nicht.
Und der Unterschied besteht in der Existenz der Mittel, die es erlauben, diesem Motiv den Nachdruck einer Drohung zu verleihen, die dem Motiv eine verbindliche Realität verschaffen kann.

Insofern laufen Machtpolitik als reiner Typus und nihilistische bzw. fundamentalistische Politik als Motiv mit hinreichenden Mitteln der Verwirklichung eines Endes der Machtpolitik auf Politik der Verantwortung durch wechselseitige Abschwächung des pragmatischen, absoluten Kalküls machtpolitischer Motive des Überlegenen und der Abschwächung des transzendenten Motivs der Selbstbehauptung des Unterlegenen, der dem überlegenen Angreifer in letzter Konsequenz dessen Untergang als Konsequenz des Erfolges seines Angriffs mit überlegenen Mitteln entgegensetzt, in Politik der Verantwortung aus, die das je eigene Selbsterhaltungsinteresse auch unter Einbezug des qualitativ verstandenen Überlebens eines an Mitteln Unterlegenen im Sinne von dessen Verständnis dessen, was Überleben für ihn bedeutet, in Betracht zu ziehen und in eine gemeinsame globale Verantwortung einzubringen in der Lage sein könnte.

Diese Überlegungen greifen den Fakten möglicherweise voraus. Aber dieser Vorgriff ist eben das, was Politik der Verantwortung von einem auf den Augenblick bezogenen Pragmatismus unterscheidet.
Denn es ist ja gerade ein u. U. durch Machtpolitik verstellter politischer Kalkül, dem sich auf diese Weise eine von ihm selbst hervorgebrachte Zukunft verbirgt, die er zum mindesten als mögliche Folge seiner Selbstbegrenzung in Betracht ziehen muß, also als Konsequenz seiner eigenen wohlverstandenen Rationalität.

Darin besteht die Gefahr, daß dieses klassische machtpolitische Motiv sich wegen seiner pragmatischen Selbstbescheidung mit der Erreichung kurzfristiger und begrenzter Ziele sich in einer von ihm selbst durch sein eigenes Tun und Nichttun erzeugten Zukunft eine Lage konstelliert, die machtpolitisch nicht bewältigbar ist, weil sie auf einer anderen Zielsetzung jenseits der Motive rationaler Politik als Machtpolitik beruht. Dabei ist die Rationalität dieser Politik und ihrer Kommunikation im diplomatischen Verkehr unterstellt.


Verspielte Zukunft V. 

27.12.1990
           
Die US-amerikanische Politik hat den politisch für eine militärische Operation günstigsten Interventionspunkt möglicherweise schon verpasst.  Nicht nur die Vorbereitung der Intervention hat zu viel Zeit gekostet, so daß eine intensive Meinungsbildung möglich gewesen ist, oder gar eine erfolgreiche propagandistische Beeinflussung durch die Gegenpartei. Die Äußerungen der US-amerikanischen Politik, ihre in ihren öffentlichen Erklärungen erkennbare Konzeptlosigkeit hat dazu aktiv beigetragen.

Es ist nicht klar geworden für welches Ziel diese politisch-militärischen Mittel eigentlich gebraucht werden sollen, wenn nicht für eine vermeintliche Bedrohung der Verfügung über die fossilen Energien der Region bzw. Kuweits. Gerade die Sicherung dieser Verfügung hätte sich jedoch vermutlich auch mit weniger aufwendigen Mitteln machen lassen. Also geht es entweder um etwas Anderes, oder das Ganze ist nicht ausreichend durchdacht. Das müßte dann aber in beiden Fällen erst deutlicher werden, nämlich entweder das wirkliche Ziel hinter dem lediglich vorgeschobenen, oder eine sonst denkbare Ziel-Mittel-Adäquanz, die sich verteidigen läßt.

Sogar Systemaufsteiger mit Achtundsechziger-appeal vom Schlage Bassam Tibi's haben inzwischen ihre Töne vorn gestern in den Gazetten des Salon-Faschismus aufgeklärt-demokratisch gekleideter Varianten der westdeutschen Hochkultur mit Traditionsappeal von heute bereits überholt und bekunden ihr Verständnis für den islamischen Fundamentalismus.

Das ist umso erstaunlicher, als sowohl ihre marxistische Vergangenheit als auch ihre soziale Lage als erfolgreiche Aufsteiger im akademischen Schweinesystem der siebziger und achtziger Jahre, sowie die Gehirnwäschewirkungen, die das ansonsten auf ihre Gemüts- und intellektuelle Verfassung gehabt hat - wie bei anderen auch - es eigentlich ganz unmöglich machen müßte, sich diesem Verständnis zu öffnen.

Daß die Politik Saddam Husseins in der Tat diese Wirkung auch auf die sozialistisch 'inspirierten' Teile der linken arabischen Gruppierungen haben konnte, die genaugenommen im und durch das Bildungssystem der westlichen Länder und vor allem auch durch das dortige pubertäre Verständnis des Sozialismus und der sozialistischen Ideenbestände, durch ein 'Politikverständnis' der Halbbildung des Kneipen- und Szenensozialismus der Null-Bock und Nix-Arbeit-Generationen der sogenannten geisteswissenschaftlichen Intelligenz, dieser politisch überschätzen Bewußtseinsformen also aus den siebziger Jahren, korrumpiert worden und taub gemacht worden sind für ihre eigene Kultur und Herkunft, wie viele andere auch, die nicht gerade aus der arabisch-islamischen Kultur herkommen, spricht für diese Politik und gegen das opportunistische oder schlicht desorientierte Geschwafel dieser Aufsteiger mit Führungsanspruch und möglichst bequemer Basis im westdeutschen Berufsbeamtentum.

Entsprechend fällt das Verständnis allerdings wie üblich auch moderat aus. Es ist aber ein Irrtum zu glauben Politik der Verantwortung sei immer identisch mit einer solchen, die vor allem den Frieden rettet, das Blutvergießen vermeidet und um Verständnis wirbt. Einem letztlich asozial gewordenen Gegner gegenüber, dem die Bilder religiösen Lebens im Kommentar als ebenso viele Beispiele für eine erkennbare Tagedieberei vorkommen, gegenüber den fleißigen und vom ersten Hahnenschrei bis zum letzten Sonnenstrahl hart arbeitenden Menschen des realen Kapitalismus - die man ja ein paar hundert Jahre lang zu dieser überaus gewinnbringenden Haltung erziehen mußte, neben der flankierenden Maßnahme der 'Reform des Kirchenjahres', die bekanntlich etwa 180 zusätzliche Arbeitstage in die Fabriken einbringt, die die modernen, oder sind es schon die post-modernen oder noch die prä-post-modernen ? - dem der religiöse Fanatismus von Männern in Trance, die ihren Gott anbeten im gemeinsamen Gesang und mit geschlossenen Augen, man sagt das nicht so deutlich, letztlich als schwule Scheiße erscheinen muß, jedenfalls aber als unnützer Diebstahl von Arbeitszeit, die nützlich in Fabriken eingebracht werden sollte, solchermaßen säkularisiertem Selbstbewußtsein der vorsätzlichen und stolz herumgezeigten Verwahrlosung des Menschen zum Homo sapiens sapiens kommt der Islam, dann aber noch übler sein 'Fundamentalismus' - ein Terminus der übrigens auf keinen Fall eine Spezialität des Islam ist, sondern der Wortverwendung nach ursprünglich auf Varianten US-amerikanischer christlich-puritanischer Religiosität zurückzuführen ist! - nicht, zumal in der gegenwärtigen politischen Ausprägung, etwa als ein Resultat eines Syndroms vor, dessen Ursachen in der Relation, im Verhältnis der gegenwärtigen islamischen Kulturen zum westlichen Industrialismus zu suchen ist.

Es ist klar, daß die Ambivalenz seiner Funktion einerseits zur Steuerung der islamischen Bevölkerungen durch Regierungen, die sich nicht im Mindesten an die Normen der westlichen Demokratien gebunden fühlen (müssen), auch weil einer solchen Regierungsform nicht nur hierzulande eine über die notwendige Fiktion des Subjekts solcher Demokratie, des urteilsfähigen und verantwortlich entscheidenden und handelnden Einzelnen, noch vor jeder Frage nach parteipolitischer Orientierung, hinausgehende Basis fehlt, und andererseits zu ihrer ressentimentgeladenen Mobilisierung - mit identitätsstiftender Funktion ! - gegenüber der Bedrohung des Lebens durch den Zynismus der Produkt- und Konsumlandschaft der Propagandamedien des westlichen Industrialismus, Unbehagen verursachen können, wenn man nicht die Gründe begreift, die das ganze als eine Spiegelung des westlichen Industrialismus und seiner Säkularisierung erkennbar machen kann, an der ja nicht nur in den islamischen Ländern Anstoß genommen wird, so wenig wie man sich danach zurücksehnen kann, sich als Schaf in irgendeiner Herde 'guter Hirten im Namen Gottes' wiederzufinden, die ja, auch in ihrer modernen Verkleidung als Parteipolitiker nebst ihrem Halo an 'Wissenschaftlern' sowie Medienfürsten keinen anderen Gebrauch machen von den von ihnen erfolgreich Hypnotisierten als vordem, so daß sich (auch) aus dieser Sicht nicht die mindeste Verbesserung Mitteleuropas ausmachen läßt.

Der mögliche Nihilismus der Politik der Europäer gegenüber dem 'Rest der Welt' angesichts knapper werdender Futtermittel, oder ihr 'Pragmatismus', der je nach Opportunität Mittel und Ziel und Partner wechselt und damit nihilistische Politik provoziert - unabhängig von der Frage, ob das als Politik mit dem Terminus 'Realpolitik' korrekt bezeichnet ist oder als 'Politik des Ressentiment' ohne langfristiges Bewußtsein ihrer Zielsetzungen und Absichten - ist in der Tat unerträglich. Es mag sein, daß früher die Menschen im Namen eines Betruges gestorben sind in erbarmungslosen Kriegen, die hinter der Fassade der 'Christianisierung' oder der 'Islamisierung' oder was sonst es innenpolitisch gewesen sei, das zum Krieg antrieb, ideell betrachtet, wie heute auch, wo es mangels 'Juden', einer in Deutschland endlich 'geschützten Art', 'Drogentote' usw. ersatzweise gibt, die freundlicherweise deren Stelle einnehmen, die bevölkerungspolitische Funktion der Abschöpfung des Bevölkerungsüberschusses von Agrargesellschaften mit begrenzter quasi-natürlicher Futtermittelbasis hatten.

Man kann sich nun fragen, ob die aus innenpolitischen Gründen der Sicherung einer einmal (durch vergangene Kriege) gesicherten 'Futtermittelbasis' (drivin' in my car usw.) notwendigen neuen Kriege aus denselben Gründen nicht zugleich auch diese Funktion nach wie vor weiter mit wahrnehmen, neben der bekannten Funktion der Zerstörung von Industrieprodukten einer auf dem Profitprinzip beruhenden, vom Staat systematisch mit finanzierten Industrie aus Gründen der Kapitalgewinne, auch wenn es da eine gewisse Verschiebung der Libido auf abgeleitete Objekte erkennbar gegeben haben dürfte.

Und ob die notorische Säkularisierung mit ihrem höchsten Resultat: der repressiven Entsublimierung zum Zweck der regelmäßig an Produkten der Konsumwerbung und mittels ihnen entladenen Triebspannungen, der Austauschbarkeit der Objekte (denen gegenüber solche 'Kulturwerte' wie 'Treue' oder 'Jungfräulichkeit' als Voraussetzung für eine gültige Ehe störende Klebrigkeit der Objektlibido an sogenannten Wertvorstellungen erkennen lassen, ebenso wie die Allgegenwart einer zwanghaft erotisierten Atmosphäre der unablässigen sexuellen Scheinversprechen - oder sogar ihrer Einlösung - und der leichten, aber leider zu Gedankenlosigkeit verführenden Euphorie eines Lebewesens mit ganzjähriger Balz, wie es der Homo sapiens ist, auch als unangenehm erlebt werden kann von ewigen Miesmachern usw.) dies zusammen mit der entschlossenen Reduzierung des Menschen auf einen Dreck, eine gierige kopulierende Ratte, die sich von den Viren, von denen sie angefallen wird, schon kaum mehr unterscheidet, im globalen Maßstab betrachtet als Erscheinung auf diesem Planeten, also auf ein gar nicht mehr über seine Wertlosigkeit gekränktes nihilistisches Tier, das sich biologisch mit einem gefräßigen Nager oder sonst einem Herdentier, vielleicht dem um vieles intelligenteren Huhn vergleichen ließe (das sich Vollpension und Arterhaltung durch einen hochgebildeten Baumeister von Mietskasernen, die seiner, des Huhns Bequemlichkeit dienen wie die, die er für sich selber baut, mit kleinen Abwandlungen, seiner eigenen Bequemlichkeit dienen, mittels eines Ei's ! und unter Ersparnis von Gehirn, Bildungssystem und Sprache samt den langen Sozialisationszeiten, die das notwendig bedingt, auf höchst einfache ökonomische Weise die Arterhaltung gesichert hat - man ist sich, beispielsweise bei der Diskussion des newtonschen im Unterschied zum kopernikanischen System, darüber einig, daß die intelligente Lösung mit der einfachen zur Genialität konvergiert) - ob also mit der Säkularisierung auch das Sterben in den Kriegen der zu erwartenden Zukunft auf einem überbevölkerten Planeten mit enger werdenden Lebenschancen aus Gründen ausschließlich der Sicherung der Futtermittelbasis für miteinander um diese und um die Lebenschancen sich beißenden Gruppen in einer durch ökologische Rücksichten vermutlich in ihren Entscheidungsspielräumen stark eingeengten menschlichen Lebenswelt, die das Leben des Einzelnen immer mehr den Regeln der Massentierhaltung unterwerfen wird, auch wenn man das den Leuten anders schmackhaft zu machen bemüht sein muß, ob dieses Sterben für Andere, zum Beispiel für die Juppies der USA, die sich in den Metropolen auf Kosten derer, die für sie sterben sollen, damit sie und ihre Kinder es (einmal) besser haben, wirklich, um so vieles attraktiver ist als die als Zurückgebliebenheit von eben diesen Juppies belächelte Variante eines Sterbens im Kampf für ein sei es auch nur moralisches Ziel, das im Grenzfall mit dem zusammenfallen muß, die Welt dieser Ratte zu vernichten und sie und ihre Existenz auszulöschen, wenn sie und ihr Prinzip, als machtpolitisch-nihilistischer Kalkül, ein menschenwürdiges Dasein für diejenigen Exemplare der Gattung Homo sapiens sapiens, die entschlossen sind, unter keinen Umständen auf die - vom wem oder was auch immer - ihnen mitgegebene Möglichkeit und den Wunsch nach einem Leben als Menschen zu verzichten, das sich als der Gehalt aller richtig verstandenen Religiosität ausmachen läßt für jeden, der nicht vollkommen von dem seine soziale Lage oder seine Lebenshaltung begünstigenden Zynismus des westlichen Industrialismus verblendet ist, das ist so leicht gar nicht zu beantworten.

Und es ist nun einmal die letzte Möglichkeit der entschlossenen Bewahrung des Willens des Homo sapiens zum Menschen, der ihm möglich ist, als Versprechen und Sinn aller Hochkultur, die daraus ihre einzige Legitimation bezieht, die Menschen in großen Gruppen zu organisieren und einer akzeptierten Herrschaft zu unterwerfen, notfalls für ein weder durch Rhetorik noch durch Gewalt aus dem Bewußtsein des Menschen zu eliminierendes leitendes Prinzip seiner Existenz und seines von ihm selbst erkannten Daseinszwecks zu sterben.

Das begründet den Fundamentalismus, ob im religiösen oder anthropologischen Sinne. Aufgeklärt ist dieses Prinzip nicht weniger rational als in einer religiösen Einkleidung, ob man sich nun mittels eingeübter überlieferter Rituale oder wie sonst seiner inne wird. Auch läßt es dem Einzelnen jeden sinnvoller Weise wünschbaren Spielraum, zumal dieser ja als in Übereinstimmung mit dem Sinn des Prinzips befindlich verstanden wird.

In diesem Sinne ist Anthropologie als Kulturtheorie des Menschen als Möglichkeit des Homo sapiens fundamentalistisch und individualistisch nur im Grenzfall, gewissermaßen für die Bedingungen des Zwanges zum Leben unter nihilistischen Ratten gedacht. Es handelt sich da um eine Reserve, für alle Fälle, und bedeutet einfach, daß darin eben die Möglichkeit zum Widerstand unter allen Umständen steckt, auch und gerade angesichts der Drohung, der Deklassierung, der Verurteilung zum Leben in den Gossen dieser Welt:

Fundamentalismus ist die Alternative zum (z. B. Drogen-)Tod des Entehrten in den Gossen der Juppie-Welt.

Aber die so verstandene Anthropologie als Theorie der Möglichkeit des Menschen in einer biologisch angetriebenen Welt der (realpolitischen) Gewalt ist fundamental auch noch in einem anderen Sinne, indem sie den Menschen unabhängig von der sozialen Hierarchie und auch unabhängig von den Prinzipien denkt, nach denen deren Auslese- und Aufstiegsmechanismen blind funktionieren - gemäß einem Prinzip, das sich an jeder beliebigen Tierherde beobachten läßt - und dergestalt sogar den Menschen vom Homo sapiens sapiens allererst unterscheidet.

Der Homo sapiens sapiens in seiner entschlossenen und losgelassenen spät-prä-post-modernen Selbstentfaltung als nihilistisches Bewußtseinstier ist nicht der Mensch der fundamentalistischen Anthropologie, ist nicht der Mensch der Politik der Verantwortung; der wiederum ist nicht der Mensch, der sich jeder 'Säkularisierung' - der Terminus hat dieselbe leere Qualitätslosigkeit wie der vergleichbare der 'Modernisierung', insofern man darunter gleichermaßen die Entstehung des Ozonlochs wie den Gaskrieg, die globale Zerstörung der Kulturen wie den Nationalsozialismus und den industriellen Massenmord an Bevölkerungsminderheiten, die Übervölkerung der Welt dank der modernen Chemie und Medizin, samt der schleichenden Degeneration der genetischen Substanz als kompensierende Folge dieser Betreuung wie die Motorisierung, die Industrialisierung und Verwissenschaftlichung wie die Ablösung der Theologen durch die weit kriminelleren Physiker, die Drogenindustrie und ihre Investmentbanken in Frankfurt am Main und 'in Übersee' verstehen kann, oder auch anderes, ganz nach Belieben - einfach so ohne ein eigenes Urteil darüber, was mit ihm dabei geschieht überläßt, weil das gerade die geistige Massenepidemie des nihilistischen Industrialismus ist, die andere funktional äquivalente lediglich ersetzt, ist weder von der Gewaltsamkeit des Nihilismus noch von der scheinbaren Irrationalität der religiösen Einkleidung eines unverzichtbaren Prinzips der menschlichen Existenz, und auch nicht vom Durcheinander irre zu machen, das der Kampf der mißbrauchten Ideen in den Köpfen sogar der sogenannten Gutwilligen unter den verwirrten Protagonisten der Politik und der Medien oder gar der Geistes- und Sozialwissenschaft oder der Geschichtsschreibung - Gott hab' sie selig - verursacht, weil sie von dem abhängen, worüber sie sich und andere meinen, unabhängig unterrichten zu können. Leicht ist es den unersättlichen Fettgefressenen dieser Welt darauf hinzuweisen, daß Fundamentalismus, als ethische, religiöse, politische oder soziale Einstellung dem Prinzip ihrer Selbsterhaltung als Gefahr erscheint, die deshalb 'abgelehnt' werden muß. Man kann aber auch seine Ursachen sehen und die ablehnen.

Es ist nicht unbedingt leicht, die Zukunftschancen des (ethisch oder religiös oder sozial begründeten) Fundamentalismus abzuschätzen, aber das erscheint anders, was das Programm der Säkularisierung betrifft:

'Säkularisierung' ist ein Quasi-Programm ohne Zukunft.

Die Ablehnung der Ursachen des Fundamentalismus führt allerdings zu Konsequenzen, die sich aus den Interdependenzen der aufeinander bezogenen Positionen ergeben: denn dann müßten die, die den Fundamentalismus ablehnen freilich sich selbst und ihr eigenes Tun ablehnen. Zu dieser Umkehr freilich versteht sich keiner ohne Not. Und die kann offensichtlich, so scheint es, wenn nicht aus der Einsicht einer menschlichen Vernunft, dann lediglich aus dem Fundamentalismus erwachsen. Der wiederum hat ja selbst Entstehungsbedingungen nicht einfach nur in 'Traditionalismus' zurückgebliebener Bevölkerungen oder Kulturen usw., sondern just auch in den säkularisierten Kulturen selbst und ihrer Wirkung auf andere. Dasselbe gilt auch für das 'Pluralismus' genannte Phänomen. Fasst man diese Erscheinungen nicht als Werte in sich selbst auf, betrachten man sie nicht mit den Augen und Sinnen ihrer Verteidiger oder Gegner, dann kann sich auftun, welche Entstehungs- und Behauptungsbedingungen sie haben. Wa sie Präferenz betrifft, so kann man sich wenigstens hilfsweise und u.U. vorläufig auf einen methodischen Standpunkt stellen, der von dem Problem ausgeht, welches Übel einem das jeweils kleinere unter welchen sonstigen Umständen erscheint, aber das Problem, ob und wann man da eine Wahl hat, steht wieder auf einem anderen Blatt.

Das kann erkennbar werden lassen, warum es möglich ist, daß der Homo sapiens sapiens die Zukunft des Menschen bereits verspielt haben könnte, und auch, warum fundamentalistische Anthropologie eine radikale Anthropologie der Verantwortlichkeit des Einzelnen, m.a.W. principium individuationis des Menschen gegenüber dem Bewußtseinstier de Homo sapiens sapiens und seinen kollektiven Psychosen und Geistesepidemien - ob nun in wissenschaftlicher oder was für einer Form sonst - ist.

Der Homo sapiens kämpft mit allen Mitteln um sein möglichst bequemes Über-Leben auf Kosten alles Lebens. Es geht ihm um Futtermittel im weitesten Sinne, um sonst nichts.

Der Mensch muß diesen Homo sapiens mit dem Tod, dem absoluten Ende seiner Art, konfrontieren.
Mag sein, daß das das gemeinsame Ende im Tod bedeuten kann. Aber es ist doch der Unterschied der, daß sich dabei der Mensch behauptet hat, vorausgesetzt, er hat sich als Mensch behauptet. Es kann besser erscheinen, als Mensch zu sterben als als das ängstliche Opfer einer mörderischen Ratte.

Mit dem Homo sapiens stirbt lediglich eine Ratte, eine Ratte, die ihre Chance zur Selbstbegrenzung hatte und die diese Chance jedenfalls historisch verspielt hat.

Politik der Verantwortung besteht darauf, daß sich der Homo sapiens als Mensch eine Grenze setzt in Rücksicht auf eine langfristige Chance der Selbsterhaltung der Gattung anstelle der derzeit vorherrschenden Ausverkaufswut der jetzt lebenden Generationen, die Bedenkenlosigkeit im Hinblick auf die zur Durchsetzung des Willens der je dominanten Gruppen verfügbaren Mittel, sowie im Hinblick auf die natürlichen Ressourcen und die soziale Substanz, und schließlich auch im Hinblick auf die Abwägung seiner Bequemlichkeit im Verhältnis zu der unvermeidbaren Zumutungen, die das Leben akzeptieren muß um der Selbsterhaltung des Menschen willen.

Man kann voraussehen, daß die Auslagerung der begrenzenden Mechanismen in die natürliche Umgebung und den menschlichen Organismus sowie in die soziale bzw. ökonomische und politische Konkurrenz der intelligenten Tiernatur des Homo sapiens eine erneute Rückkehr der Barbarei zur Folge haben muß.

Das ist schon einmal angekündigt und nicht eingesehen worden in der europäischen Gesellschaft, im neunzehnten Jahrhundert, nur daß seinerzeit nicht die nunmehr vorhandenen Mittel zur Verwirklichung eines nihilistischen Motivs zur Herbeiführung des unwiderruflichen Endes zur Verfügung standen, und der Nihilismus ein spezifisch europäisches Motiv gewesen ist. Das ist derzeit anders.

Es ist nur der Form halber, hinzuzufügen, daß es dabei nicht etwa um 'den neuen Menschen' geht, von dem das Gerücht und die Halbbildung sowie die politische Demagogie auch als Medienshow gelegentlich herumfaseln, sondern um  d e n  Menschen, den einzig möglichen den es geben kann, und der den Homo sapiens sapiens zwar zur Voraussetzung hat, aber nur wie ein Substrat, eine Basis, die auch ungenutzt bleiben oder gar unerkannt bleiben kann im Hinblick auf ihre 'Bestimmung', und auf der sich einzurichten en masse in der sogenannten Moderne vermutlich nichts anderes heißt als die Chance zum Menschen, die mit dem Homo sapiens mit gegeben ist, als 'ganz was Neues', als Blödsinn, als Zumutung abzutun und die, die darauf bestehen, daß die Geschichte des Menschen nur zwei Möglichkeiten offen hält, die Niederlage des Lebens, das auf dem Niveau des Biologischen sitzen bleibt und so untergeht, oder die Realisierung einer menschlichen Gesellschaft, die mit den ständig herumgereichten 'Menschenrechten' ja erst begänne, und nicht schon endete in der Erfüllung, also 'Fundamentalismus', dessen rationale Maxime sich auch in schlichtem Deutsch formulieren läßt: Handle so, daß die Maxime Deines Handelns jederzeit zum allgemeinen Gesetz dienen könne - abtun wird als gefährlichen Unsinn, aus guten Gründen, damit sich der dritte Weg auftue: der Sieg des Lebens auf dem Niveau des Biologischen.

Dazu freilich muß man den Homo sapiens schon möglichst früh und stets mit allen Mitteln dahingehend massenhaft bearbeiten, daß er gar nicht mehr auf die Idee kommt, es zum Menschen bringen zu wollen und sich auf keinen Fall und unter keinen Umständen nicht nur nicht ausreden, sondern sich auch an der Umsetzung dieser seiner ihm gegebenen Möglichkeit auf Leben und Tod nicht hindern zu lassen von Wesen, die sich von biologischen Programmen gesteuert schon vollkommen vorkommen, vorausgesetzt nur, es gibt nicht den Menschen und seine störenden Ansprüche.

Es ist richtig, den Homo sapiens darüber aufzuklären, daß er, wenn er etwa glauben sollte, den Menschen aus der Geschichte vertreiben zu können, und dies durch sein korrekt bezeichnetes 'Verhalten' hinreichend erkennbar gemacht hat, er seine eigene Zukunft verspielt (hat). Und es wäre gut, wenn er beizeiten begriffe, daß es Zeit ist abzudanken. Denn herrschen wird er nicht, und schon gar nicht siegen, es sei denn um den Preis seines Endes. Das wird ihm der Mensch dann bereiten.

Herkunft braucht Zukunft, das kann nur heißen: der Homo sapiens braucht den Menschen. Zukunft braucht Herkunft, das kann nur heißen: der Homo sapiens ist die biologische Voraussetzung des Menschen.

Es muß klar werden, daß der Homo sapiens keine Zukunft haben wird und haben darf ohne den Menschen. Dafür gilt es aber einzustehen, und das bedeutet den möglichen, von einer Politik der Verantwortung zu verantwortenden Ernstfall des Endes des Homo sapiens. Wenn der Homo sapiens die Zukunft des Menschen verspielt, dann ist das auch gleichbedeutend mit seinem eigenen Ende.

Muster dieses Verspielens der eigenen Zukunft durch die Nachahmung, die die eigene an die Identität eines Trugbildes bindet, das der verblendete Spieler zugleich bekämpft und besiegen will um über einen vermeintlichen Gegner zu triumphieren, der er in der Tat sich selber ist, ist das Märchen vom Kohlenmunkpeter. Der, ein Köhlerjunge aus dem Hinterwald, bewundert und beneidet den Tanzbodenkönig, einen Dorfwirtshaushelden, der sich dem Alkohol und dem Spiel und der Hurerei - einer erschöpfenden, aber fruchtlosen Beschäftigung - ergeben hat, jedenfalls von Arbeit nicht viel hält, wie das in diesem Märchen altmodisch fundamentalistisch heißt. Er verkauft dem gewalttätigen Waldgeist, dem Holländermichel, einem Sturmgeist, der verantwortlich ist für die regelmäßige Verwüstung der Natur, einer Personifizierung der Gier also, sein (menschliches) Herz und zwar um den Preis, daß er immer so viel Geld in der Tasche hat wie der Tanzbodenkönig. Er wird ein Zocker. Mit einer ordentlichen Erstausstattung betritt er die Bühne und beginnt gegen den bewunderten und gefürchteten Rivalen ein Spiel um dessen Geld - und gewinnt. Schließlich hat er, nachdem er zunächst das ganze Dorf im Vertrauen auf seinen unerschöpflichen Reichtum ausgehalten hat, dem Tanzbodenkönig dessen ganzes Geld abgewonnen. Als er dann seine Rechnung bezahlen soll, hat er kein Geld zu ihrer Begleichung. Er hat ja dem Tanzbodenkönig alles abgewonnen und hat nun auch genau so viel in seiner Tasche wie der, nämlich nichts.

Der Homo sapiens, der unter dem Zwang zu siegen und der Gier nichts erkennt als in jedem Anderen nur einen Rivalen, den er zu besiegen hat, bekämpft im Anderen unablässig seine eigenen, ihm selbst verhassten Eigenschaften, und kann seine Verblendung und deren Konsequenzen erst erkennen, wenn er sein Spiegelbild zerschlägt. Was dahinter erscheint interessiert ihn nicht, nur daß er mit Schimpf und Schande aus der menschlichen Geschichte, und am Ende aus der Geschichte überhaupt verschwinden muß, das könnte ihn kränken, ist doch alles darauf angelegt, daß sein Selbstbehauptungswille siegt.

Dieses Märchen ist bis dahin schon wahrgeworden, nur rausgeworfen aus der Geschichte hat man ihn noch nicht, den Kohlenmunkpeter. Und es ist ein deutsches Märchen und spielt sich ab zwischen dem Schwarzwald und Holland, entlang eines deutschen Flusses, dem Rhein. Es geht entsprechend der auch als Hinweis, wo nicht als Warnung verstehbaren Konstruktion des Endes des Märchens auch anders aus: der Kohlenmunkpeter erinnert sich wieder an seine Herkunft und an sich selbst und das ändert alles. Aber das ist eben das Märchenhafte an diesem Schluß. Oder ist das am Ende wahr ?

Wenn die maßgebenden Leute mit der entsprechenden Erfahrung, die es ja wissen müssen, weil sie sich ja schließlich durch und durch kennen, recht haben mit ihrer Einschätzung des guten Endes von Märchen, dann besteht zu diesem glücklichen Ausgang keine Chance. Und so wird es denn auch wohl gewesen sein. Denn die Geschichte ist schon älter, hat auch schon eine von ihr vorausgesagte Zukunft hinter sich und der Hinweis war nicht als kontrafaktische Konstruktion erkannt worden. So hat die Geschichte denn schon diese Zukunft hinter sich, die darüber belehren kann, daß Hinweise unter bestimmten Umständen, die ja schon das Orakel der Griechen meisterhaft zur Erscheinung zu bringen wußte, ganz und gar nutzlos sind. Sie werden sogar als romantische Märchen mißverstanden und abgetan, und das ist just die Bedingung dafür, daß die Geschichte in ihrer Mitte - und das ist die Gegenwart - jeweils in Anwesenheit der Hinweise auf ihre jeweils anderen Möglichkeiten dennoch verspielt wird und sich deshalb von dem, der es weiß, in der Gegenwart schon als verspielte Zukunft offenbart.

Wenn man derart auf das Verhältnis von geschehener Geschichte und ihrer Reproduktion im Medium von Sinn zurückblickt, dann kann man, wenn man dazu disponiert ist, vor allem eines erkennen: daß Geschichte als erzählte Geschichte vor allem die des Geschichtenerzählers ist, der die stärkere Geschichte erzählt. Es kommt also insofern weniger darauf an, die stärkere Geschichte zu machen, durch irgendeine Art von Mitwirkung an dem Geschehen, sondern, neben der Fähigkeit und dem Glück - denn Glück muß der Mensch haben - sondern die stärkere Geschichte zu (re-)konstruieren. Und die stärkste mögliche Konstruktion der Geschichte ist natürlich diejenige, die schon bevor die Zukunft überhaupt Gegenwart geworden ist, ihre Konstruktion unter dem Gesichtspunkt ihres Charakters als vergangene Zukunft vorlegt. Das ist die klassische Aufgabe der Prophetie und des Propheten.

Nur die Erläuterung ihres (beider) Verhältnis(ses) zu den Handelnden, den Akteuren, die die Geschichte unter gleichmütiger Assistenz des Anschauungsschemas der Zeit aus der leeren Zukunft durch ihr Handeln oder Verhalten, durch Aktion und Operation, durch den Augenblick der Gegenwart hindurch in de qualitativ bestimmten Zustand des nicht mehr rückgängig zu machenden Geschehenen verwandeln, muß noch erläutert werden.
Das kann man kurz machen: kein Handelnder, der auf sich hält, wird es sich nehmen lassen, von den Möglichkeiten des Handelns Gebrauch zu machen und damit auch von der Freiheit der Entscheidung, die das Gesetz des Handelns und Leidens bestimmt, auch, wer handelt und wer leidet.

Jeder wirklich Handelnde also, der sich dergleichen sagen lassen soll, wird sogleich den einzig richtigen Einfall haben und dementsprechend handeln, nämlich nach der Maxime: Die Prophetie und die Propheten haben den Gang der Dinge genug vorausgesehen. Es kömmt darauf an sie zu

a) bestätigen ****)................................................               
b) widerlegen.........................................................                   
c) ignorieren..........................................................                   
d) nicht mal ignorieren..........................................           
e) liquidieren.........................................................                   
f) weitere*****)....................................................
   
Denn das wäre doch womöglich das Letzte, was man sich gefallen lassen kann: daß man sich von einem Geschichtenerzähler vorschreiben läßt was man zu tun beabsichtigen, was man tun wird und - wie das ausgegangen sein wird, noch bevor man sich auch nur zu etwas entschlossen hätte.

edit end 11.1.1991 © S. R.



Zum Schluß noch ein Gedicht:


Sieben Männer und ein Land.

Es waren sieben Männer in einem Land,
Die hielten sein Schicksal in ihrer Hand.
Alle warben sie um seine Gunst,
Doch ihre Werbung war - bis auf einen - umsonst.

Den Ersten traten sie in Leib und Gesicht,
Der denkt: ihr meint wohl, das könnt' ich nicht.
Und er zertrümmerte ihre soziale Welt,
Daß es noch heut' davon wiederhallt.

Auch den Zweiten belehrten sie mittels dieser Methode
- Auch er ward darum ihr Antipode -
Und versetzte Methode, Form, Schema irgendwo
Nach Afri-, Asi- od' Ameriko.

Der Dritte, nachdem sie den kujoniert,
Hat sich ebenfalls nicht mehr lang' geziert.
Ging auch ins Exil und rächte sich:
Zerstört' ihre 'Seele' und ihr 'Ich'.

Der Vierte lehrte - so ward berichtet -
Wie sich bald alles, bis auf einen Rest, vernichtet.
Ihr fragt: "was war das für ein Land?"
Es liegt zwischen Alaska und Samarkand.

Der Fünfte, als sie den gezwickt,
War sicher, daß ihm Weiteres glückt.
Auge um Aug': wenn ihr mich kränkt,
Wird Damokles' Schwert über euch verhängt.

Der Sechste probierte die Methode schon
In großem Stil, und an einer Teilpopulation.
Doch fehlten ihm zu Wille, Macht und Titel,
Vielleicht nicht die Gefolgschaft, aber genügend Zeit oder Mittel.

"Zusammen muß es uns nun endlich gelingen,
Das Ganze zu seinem Abschluß zu bringen.
Denn Mittel gibt's jetzt, hat's nur Mut und Geld."
Und die Umstände ? - werden grad' (wieder-) hergestellt!

15.1.1991

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*) Änderungen und Ergänzungen vorbehalten

**) sowohl die veröffentlichte Meinung als auch die
   Außenpolitik hierzulande lassen eine gewisse Distanz
   erkennen gegenüber den Erklärungen der Politik der US-
   Amerikaner, trotz der Betonung der Geinsamkeiten.

***) es muß hier wie an allen vergleichbaren Stellen
   richtig heißen:...die Politik der Alliierten..., oder ?

****) Zutreffendes bitte ankreuzen
*****) Gewünschtes eintragen und ankreuzen

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