Romantische Landschaft mit Menschenopfer

Romantische Landschaft mit Menschenopfer
Weißt Du wieviel Wolken gehen weithin über alle Welt...

Dienstag, 3. Mai 2011

Endlich ein Grund zur Freude

Die Erklärung der Bundeskanzlerin der BRD zur ‘assassination’ (CNN) von Osama Bin Laden.

“Ich freue mich, dass es gelungen ist, Osama Bin Laden zu töten.” 

(Erklärung der Bundeskanzlerin der BRD vom 2. Mai 2011.)

 

Diese Freudenbekundung angesichts der gelungenen Tötung eines Anderen begegnet gelegentlich in den Kommentaren von Angehörigen von Mordopfern in den USA bei Hinrichtungen des Mörders. Erstaunlich ist an dieser leeren Genugtuung, dass sie oft mit einer ‚tiefen christlichen Religiosität‘ koinzidiert. Es gibt bekanntlich ein Gebot, dass verbietet zu töten. Die ‚Einheitsübersetzung‘ des entsprechenden Textes hat es aber inzwischen zu einer Errungenschaft gebracht, die es erlaubt, diesen Text zu verändern, nach mehr als zweitausend Jahren doch immerhin.

So lautet er nun: Du sollst nicht morden! Damit ist ein soziokulturell formuliertes Gebot in ein strafrechtliches über einen Straftatbestand umgewandelt und es hängt nunmehr von einem reformfreudigen Gesetzgeber ab, was er als ein Delikt betrachten will, das den Tatbestand des Mordes erfüllt. Damit ist die Veränderung des Textes als eine waghalsige Anpassung erkennbar, die ihn vollständig entwertet. Denn selbst wenn die Übersetzungen über die gesamte Zeitdistanz hinweg stets falsch oder unkorrekt gewesen wären, ist doch die Formulierung: ‚Du sollst nicht töten‘  diejenige, die wenigstens seit der Übersetzung Luthers die akzeptierte protestantische soziokulturelle Haltung wiedergibt, die in die Übersetzung eingegangen ist, die dann auch die der ‚katholischen Bibel‘ wurde, offensichtlich weil man das angesichts des vorliegenden hebräischen ‚Originals‘ und der eigenen soziokulturellen Intuition folgend als im Gleichgewicht mit dem fand, was man allgemein für richtig hielt, als das Gemeinte.

Die Einheitsübersetzung ist eine ‚postfaschistische Anpassung‘ an eine offensichtlich ganz andere ‚Intuition‘, denn auf einmal erkennt das Reformgremium, dass es Zeit ist für einen Paradigmenwechsel, einen allerdings, der den gesamten Text dieser Übersetzung vollständig entwertet. Denn der Geist, der hier als treibende Kraft für diesen Paradigmenwechsel verantwortlich greifbar wird, und der meint, er dürfe das einmal richtig stellen und in dieser Weise, ist nicht wert, dass man ihm über den Weg traut. Aber nicht nur das. Er zerschlägt das Porzellan im eigenen Laden und zerstört und erledigt das von ihm angeeignete Gut. Zudem ist das die Haltung eines Usurpators, eines Gewalttäters. Wer sich der soziokulturellen Überlieferung verpflichtet fühlt ist hier jeder Gefolgschaftsverpflichtung ledig.

Aber das ist nur der Bezug auf einen traditionellen Text und seine mehr oder weniger unheimliche Manipulation, die den Blick auf eine postfaschistische Mentalität freigibt, die diesen Umgang mit einem Schlüsselsatz einer sehr alten soziokulturellen Norm erkennen lässt, die nicht so leicht manipulierbar ist wie man meinen mag. Denn selbst wenn der Rhetorik dieser Hermeneutik gelänge, am hebräischen Text den ‚Irrtum‘ der Übersetzung nachzuweisen, die hier mit ‚töten‘ übersetzt, was mit ‚morden‘ übersetzt werden muss, so ist doch der prinzipielle Unterschied zwischen der übergreifenden soziokulturellen Bedeutung des Satzes: ‚Du sollst nicht töten‘, und der lediglich an die moderne Form der Staatlichkeit gebundenen Form: ‚Du sollst nicht morden‘ nicht zu übersehen, und in der Tat und in der Bedeutung gibt es hier keine Brücke. Denn auch die ‚Bedeutung‘ von ‚morden‘ kann sich in der überlieferten Form nicht auf ein vergleichbares Gebilde, eines Struktur von der Art des modernen Staates beziehen bevor dieser in dieser Form existiert. Das mag indessen schwach klingen und bezweifelbar. Daher ist es gut sich umzusehen was sich noch sagen lässt.

Und da findet sich auch etwas, lange, mehr als vierhundert Jahre vor der soziokulturellen Welt des Neuen Testaments und vermutlich einer mindestens ebenso alten soziokulturellen Tradition entstammend wie die des hebräischen Textes. Das ist die Formulierung des Sokrates: ‚Es ist besser Unrecht zu leiden als Unrecht zu tun.‘ Diese Formulierung ist schon immer als ‚irgendwie beinahe christlich‘ empfunden worden, und das kann dann kaum wundern, wenn man weiß, wie sehr die vorderasiatische Welt, also auch Palästina wenigstens seit der Alexanderzeit hellenisiert war. Der sokratische Satz ist noch deutlicher als das bloße Gebot: Du sollst nicht töten‘. Er ist zudem kein Gebot, kommt also nicht ‚imperativ‘ daher, sondern bietet etwas zur Reflexion an, indem er offensichtlich meint, dass es selbst dann, wenn ein Anderer das schwerste Unrecht begeht, indem er tötet, sich die Reaktion auf diesen Reiz, die symmetrisch dazu nun den Tod des Täters herbeiführt oder auch nur verlangt, nicht empfiehlt, und zwar um der soziokulturellen Integrität dessen willen, dem das Unrecht widerfuhr, indem z. B. einer seiner Lieben Opfer dieses Täters wurde. Dabei mag mitschwingen, dass die Genugtuung der Rache, die in der Vernichtung des Täters empfunden werden kann, den Verlust nicht aufzuheben vermag, so dass die Bekundung der Freude angesichts der gelungenen Vernichtung dessen, der für diesen Verlust verantwortlich zu machen ist, leer bleibt, denn sie kann sich der Trauer über den unwiederbringlichen Verlust nur für einen Augenblick lang überlagern bis sich die Einsicht wieder Geltung verschafft, dass sich im Wesentlichen nichts geändert hat.

Die Erinnerung des Trauernden muss sich von nun an ständig mit der an die Befriedigung angesichts der Rache betäuben, und es ist klar, dass eine Trauer über einen unwiederbringlichen Verlust sich mit dem Triumph über die gelungene Tötung des für sie Verantwortlichen nicht ausgleichen, sondern nur vergiften, kontaminieren lässt, denn wenigstens insofern sind damit der für die Trauer Verantwortliche und der um seinen Verlust Trauernde gleich geworden, vorausgesetzt, der vernichtete Täter hat tatsächlich angesichts der Tötung seines Opfers triumphiert. In Wahrheit hat sich der Trauernde dem angeglichen, den er selbst vernichtet hat oder der in seinem Namen oder mit seiner Zustimmung oder auch auf sein Verlangen vernichtet wurde, weil er getötet hat. Die Rache und ihr Triumph bleiben nicht nur leer, sondern vergiften die Seele dessen, der dem Impuls zur Rache nachgibt.

Und bemerkenswert ist an dieser sokratischen Einsicht, dass sie nicht einfach einen Imperativ in die Welt setzt und zur soziokulturellen Norm erhebt, indem sie 'par ordre de Mufti' von Oben herab diese Norm dekretiert, sondern dass sie auf ganz empirischen, Jedermann zugänglichen Untersuchungen der Seele und ihrer zwar immateriellen, aber deswegen nicht einfach strukturloser Verfassung sogar vor und in der Weise unabhängig von jeder soziokulturellen Norm beruht, aus der die soziokulturelle Norm vielmehr auf eine einsehbare Weise erst hervorgeht, indem die sie vielmehr begründet.

Und das ist dann auch unabhängig von der empirischen Verteilung von seelischen Verfassungen, die diese seelische Form unterbieten oder ihr nicht entsprechen, anders gesagt, unabhängig von dem empirischen Grad an allgemeiner Kontamination der seelischen Verfassungen und ihrer statistischen Verteilung über den Globus. Denn selbst eine Welt von Schurken, asozialen Krüppeln und bedenkenlosen Massenmördern und Gangstern kann den Satz des Sokrates nicht aus der Welt schaffen, so wenig wie die beobachtbare Wahrheit, die er formuliert.

Denn auch wer ‘nichts’ findet, indem er sich empirisch prüft, hat einen Befund zu verzeichnen, der nicht dem Nichts entspricht, das er findet, sondern der durchaus einem konstatierbaren Etwas, nämlich der Abwesenheit, dem Fehlen des Ge-Wissens, das mit dem Wissen durchaus engstens verwandt ist, wie das auch an den entsprechenden Termini etwa des Englischen ablesbar ist, die con-science (aus con & science) und con-scious-ness lauten, worin auch ‘science’ steckt, in der Form, der im Englischen die Abteilung ‘moral science’ entspricht, in der sich der meist als ‘Ökonom’ notorische Adam Smith betätigt hat, dessen Hauptwerk zwar keiner gelesen hat, auf das aber deshalb um so mehr ‘hingewiesen’ wird, um andere Leute einzuschüchtern, die es ebenfalls nicht gelesen haben, aber der Täuschung leicht erliegen, die, die darauf hinweisen müssten es gelesen haben, ein Streich, den auch das Gewissen spielt, allerdings aufgrund eines Fehlschlusses, der sich um so leichter hält als der so Getäuschte keine Möglichkeit hat, sich davon zu überzeugen, dass er getäuscht wird und wie. Adam Smith selbst hat allerdings noch ein anderes Werk geschrieben als ‘ Wealth of Nations’. nämlich eine Arbeit über die ‘Moral Sentiments’, von dem in der Regel niemand spricht, und zwar deshalb, weil nicht einmal die ‘Information’ darüber, dass es existiert, in der Form des Gerüchts, das in diesem Fall nicht, wie in der informierten Öffentlichkeit meist, das Wissen und die Kenntnis ersetzen muss, in dieser ‘Öffentlichkeit’ hin und her gereicht wird, unter Kopfnicken. Und deshalb weiß diese Öffentlichkeit auch nicht, dass er selbst dieses Werk für seine eigentliche Leistung hielt, das Wichtigere, das mithin seine ökonomischen Arbeiten erläutert, indem es ihnen den soziokulturellen Grund gibt. Dort also könnten die ‘modernen’ Ökonomen in Theorie und Praxis nachlesen, warum sie von Ökonomie=oikonomia nichts verstehen, sondern eher von gewissenlosen Betrugsabsichten und von einer bestialischen, freilich zur Betriebswirtschaft ‘sublimierten’ Bestialität angetrieben sind, und das sich ihr Wissen der gewissenlosen Gerissenheit verdankt. Entsprechend werden sie bei einer empirischen Prüfung kein Gewissen vorfinden können und das ist der Befund, der der Gewissenlosigkeit. Das gilt für gut ausgebildete Killer natürlich in derselben Weise, auch dann und gerade dann, wenn sie die organisierte, und vor allem dann, wenn die die am besten organisierte Gewalt repräsentieren oder sogar verkörpern, als ihre Inkarnationen.

Es ist deshalb Eines, den Angehörigen des Opfers eines Mörders zuzuhören, die ihre Trauer mittels einer verzweifelten Reaktion des Zorns, der Wut und dem Schrei nach Rache für einen Moment lang angesichts der Hinrichtung, der Tötung des Mörders ihrer Lieben übertäuben, denn wer diese Verzweiflung kennt, kennt auch die gewöhnlichen Reaktionen darauf, die nach der Möglichkeiten suchen, die bei Licht besehen eigentlich den Impulsen entsprechen, die das animalische Erbe uns mitgegeben hat, die aber alle eigentlich darauf hinauslaufen, die Tat des Mörders zu verhindern oder ungeschehen zu machen. Es sind zu spät kommende Verteidigungs- und Angriffsimpulse, wie sie dem angegriffenen Tier als unmittelbare Reaktionen naheliegen, und weil sie zu spät kommen schlagen sie unvermeidlich um in Phantasien der Rache, der Vergeltung und der Beschädigung des Angreifers.

Und daher ist es etwas ganz anderes, einer Kanzlerin eines modernen Staates zuzuhören, wie sie ihre Freude angesichts der gelungenen Tötung Individuums bekundet, eine in der Tat singuläre Innovation. Und es ist noch bemerkenswerter, wenn man sich die Erklärung der USA anhört, man habe keinen Tötungsvorsatz mit der Aktion verbunden, die zum Tode des ‚Zielobjekts‘ geführt hat, eine Erklärung, die im selben Atemzug von einem deutschen Kommentator glatt weggewischt wird, indem er auf seinem Sender N24 erklärt, man habe natürlich die Tötung beabsichtigt, denn die juristische Behandlung wäre viel zu umständlich gewesen, und diese Erklärung abgibt, während der breite Balken unter dem Bild, das ihn zeigt, ausdrücklich besagt, dass Washington den Tötungsvorsatz bestreitet, und dies angesichts des laufenden Geplappers der professionellen Besserwisser, das ständig die richtige Beurteilung dieser nichtigen Behauptung betont, indem sie augenzwinkernd darauf hinweisen, dass das nur eine opportune Behauptung der politischen Rhetorik sein kann, die man nur richtig versteht, wenn man sie als taktische Lüge identifiziert, natürlich mit dem gesunden Realitätssinn postfaschistischer Mentalitäten aus deutscher Produktion.

Die Erörterung der ‚juristischen Aspekte‘, zum Beispiel des ‚Völkerrechts‘ werden lässig und ohne eine ernst zu nehmende Information über den Kontext, in dem Pakistan und Afghanistan angesichts des Verlaufs und der Bedeutung der Durant-Linie miteinander verstrickt sind auf Kosten der Integrität Afghanistans behandelt, mit dem dreisten Größenwahn des deutschen Journalismus, die über alles reden können, weil sie von nichts wissen müssen, indem die Population ja von ihnen informiert wird und deshalb kaum etwas weiß, das sie nicht von den Plakatsäulen abgelesen hat, die von ihnen bemalt werden mit einem Wirklichkeitsbildchen, in dem sich getreulich das Elend ihrer seelischen und intellektuellen Verfassungen so spiegelt, dass sich ‚das Volk‘ darin naiv als gebildet und informiert wieder erkennen kann. Das konturiert sich zum Kontext eines hermeneutischen Elends, in dem die Blinden den Lahmen über die Straße helfen.

Man muss sich klar machen, dass sich der ‚deutsche‘ Kommentar zu dem, was die amerikanische Politik hier von sich selbst sagt, in keiner Weise, und zwar durchaus flächendeckend und nachhaltig, systematisch abweicht.

Die zynische und nur vermeintlich ‚nüchtern realitätsgerechte Analyse‘ des Kommentars in deutscher Sprache gibt eine gänzliche Bedenkenlosigkeit zu erkennen und entspricht einer sonst gewöhnlich recht gut kaschierten kriminellen Mentalität, die als ‚postfaschistisch‘ gut charakterisiert ist, insofern die Erbin und die Nachfolgeorganisation der nur besser getarnten unveränderten Haltung ist, die den Beleg dafür darstellt, dass hier wenn nicht das Lumpenproletariat, dann wenigstens die Lumpen und ihre Brut ‚sozial‘ aufgestiegen sind ohne das Mindeste getan zu haben für die mit solchem Aufstieg unabdingbar zu verbindenden Befähigungsnachweise, sollte er als soziokulturell angemessene Veränderung des Sozialcharakters der Person gemäß der Aufgabe der Übernahme von Verantwortung für ein vorschwebendes ‚Gemeinwesen‘ – das entspräche der korrekten ‚Übersetzung‘ der ‚Politeia‘ Platons, die mit ‚Der Staat‘ eben nicht richtig übersetzt ist – verstanden werden.

Darin, in diesem Aufstieg durch allgemein mit der Konsolidierung der innenpolitischen Geländegewinne verbundenen ‚Nivellierung nach unten‘, die sich mittels der schlicht gewaltsamen Eroberung der politischen und gesellschaftlichen Institutionen durch den innenpolitisch siegreichen Mob – darüber täuscht die außenpolitische militärische Niederlage bisher hinweg, auf die alle Aufmerksamkeit von den ‚Historikern‘, den angestellten Chronikenschreibern, die als Praktikanten die ‚Geschichte des Unternehmens‘ verfassen dürfen um ihre Qualifikation für den Dauerjob unter Beweis zu stellen, gelenkt wird – hat durchsetzen können. In diesem Gefüge eingenistet, überlebt allein der siegreiche Opportunysmus, der keine Prinzipien kennen darf, sonst wäre er nicht, was er ist.

Die gegenwärtige Kanzlerin ist nur das Symptom dieses Ergebnisses ständiger gewaltsamer Wechsel gänzlich entgegen gesetzter Formen der Herrschaft und der Einrichtung und des ‚Verständnisses‘ der Bedeutung des Staates als Herrschaftsmittel gegen die Populationen, Bedingungen, deren Funktion als Selektionskriterien im gesamten institutionellen Gefüge weit über die Folgen der ‚Wandlungen in Begriff und Faktizität der Öffentlichkeit‘ eben sie sind, dass der Typus des Opportunisten, organisationssoziologisch: Des Chamäleons, das seine eigene Färbung dem Hintergrund bzw. der Umgebung anpasst, sich endlich als der alles beherrschende omnipräsente Typ an der Stelle des gebildeten und urteilsfähigen Bürgers durchsetzt und zur Normalform, zum Standard und dann zum Vorbild, zum Leitbild wird, der dann wiederum die Leutkultur selbst definiert, die als die allgemein verbindliche Form vorgeschrieben wird, wie sie als natürliches Exkrement dieser Mentalität und seelisch-geistiger Verfassung zum allgemeinen Nährboden alles dessen wird, was daraus an intellektuellen und Seelenverfassungen empor sprießt.

Es ist einigermaßen bemerkenswert, wie hier der kleine Michel dem Großen Onkel Sam den Rang abzulaufen versucht in Sachen voreilendem Gehorsam, den der Onkel sich gar nicht wünscht, und man darf in diesem Zusammenhang darauf vertrauen, dass der prinzipielle Mentalitätsunterschied, den man hier wahrnimmt, tatsächlich einer Differenz entspricht, die dieses Mal wenigstens die bessere Geistes- und Seelenverfassung auf Seiten des sonst kaum als Maßstab in Frage kommenden Onkels von jenseits des Großen Teichs anzusiedeln erlaubt, und zwar durchaus glaubwürdig, denn es käme dem gegenwärtigen Präsidenten der USA und seiner unmittelbaren politischen Umgebung kaum in den Sinn, in das aberwitzige Triumphgeheul des Mobs und der nationalistischen Trunkenheit jenseits des Verständnisses für das Augenblicksgefühl der Befriedigung der betroffenen Hinterbliebenen der Opfer einzustimmen, und sei es nur aus politisch verantwortlich geübter weiser Zurückhaltung, die den Triumph über einen tödlichen Ausgang einer versuchten Festnahme aus grundsätzlichen Gründen der staatlichen und politischen Verantwortlichkeit ebenso verbietet wie die Entgleisung, die eventuellen tödlichen Folgen einer politischen Entscheidungen als persönlichen Triumph oder als persönliche ‚Freude‘ zu reklamieren.

Die postfaschistische Geistes- und Seelenverfassung der im Schatten des Großen Onkels sich mehr oder weniger freiwillig bekennenden (outenden) Öffentlichkeit und Politik bis in die Wurzeln der Mentalität, aus denen sie sich speist und deren Erbschaft sie verwaltet, ist dagegen blitzartig bis auf den Grund erleuchtet, einen Abgrund, an dessen Grund sich zeigt, was Herrschaft in diesem Land tatsächlich ist und wovon  sie getragen wird. Man darf sich für diese Vignette bedanken. Sie ist sonst vor allem auch akademisch viel besser gedeckt  im Berufsbeamtentum und die Vampire wissen meist ihre Reißzähne besser bedeckt zu halten. Man muss immer auf diese Momente warten, wo ihr Trieb angesichts einer ihm, seiner Giert entgegenkommenden Überraschung unmittelbar durchschlägt auf die Motorik, die das Gebiss der Bestie spontan entblößt.

Nun kennt man von dieser Person ihre allgemeine Entschlossenheit zu Paradigmenwechseln. Und in der Tat handelt es sich hier auch um einen solchen, auch wenn das nicht dabei steht. Denn dass ein Staatsoberhaupt sich derart erklärt ist eine Innovation. Sie geht weit hinaus über die postfaschistische Errungenschaft der Einheitsübersetzung des Gebots in der Form: Du sollst nicht morden. Denn hier ist es die ausdrückliche Bekundung der Freude über den herbeigeführten Tod eines Individuums, die diese ‚innovative Übersetzung‘, also eine hermeneutische Leistung weit überbietet, indem sie einen Fortschritt, der von dem sokratischen Satz über das Gebot: Du sollst nicht töten, zu der Form: Du sollst nicht morden (Totschlag, fahrlässige Tötung [im Straßenverkehr oder der Schlägerei am U-Bahnhof], Körperverletzung mit Todesfolge, Misshandlung mit Todesfolge, ‚Tötung im Interesse des Staates‘, einschließlich Massenmord, wenn's gerade beliebt, alles das ist hier ausgenommen, insofern es juristisch kodifizierter Tatbestand ist, und selbstverständlich alle Tötungen, die nicht juristisch kodifizierter Tatbestand sind, und da die juristische Kodifizierung kontingent ist in Bezug auf den Machtapparat der Staatsgewalt, indem ihr freisteht, zu kodifizieren, was sie zu kodifizieren wünscht, und ebenso, das zu unterlassen oder ausdrücklich etwas zuzulassen, ist der Charakter dieses Paradigmenwechsels so weit klar) ausdrücklich noch durch die Freude des Staatsoberhauptes selbst mit einem Sahnehäubchen der Extravaganz ziert, die den Atem stocken lässt, wo nicht die Abstumpfung sich längst darauf zurück gezogen hat, dass eh längst alles egal ist.

Auch die empirische Beobachtung mildert den Eindruck nicht, dass diese Bekundung der ‚Freude‘ singulär ist. Keiner der Diktatoren, die gerade um ihr Überleben gegen die von ihnen geknechteten ‚Bevölkerungen‘ mit in der BRD gekauften schweren Kriegswaffen zu Massakern greifen, keiner der Sprecher anderer Staaten, nicht einmal dessen, der die Aktion dieser Tötung angeordnet hat, hat sich zu einer derartigen Bekundung von ‚Freude‘ hinreißen lassen. Und das ist deshalb bedeutsam, weil man dieselbe Bekundung als Genugtuung trauernder Betroffener entsprechend der ‚natürlichen Eingebung des Augenblicks‘ durchaus verstehbar findet, während die politische Erklärung eines Staatsoberhaupts in dieser Hinsicht ganz unverständlich bleibt, es sei denn als Entgleisung, die indessen etwas preisgibt über den Staat, an dessen Spitze die Person gelangt ist wie über ihre Mentalität, die als die der Aufsteigerin gänzlich zu diesem Aufstieg an diese Stelle passen dürfte, indem sie wiedergibt, was das an Qualifikation und Kompetenz in soziokultureller Hinsicht verlangt von dem Bewerber. Denn die Funktion sucht sich das zu ihr Passende und nicht umgekehrt. Darin besteht ja der Unterschied zwischen Person und Institution, dass die erstere zur letzteren passen muss und nicht umgekehrt.

Deshalb kann es dennoch interessant sein, auf die Besonderheiten der Herkunft der Person zu achten: Jeder kann die Herkunft dieser Person kennen. Es ist eine Tochter aus einem evangelischen Pastorenhaushalt eines Staates, der inzwischen verschwunden ist. In diesem Staat stammt sie aus dem Umkreis derer, die man wohl als ‚die Guten‘ bezeichnen muss, auch wenn das gemildert wird durch den Umstand, dass die Person sich diesem Staat, wie das so geht, wenn man ‚keine Wahl‘ hat, als ‚Sekretärin für Propaganda‘ angedient hat.

Da fällt nun auf, dass auch die Anordner der Schüsse an der Mauer, so wenig wie die, die sie abgaben, sich jemals dazu haben hinreißen lassen, ihre Freude zu bekunden angesichts der Tötung eines Flüchtlings, und auch der in Jerusalem zum Tode durch den Strang verurteilte Adolf Eichmann hat sich eher lustlos zu seinen ihm auferlegten Pflichten geäußert und dazu, dass er Mühe hatte, all dies tun zu müssen und dabei doch Mensch zu bleiben.

Man sah, dass hier der moderne Sachbearbeiter noch mit den Anfangsschwierigkeiten zu kämpfen hatte, die die Empfindung des ‚Widerspruchs zwischen Pflicht und Neigung‘ den Resten der bürgerlichen oder auch kleinbürgerlichen Identität des vormaligen Gymnasiasten noch entgegen setzte, ein durch diverse Reformen und Paradigmenwechsel im ‚Bildungssystem‘ erfolgreich bewältigtes Dilemma. Nichts davon ist den mit dem Mauerfall freigesetzten Identitäten davon noch anzumerken.

Ihre perfekte Anästhesie macht die Bekundung von Freude auch beinahe zu einem Paradoxon, wenn der außergewöhnliche Fall der gelungenen Tötung nicht wäre, der auch diese perfekte Anästhetisierung des Funktionärs der Politik für einen Augenblick bewegen kann zu einer Regung, die auf die Maske der perfekten Indifferenz ein Lächeln zu zaubern vermag, die dieser Freudenbekundung eine überraschende Glaubwürdigkeit und Authentizität verleiht.

Diese Art von Skrupeln von Amtsträgern, man möchte sagen, diese Lustlosigkeit des Sachbearbeiters endlich zu überwunden zu haben um zum Bekenntnis der ‚Freude‘ über die gelungene Tötung (Denn was für ein Individuum gilt, wird durch die bloße Masse erfolgreich getöteter Individuen nicht vermehrt, insofern ein Prinzip ein Prinzip ist, aus dem dann beliebig viele im entsprechende Ereignisse folgen können) fortzuschreiten, das ist in der Tat der Paradigmenwechsel, der sich hier feststellen lässt, diesmal zu Recht, denn das hat niemand angeordnet, sondern er hat sich einfach vollzogen, mit ihr und durch sie hindurch.

Das in dieser eindeutigen Form dokumentiert zu haben und zu verkörpern zugleich ist das historische Verdienst dieser in vieler Hinsicht bemerkenswerten Person, die wie keine das allgemeine Prinzip verkörpert, das in den Strukturen eines Gefüges, das in fünf Generationen wenigstens neun grundlegend unterschiedene politische Superstrukturen über einer verblassenden und erodierenden soziokulturellen Form zu tragen hatte, mit den entsprechenden Folgen für die persönliche Orientierung des ‚Aufstiegswilligen‘ zum herrschenden Prinzip aller Karrieren geworden ist. Zugleich ist exemplarisch klar geworden worin der Fortschritt durch Paradigmenwechsel tatsächlich besteht, die innovative Kraft des Bekenntnisses zu neuen Prinzipien des Zusammenlebens.

Und dafür kann man nicht genug Dank und Freude ausdrücken. Bravo. Gut gemacht. Dazu passt die sogleich folgende Erklärung, dass nun überall die Kontrollen ‚verschärft‘, bewaffnete Präsenz verstärkt, mehr oder weniger erklärte Ausnahmezustände verlängert, Gesetze optimiert, kurz, dass die innenpolitische Präsenz der Sanktionsdrohung der organisierten Gewalt überall spürbarer werden muss, natürlich zum Besten ‚der Bevölkerung‘. Der reaktiven Paranoia, die die Aktion gebiert, entspricht die Verstärkung der Kontrolle der Population als Objekt der organisierten Gewalt. Im Übrigen wird der Zusammenhang zwischen den bösen (Taliban, Al Kaida) Dschihadisten und den guten (der ihrer Diktatoren überdrüssigen Bevölkerungen, die deren Herrschaft der tätigen Dekaden langen Mithilfe der ‚Demokraten‘ des Westens verdanken, ganz falsch, aber durchaus interessiert eingestuft, indem man sich beeilt zu betonen, dass die ihrer Diktatoren überdrüssigen Bevölkerungen der muslimischen Welt in keiner Weise zu tun haben mit den bösen Terroristen. Sie setzen nur auf einen anderen Versuch, indem sie sich en masse zunächst (!) auf die ‚als zulässig und legitim‘ eingestuften Formen verlegen um ihre Interessen durchzusetzen. Wehe, wenn das schiefgehen sollte und der Eindruck sich durchsetzt, dass ‚der Westen‘ damit mehr oder weniger offensichtlich zu tun haben könnte. Dann ist eine andere Wendung zu erwarten, und sie ist dann ja auch unvermeidlich, denn keine Erfahrung wird sich neutralisieren lassen, die darauf hinausläuft, dass man sich wehrlos abschlachten lässt, nur um den ‚Demokraten‘ zu gefallen, deren organisierte Apparate hinter dem Rücken der Abgeschlachteten mit den Schlächtern zusammenarbeiten in bestem Einvernehmen, solange sich ein Geschäft mit Waffen machen lässt.

Im Übrigen schweigen sich die Spitzenfunktionäre auch der US-Politik nach wie vor hartnäckig aus über die Bedeutung der von den Briten mittels eines militärischen Überfalls auf Afghanistan gezogenen Durant-Linie für die Existenz Pakistans und dessen Interessen gegenüber Afghanistan, wo sich niemand dazu überreden lässt, die ausgelaufenen ‚vertraglichen Regelungen‘ zu eneuern, und vielmehr niemand es sich leisten kann, die Längsspaltung des Siedlungsgebiets der Paschtunen weiter zu dulden, unter Umständen, die die vereinbarte Rückgabe des zugunsten des heutigen Pakistan abgespaltenen Territoriums vorgesehen haben ohne Rücksicht auf das zum Zeitpunkt des ‚Vertrages‘, der den Verlauf der Durantlinie ‚regelte‘ gar nicht existierende Pakistan. Bei genauem Hinsehen geht es in dem Krieg darum, die Endgültigkeit der Durantlinie als Grenze ‚zwischen Pakistan und Afghanistan‘ durchzusetzen und Afghanistan als operatives Hinterland gegenüber Indien zur Verfügung Pakistans zu halten. Weder den britischen noch den US-Funktionären geht auch nur ein Wort über die Existenz der Durant-Linie über die Lippen noch über die gegenwärtige ‚Vertragslage‘ nach der Verabredung, die sich nach dem Auslaufen des hundertjährigen (!) Vertragsdauer. Beide ignorieren scheinbar, was die Voraussetzung dessen ist, was sie da tun und durchsetzen wollen. Und in Deutschland ist die informierte Viertelbildung – die sich daraus ergibt, dass einer vom anderen lernt, was er/sie beide nicht wissen – so niedrig anzusetzen, dass das öffentliche Geplapper immer noch hoch oberhalb dem von diesen Informanten informierten Population rangiert, allerdings auf einem einzigen, recht kurzen Gleis ohne Weichen.

Es ist Anlass zur Freude,zur Freude über die ‘Spontaneität’ der Bundeskanzlerin. Anders hätte sich über ihre wirkliche seelisch-intellektuelle Verfassung und Mentalität als Repräsentantin der Personalgruppe, der sie das Maß setzt, nichts so Sicheres leicht ausmachen lassen.

Von der Mentalität, die sich im Staat der USA wie in ihrem gesamten ‘Kino’ und globalem Kriegs-Theater (Clausewitz) so gut ausdrückt wie in den Grundlagen eines Staatsgefüges, dessen soziokulturelle ‘Identität’, sein Sozialcharakter wie seine Kapitole auf den Gräbern einer ausgerotteten Kultur und Lebensform aufgeführt sind (was gerade befreite und aufgestiegene Neger leicht vergessen, deren ‘dream’ exakt der ist, den Martin Luther King angeblich hatte, nämlich dass es ihm und seinen Kindern einmal besser geht, ganz gleich auf wessen Kosten), so kann man das anlässlich dieses eher marginalen Einzelfalles fast vergessen. Allgemein ist allerdings auch dieser Einzelfall der Beleg dafür, dass sich die USA, als Ganze und als Individuum, nach wie vor überall in Indianerland bewegen und sich auch so benehmen.  Hier wird einfach ein innenpolitisch, bei der ‘Besiedelung’ des Nordteils des Kontinents bewährtes ‘Prinzip’, das Prinzip der protestantischen Religiosität der Glorious Revolution, tapfer auf den Globus übertragen, der in militärische Zonen segmentiert, im Prinzip nichts ist als der auf dem Großen Trek und der ‘Erschließung des Westens’ noch nicht durch die Beschreibung eines ‘full circle’ kolonisierten Geländes ‘ahead’:

Dieser Mentalität und diesem Machtapparat ist der Globus Indianerland.

Es gibt lustige, etwas ältere  Computerspiele, die diese Mentalität computerisiert haben, etwa

JAZZ JACKRABBIT und DUKE NUKEM

Wirklich niedlich.

Das ist ein guter Anlass weiterhin gespannt ‘nach vorne zu sehen, bis es diesem diesem Akteur gelingt, seinen eigenen Rücken zu erblicken. Das wird vermutlich zusammenfallen mit einer globalen Population von nicht, wie zu diesem Zeitpunkt, sieben, sondern um zehn Milliarden Gattungsexemplaren der Tiergattung Homo sapiens auf der geschlossenen Oberfläche der Kugel, den der Größenwahn so bescheiden ‘unseren Planeten’ nennt, wie er die Galaxis, in der dies alles sich abspielt, ‘unsere Galaxis’ nennt. Es ist umgekehrt, Leute, umgekehrt.

 

Na dann schau mer mal.

Und Tschüss.

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