Tractatus Logico-Motoricus.
Prolegomena zu einer Systematik und der Eigenart des Problems der Technischen Dokumentation als Literaturtypus.
28. August 1990
What you see is what you get
(soft-ware Jargon)
Inhalt:
Vorbemerkung
Text (Satz 0. - 34.1.)
Vorbemerkung.
Man kann der einschlägigen Literatur die Empfehlung entnehmen, man solle möglichst einem Text eine Exposition vorausschicken, die seinen Sinn vorab zu verdeutlichen imstande sein kann.
Andererseits kann man eine ebensolche, aber anders gerichtete Empfehlung entgegennehmen, die möglichst sachliche Kürze und Klarheit verlangt, also, daß man nichts Überflüssiges tut oder sagt bzw. schreibt.
Wenn sich demgemäß eine in möglichst knapper Form gehaltene Überlegung von selbst verstehen müßte, weil sie knapp ist und Überflüssiges vermeidet, so kann sie andererseits, gerade weil sie das vermeidet und erkennbar für überflüssig hält, auch wieder unzugänglich wirken.
Zudem: wenn man als Autor, zumal mit der Absicht auf die Kompetenz des Autors für Technische Dokumentation, ein Desiderat aufzuspüren versucht und das durch eine Form der Definition, der Durchführung bzw. die Wahl einer Themenstellung deutlich zu machen versucht, dann kann man nicht ohne weiteres damit rechnen, daß dem Desiderat auch eine Nachfrage entspricht. Nicht alles, was man aus Gründen für ein Desiderat halten kann, muß deshalb auch einer Nachfrage entsprechen bzw. eine Nachfrage ansprechen. Das kann auch auf Vorwegnahmen beruhen, die sich erst synchronisieren müssen mit der allgemeinen Entwicklung.
Man kann der Ansicht sein, daß dieses mögliche Auseinanderklaffen der Absicht einer Themenwahl und der Erfahrung, die man mit dem Resultat der Mitteilung dieser Absicht durch seine Bearbeitung machen kann, an der Erfahrung die Absicht und ihr Produkt ad absurdum führen muß.
Das ist aber so nicht richtig, obwohl es auch etwas Richtiges enthält. Es gibt den Versuch, auf den es ankommt, für den einen oder den anderen, den Versuch, der Auskunft gibt darüber, als experimentum crucis, ob es zu einem Kontakt kommen kann oder nicht, und wenn, mit welchem Ergebnis.
Solche Versuche können unerwartete oder wenigstens unerwünschte Ausgänge haben, für den einen oder den anderen, aber sie geben auch dann eine Auskunft, wenn sie nicht so ausfallen wie erwartet.
Und das gilt in verschiedener Hinsicht.
Ent-Täuschungen haben nicht notwendig negativen Charakter. Sie entsprechen auf jeden Fall einer Erfahrung, die weiteres Handeln anleiten kann, weiteres Handeln zudem, das Ergebnisse erbringt, die wünschenswert sind oder dafür gehalten werden können.
Erfahrung jedenfalls ist immer begrüßenswert, im Verhältnis zur Vermutung oder zur Ungewißheit. Insofern sind Versuche jedenfalls zu begrüßen, als sie Ergebnisse erbringen können, die so oder so weiterhelfen auf Wegen, auf denen der Gang der Dinge nicht schon in jeder Hinsicht geklärt ist. Innovation kommt ohne Versuch - und entsprechend auch gelegentlich ohne Irrtum - nicht aus. Diese Kehrseite der Innovation, ihr Risiko, wird oft zu Recht als unangenehm empfunden. Gleichwohl gibt es ohne Risiko gar keine Innovation.
Vor den Erfolg der Innovationen hat also die Struktur der Wirklichkeit selbst das Risiko gestellt. Intelligenz - selbstredend nicht die des Autors - entfaltet sich in einem Sozialraum riskanter Unternehmen, mindestens aber risikoreicher. Und Erfolg ist das Resultat einer intelligenten und risikoreichen Überwindung des Riskanten an dieser Art von Entwicklung, sowohl ihrer selbst als auch dem jeweiligen, durch Entwicklung überwundenen Status der Wirklichkeit.
Das Risiko, das der Autor übernimmt, besteht in diesem Fall in der Eigenständigkeit der Untersuchung eines potentiellen fruchtbaren Arbeitsbereiches auf einen möglichen Bedarf - das Desiderat - hin, in der selbständigen Bestimmung der Thematik und schließlich in der eigenständigen Anwendung von ihm verfügbaren analytischen Untersuchungs- und Forschungsmethoden sowie einer exemplarischen Durchführung eines Aspekts einer solchen Untersuchung, die einen Einblick zu geben in der Lage sein kann in die Art und Weise einer möglichen Fortführung der Untersuchung eines keineswegs erschöpften Themas. Dabei sind einige Voraussetzungen in den Einsatz eingegangen, die nebenbei formuliert werden können:
Vorausgesetzt ist, daß die Technische Dokumentation ein Literaturtypus ist. Das kann dem einen als eine unzulässige Abwertung, dem anderen als eine unangemessene Abwertung erscheinen. Schließlich soll der Technische Autor keine Romane und auch keine Gedichte schreiben. Diese Antwort beruht jedoch auf einem Mangel an Kenntnis sowohl der Zivilisationserscheinung Literatur - als einer schriftlichen Form der Darstellung von Sachverhalten - als auch auf der Zeitgebundenheit dieser Erscheinung.
Die Literatur in dem gängigen und scheinbar selbstverständlichen Sinn des Wortes war und ist ebenso eine Markterscheinung wie andere Kulturerscheinungen auch. Die damit verbundenen Assoziationen gehen von einem diffusen Schulverständnis bestimmter Inhalte oder sogenannter Geisteshaltungen aus, die sich schließlich aus einem Mangel an Sachkenntnis zu dem gängigen Vorurteil über das verfestigen, was Kultur eigentlich ausmacht. Es sollte zu denken geben, daß diese scheinbare Nobilitierung stets zugleich meist mit einer Abwanderung in die Nischen der Sonntagsreden und der Feierlichkeiten verbunden ist und war, die sich als Patina, man kann auch respektlos sagen, als Korrosionserscheinung, also als Alterserscheinung, auf dieser Art von Kulturphänomenen festsetzt, während sie zugleich in's Museum überwiesen werden.
Damit kann aber auch zugleich klar werden, daß Kultur in diesem Sinne, als Verwaltung von Museumsbeständen, bestenfalls nur die eine Seite einer immerhin marktgerechten Bedarfsbefriedigung ausmachen kann. Die andere ist dort, wo Gebrauchstexte für die jeweilige Gegenwart gemacht werden, und da kann sich in einer innovativen Marktgesellschaft eben auch etwas entwickeln, das nicht (mehr) in den Horizont einer überkommenen Vorstellung von Literatur passt, dennoch alle ihre Merkmale hat, aber einen derartig veränderten Bezugspunkt innerhalb der veränderten Lage, daß es eine Weile benötigt, bis selbst die, die mit ihrer Herstellung befasst sind, bemerken, daß sie auf völlig neue Weise an etwas anknüpfen, was ihnen selbst eher das Gegenteil dessen zu bedeuten scheint von dem was sie tun, als daß es irgendeine Ähnlichkeit damit aufzuweisen hätte.
Die Theorie Der Zwei Kulturen erfährt inzwischen eine gewisse Verbreitung. Unter dem Stichwort ist eine Diskussion zusammengefasst, die ungeachtet strittiger Haltungen gegenüber den Gliedern des Gegensatzes davon ausgeht, daß die Technologen und die mit den klassischen Techniken der Sprachanalyse und -auslegung befassten Wissenschaftler- bzw. Praktikertypen, bzw. die, die aus solchen intellektuellen Herkunftsländern kommen, sich zu zwei gegeneinander mehr oder weniger hermetisch abgeschotteten Subkulturen ausgebildet haben, von denen die eine die andere aus verschiedenen Gründen verachtet, ob mit Recht oder Unrecht, ob aktiv oder durch die Devise: nicht mal ignorieren.
Ob das so sein muß, ist nicht das Problem. Daß etwas daran ist, ist unbestreitbar.
Zudem ist unbestreitbar, daß die Technologen, die Ingenieure, die technischen Praktiker zur Entwicklung der modernen Welt mehr Produktives beitragen und beigetragen haben als die, die immer in Sachen Geist unterwegs sind. Das wird leicht vergessen über der selbst unter Technikern gelegentlich grassierenden skeptischen Einstellung gegenüber den Technikfolgen, die sich vermutlich auch einer Bereitschaft zur Überanpassung an die jeweils vorherrschende diffuse Stimmungslage in großen Kollektiven verdankt, die ja keineswegs nur vernünftige Gründe haben muß, aber marktwirtschaftliche Rücksichten verlangt mindestens insoweit, als Stimmungslagen Bedarfs- und Absatzfaktoren sind, auf die man zu achten hat unter Umständen, die das ratsam erscheinen lassen, wenn nämlich für den Unternehmenserfolg - und damit für den je eigenen - etwas davon abhängt. Und da es ein Faktum ist, kann es interessant sein herauszufinden, welche Konsequenzen eine Überschreitung der undeutlich verlaufenden Demarkationslinie zwischen den beiden Gruppen hat.
Eine Sichtung der Lage entsprechend der Konzeption der Weiterbildung durch die mit ihr betraute Institution hat die Definition einer Aufgabe ermöglicht. Sie besteht in dem Versuch, der bereits dokumentierten - schon in's Unübersehbare reichenden Praxis der Technischen Dokumentation eine Systematik zu geben, die ihr als Leitfaden - und sei es nur zum Widerspruch - dienen könnte. Die Bemühung um eine solche Systematik sind allenthalben erkennbar. Aber es ist nicht klar, worin sie bestehen könnte. Die für die Zwecke der Anwendung produzierte Literatur ist quantitativ enorm, aber das Unbehagen an ihr ist es auch.
Allgemein setzt sich, wenn auch vage, und stets mit Rücksicht auf die Kosten, zu Recht - doch auch die Einsicht durch, daß es gerade die möglichen Kosten (nämlich einer nicht-zufriedenstellenden Lösung von unvermeidlichen Dokumentationsproblemen, der sich die Technischen Autoren gegenübersehen) sein können, die zu einer Beschäftigung mit einer Systematik der Technischen Literatur Anlaß sein können, und zwar nicht nur unter den Bedingungen eines freien Marktes, sondern auch zur kognitiven Ausrichtung von großen Handlungs- bzw. Arbeitsgemeinschaften auf den kollektiven und organisierten Umgang mit technischen Großanlagen oder auch personenbezogen ausgestatteten Arbeitsumwelten, die in wachsendem Maße ohne den Umgang mit technischen Artefakten gar nicht mehr gedacht werden können, bis hinein in den sogenannten Privatbereich.
Das Klavier scheint nicht mehr der Hauptrepräsentant der Kultur zu sein, es sei denn der des neunzehnten Jahrhunderts. Das allenthalben gegenwärtige Symbol der Gegenwartskultur ist ein komplexes technisches Artefakt mit unabsehbaren Zukunftsaussichten: der Personalcomputer. Das Problem seiner Handhabbarmachung ist exemplarisch für die Technische Dokumentation, jedenfalls aber allgemein zugänglich weit über den Bereich der industriellen Produktion und -verwaltung hinaus.
Die zwingende Durchdringung der gesamten Alltags- und Arbeits- sowie Privatwelt mit dem gewöhnlichen Zwang zur Handhabung von Produkten, Artefakten, mit Strukturen wachsender Komplexität läßt das bisher auf den engeren Umkreis der Arbeitswelt eingeschränkte Problem der Technischen Dokumentation deutlicher in den Blick treten, zumal es selbst nur Symptom ist für die allgemeine Tendenz zur steigenden Technologisierung des Lebens großer Kollektive insgesamt, also auch der Arbeitswelt selbst, die diese Entwicklung einerseits vorantreibt und hervorbringt, andererseits aber ebenso davon betroffen ist. Eine schnelle, zweckmäßige und ebenso sachangemessene wie extensive und intensive Nutzung der mit den Produkten gegebenen Vorteile ist von allgemeinem Interesse. Das macht das so oft betonte Interesse an der Verständlichkeit, der Zugänglichkeit der Technischen Dokumentation, und über diese der Produkte, die sie dokumentiert, so einleuchtend wie erkennbar dringend.
Die Praktiker haben einen enormen Schatz von Erfahrungen parat. Die sind meist in der Form von Katalogen von möglichen erfahrenen Einwänden gegen eine Dokumentation präsent, darüberhinaus auch in der Form von handwerklichen Regeln, Vorschriften, Verboten, Rücksichtnahmezwängen usw. Dies alles hat seinen guten Sinn. Aber die Erfahrung ist bekanntlich ebenso sehr ein mögliches Hindernis wie ein sicherer Leitfaden für die Handhabung von Problemen, die wiederkehrende Aufgaben stellen bzw. Lösungen nahelegen.
Was fehlt ist eine Systematik der Probleme und der Eigenart der Technischen Dokumentation als Literaturtypus, den der Stand der allgemeinen technologischen Entwicklung und der Wunsch nach ihrer möglichst problemlos und schnell zugänglichen Nutzung erzwingt.
Die Möglichkeit einer solchen Systematik kann man in's Auge fassen. Das ist der Sinn der folgenden Überlegungen.
Sie sind für einen äußerst begrenzten Zweck verfasst, und diese Begrenzung erzwingt ihre Kürze und auch ihren exemplarischen Charakter. Sie führen auf engstem Raum eine Möglichkeit vor, die voraussetzungsvoll ist.
Es ist nicht Sache, hier über diese Vorlaussetzungen zu reden. Das heißt aber nicht, daß sich das nicht machen ließe.
Eine dieser Voraussetzungen ist allerdings wünschenswert: die Erfahrung mit der Untersuchung praktischer Probleme, die die Durchführung einer Technischen Dokumentation stellt.
Eine andere ist die Verfügung über analytische und Forschungs- bzw. Darstellungsmittel, die sich nicht unmittelbar aus dieser Praxis gewinnen oder ableiten lassen.
Eine dritte Voraussetzung ist in der in's Unübersehbare tendierenden Produktivität der Technischen Autoren selbst zu sehen. Als Material für die Analyse ist es die Art von Bedingung, die im Vorhandensein eines Gegenstandes der Untersuchung für eine systematische Absicht zu sehen ist.
Die Absicht der vorliegenden Untersuchung ist begrenzt: sie will deutlich machen, daß es eine mögliche systematische Herangehensweise an diesen Gegenstandsbereich gibt, und mit möglichst knappen Mitteln für die Einsicht werben, daß sie sinnvoll sein kann, und daß sie der Praxis, auf die sie sich bezieht nicht widerspricht, sondern vielmehr aus der praktischen Arbeit selbst nicht nur folgt, sondern sogar auch die Bedingung ihrer Möglichkeit ausmacht, ob das nun bewußt ist oder unbewußt.
Es ist nicht Aufgabe der Untersuchung, dies nun im einzelnen nachzuweisen, sondern möglichst soweit vorzuführen, daß der Zusammenhang durchsichtig werden kann.
Die Untersuchung selbst bleibt deshalb möglichst auf das Wesentliche konzentriert und entsprechend knapp, im Unterschied zu diesen einführenden Bemerkungen, die man ebenso gut überlesen kann wie als eine Einführung betrachten, die sich selbst dadurch überflüssig macht, daß sie niedergeschrieben bzw. gelesen worden ist.
Die Nummerierung der Sätze folgt der Absicht, den Ableitungszusammenhang, in dem sie aufeinanderstehend folgen, möglichst durchsichtig zu machen, andererseits auch darauf hinzuweisen, daß die Sätze auf Ornamente - von der Art einer Redundanz, die zum besseren Verständnis durchaus beitragen kann - möglichst verzichten. Das macht auch ihr eigenartiges Verhältnis zu diesen Vorbemerkungen aus, von denen sie sich in ihrer inneren Organisation wesentlich unterscheidet.
Text
0. Die Analyse der Probleme und der Eigenart der Technischen Dokumentation als Literaturtypus ist selbst keine Technische Dokumentation.
0.1. Entsprechend ist die Sprache der Analyse der Technischen Dokumentation eine Metasprache, ihre Sätze sind Sätze einer Rede über Technische Dokumentation und die Strukturzusammenhänge, aus denen sie als Literaturtypus entsteht.
0.2. Die Analyse der Eigenart und Entwicklung der Technischen Dokumentation dient der Klärung der Zusammenhänge und ihrer Voraussetzungen, von denen her ihre Funktion verständlich wird.
0.3. Die Analyse der Technischen Dokumentation und ihrer Funktion dient der Explizitmachung des Impliziten - wie jede Analyse.
0.4. Es gibt zwei Hauptbezugspunkte (zwei Hauptsysteme), von denen die Technische Dokumentation abhängig ist: das ist a) der Funktionszusammenhang der technischen Basis, auf die sie sich bezieht, und b) der Handlungszusammenhang, auf den sie sich bezieht. Man kann die Technische Dokumentation als eine intervenierende Variable in das organisierte Verhältnis dieser beiden Bezugsgrößen betrachten.
1. Technische Dokumentation ist sachbezogen geordnete Information.
2. Der sachliche Bezugspunkt der Technischen Dokumentation ist die Handlung.
2.1. Unter 'Handlung' ist dabei eine geordnete Folge von Manipulationen an einem Gerät, einer Maschine oder einem Aggregat von solchen zu verstehen, die auf ein bestimmtes, gewöhnlich vorgegebenes Resultat abzielen.
2.2. Insofern ist der sachliche Bezug der Technischen Dokumentation durch ihren Charakter als Teilprodukt einer ihr vorgängigen technischen Realisierung von Zweckzusammenhängen gegeben.
2.3. Die Technische Dokumentation hat den Zweck, auf die bestmögliche Art und Weise die Folge der einzelnen Handlungsschritte im Hinblick auf kürzestmögliche Erreichung des mit der Handlung angezielten Resultats zu organisieren.
2.3.1. Der Zweck der Technischen Dokumentation liegt also nicht in ihr selbst.
2.3.2. Soweit sie selbst einen Zweck hat, ist Technische Dokumentation Darstellung von mindestens zum Teil unsinnlichen Vorgängen oder Sachverhalten bzw. Funktions- oder Handlungszusammenhängen, die einen zeitlichen Ablauf im Zusammenwirken von Handlungen (von Menschen) und Funktionen (von Geräten, Maschinen, Apparaten und deren Aggregationen) fassbar werden lassen sollen.
3. Den Aspekt des Zusammenhanges von Handlungen und Funktionszusammenhängen von Geräten, Maschinen usw., der die Seite der technischen Realisierungen betrifft, kann man zusammenfassend als 'technisches Artefakt' bezeichnen.
3.1. Ein 'Artefakt' ist ein 'künstlich', more ars = gr. technognom, ein technisch hergestelltes, also kein Natur-Produkt.
4. Die Technische Dokumentation ist die Darstellung dieser Sachverhalte, Vorgänge, Funktionen und Handlungen sowie deren Zusammenhänge mittels sachlich geordneter Information.
4.1. Diese Information wird gewöhnlich mittels audio-visueller Medien (Sprache/Schrift/Bild/Film) dargestellt.
4.2. Diese Darstellung ist nicht identisch mit der Wirklichkeit der auf diese Weise und mittels dieser Medien dargestellten Sachverhalte, Vorgänge usw.
5. Technische Dokumentation ist eine mittels verschiedener Darstellungsmedien in bestimmter Weise organisierte Verdoppelung der Wirklichkeit der gemeinten Sachverhalte, Vorgänge usw.
5.1. Mit 'Verdoppelung' ist hier gemeint, daß der als und durch technische Realisierung in der Gestalt des technischen Artefakts bereits existierende Sachverhalt oder Vorgang bzw. der Funktionszusammenhang oder der praktische Zusammenhang von Handlung und Funktion, der den durch sie angezielten Zweck realisiert, als praktische Wirklichkeit außer der Technischen Dokumentation existiert.
5.2. Die Technische Dokumentation ist also insofern 'Verdoppelung', als sie einen praktisch realisierten oder realisierbaren Zusammenhang von Handlungen und Funktionen technischer Artefakte mittels Darstellungsmedien teilweise oder vollständig im Sinne der Technischen Dokumentation realisiert.
5.3. Die Technische Dokumentation ist Darstellungszusammenhang gegenüber dem praktischen Zusammenhang von Handlungen mit Funktionen von technischen Artefakten.
6. Insofern Technische Dokumentation selbst eine Voraussetzung ist für die Umsetzung, die Verwirklichung, die Realisierung von Handlungen an technischen Artefakten jeder Art, insofern sie nur als folgerichtige Handlungen zu dem gewünschten Resultat zu führen vermögen, ist Technische Dokumentation Teil der Bedingungen der Möglichkeit der Realisierung des angestrebten Zweckes, dem sie untergeordnet ist.
7. Mindestens ebenso sehr ist Technische Dokumentation aber auch ein Teil des Produkts selbst, dessen Funktionsweise oder Aufbau sie zweckgebunden zur Darstellung bringt.
8. Technische Dokumentation ist desto mehr ein integraler Bestandteil des Produkts (eines technischen Artefakts oder Funktionszusammenhangs), je abstrakter die Vorgänge und Sachzusammenhänge, die seine Zweckrealisierung ausmachen realisiert, d. h., je weniger sie unmittelbar sinnlich - etwa anhand von äußeren Merkmalen (wie z. B. bei einer Schreibmaschine) - erkennbar bzw. zugänglich sind.
9. Technische Dokumentation setzt die Realisierung des dokumentierten technischen Artefakts und seine Funktionstüchtigkeit voraus.
9.1. Als 'Realisierung' kann das Vorliegen einer ersichtlich funktionstüchtigen Konstruktion gelten, die im Test des Prototyps womöglich noch verändert (optimiert) wird.
9.2. Insofern geht - nicht notwendig in einem zeitlichen Sinne das Technische Artefakt und seine Realisierung in der Konstruktion der Technischen Dokumentation voraus.
10. Es hängt von der Eigenart eines technischen Artefakts ab, ob und inwieweit es der Technischen Dokumentation bedarf.
10.1. Die Technische Dokumentation ist, als Literaturtypus, nicht nur gegenüber nicht zweckgebundenen Texten, sondern auch gegenüber anderen Arten von zweckgebundenen Texten abzugrenzen, so etwa von Texten, die die physikalischen, chemischen usw. Voraussetzungen für die Konstruktion, Realisierung und die Funktionstüchtigkeit technischer Artefakte darlegen.
10.2. Technische Dokumentation ist auch von anderen Arten von sachbezogen organisierter Information in pragmatischer Absicht zu unterscheiden, und zwar durch ihr eindeutiges Abhängigkeitsverhältnis von dem technischen Artefakt, dem sie zugeordnet und ohne das sie selbst ohne (pragmatische) Bedeutung ist.
11. Technische Dokumentation in dem bisher beschriebenen Sinne ist eindeutig bestimmt durch die Vorgänge, Sachverhalte, Funktions- und Handlungszusammenhänge, die sie dokumentiert bzw. verbindlich vorschreibt oder ausschließt.
11.1. Dieser Bezug ist jedoch nicht das einzige Kriterium der Vereindeutigung ihrer Funktion bzw. ihrer Form.
11.2. Ein weiteres Kriterium ergibt sich aus der unter dieser Voraussetzung stehenden 'inneren Form' der Organisation der darzustellenden Information.
11.2.1. Die Folgerichtigkeit in der Darstellungsweise der Sachverhalte usw. einer Technischen Dokumentation, ihre logische - 'innere' - Form, die sie unabhängig von den Funktionszusammenhängen des technischen Artefakts haben muß, das ihre Voraussetzung ist, ist bedingt:
11.2.1.1. durch die Eigenart des technischen Produkts.
11.2.1.2. durch die Reihenfolge der Handlungen, die ausgeführt werden müssen, damit der angestrebte Zweck erreicht wird, dem das technische Artefakt und die Technische Dokumentation dienen
11.2.1.2.1. - wobei die Reihenfolge der Handlungen wiederum bedingt ist durch die Art des Zusammenwirkens der 'Bedieneroberfläche' (Hebel, Bildschirm, Skalen usw.), also den Funktions- bzw. Konstruktionselementen, die den handelnden Eingriff ermöglichen, mit den internen Funktionszusammenhängen des technischen Artefakts einerseits und den Handlungen des/der durch die Art und Weise seines/ihres Tuns in diese Funktionszusammenhänge Eingreifenden (Menschen) –
11.2.1.3. durch die Eigenart der Medien der Darstellung, z.B. Sprache, Schrift, Bild, 'Film'.
12. Der `Gegenstand' der Technischen Dokumentation ist nicht identisch mit dem technischen Artefakt, auf das er sich bezieht.
12.1 Der Gegenstand der Technischen Dokumentation ist vielmehr die Einordnung des Artefakts, insoweit es in Handlungszusammenhänge eingeht.
12.1.1. Der Handlungszusammenhang bleibt dabei als solcher unspezifisch. Das Gerät, die Maschine, das Aggregat kann zu verschiedenen Zwecken in verschiedenen Handlungszusammenhängen fungieren.
12.1.1.1. Nur das 'Daß' und das 'Wie' der möglichen Gebrauchsweisen von Objekten - als Mitteln - werden dargestellt, unter der Voraussetzung einer Absicht zu ihrem Einsatz, und nur soweit die Möglichkeit des Einsatzes - bzw. die Wiederherstellung der Einsatzmöglichkeit - gewährleistet werden muß.
12.2. Der Gegenstand der Technischen Dokumentation ist insofern durch die 'externen' Eigenschaften des Geräts, der Maschine, des Aggregats, durch die 'nach Außen', in Richtung auf den Handelnden (eine Gruppe oder eine Person) gerichteten, nicht durch die 'internen' Eigenschaften des Artefakts bestimmt.
12.2.1. Als 'externe' Eigenschaften des Artefakts bezeichnen wir solche, die die Handhabung oder den Eingriff in die Funktionszusammenhänge zum Zweck des vorgesehenen Gebrauchs des Geräts, der Maschine oder des Aggregats ermöglichen.
12.2.2. Als 'interne' Eigenschaften bezeichnen wir diejenigen allgemeinen Voraussetzungen, die die Konstruktion, die Realisierung und die Möglichkeit des Fungierens des/der Artefakts/e überhaupt bedingen.
12.3. Die externen und die internen Eigenschaften des Gegenstandes sind selbst Teil des Bedingungszusammenhangs der Möglichkeit von Artefakten überhaupt.
12.3.1. Die externen und die internen Eigenschaften eines Artefakts (eines Produkts technischer bzw. der Ingenieurtätigkeit) hängen systematisch zusammen und gehen aus der dem Handelnden zugewandten Eingriffsoberfläche in die Tiefenstruktur des inneren Funktionszusammenhanges des Objekts über.
12.3.2. Die externen und die internen Eigenschaften, bezogen auf Handeln, beziehen sich auf die Bedienung bzw. die Konstruktion von Artefakten.
12.3.3. Die externen und die internen Eigenschaften eines Artefakts - bzw. seine Eingriffsoberfläche und seine Tiefenstruktur erscheinen auch als Unterschied im Bewußtsein des/der Handelnden, der/die mit ihm umgehen, so wie der/dieselbe(n) Handelnde(n) je nach Einstellung ein Automobil z.B. im alltäglichen Gebrauch benutzen, als Objekt einer Handlung, die eine Reparatur oder Wartung zum Ziel hat, oder als Gegenstand ansehen können, der nach bestimmten, physikalischen oder physikochemischen Gesetzen konstruiert ist und funktioniert.
12.4. Wir können den 'Gegenstand' der Technischen Dokumentation von ihrem 'Objekt' unterscheiden wie den Darstellungszusammenhang, der a l s Technische Dokumentation selbst Teilprodukt des Gesamtprodukts ist, und seine Voraussetzung, die technische Realisierung, die sie dokumentiert.
12.4.1. Der Gegenstand der Technischen Dokumentation ist also nicht ihr Objekt, aber auch nicht die Darstellung des Objekts.
12.4.2. Das Objekt der Technischen Dokumentation ist e i n Bezugspunkt der Darstellung.
12.4.3. Der andere Bezugspunkt der Darstellung, die die Technische Dokumentation ist, ist der Handelnde.
12.4.4. Nicht jede mögliche Handlung, die an dem Objekt der Technischen Dokumentation oder mittels seiner durchgeführt werden kann, ist an diesem Objekt durch seine Gegebenheit, durch seine Augenfälligkeit bereits selbst in ihrer Möglichkeit mit wahrnehmbar.
12.4.5. Man kann daher auch die Erkennbarkeit der durch die Realisierung des Objekts einer Technischen Dokumentation möglichen Handlungen, die mittels seiner oder an ihm realisiert werden können, nicht ohne weiteres unterstellen.
12.4.5.1. Das gilt umso mehr, je komplexer das Objekt der Technischen Dokumentation ist.
12.4.6. Es ist daher die Komplexität des Objekts der Technischen Dokumentation, die ihre Notwendigkeit erzwingt als integralen Teil des Gesamtprodukts, das sie 'dokumentiert'.
12.4.6.1. So benötigt z.B. ein Hammer kaum eine Technische Dokumentation, wegen seiner Einfachheit als Werkzeug. Es genügt zu zeigen, wie man damit umgehen muß, um seinen Zweck zu demonstrieren.
12.4.6.2. Dieses Demonstrieren des Umgangs mit einem Objekt - einem Werkzeug - liegt selbst im Bereich der Handlung.
12.4.6.2.1. Die Demonstration, die so den Umgang mit dem Objekt aufzeigt, ist selbst nicht von der Form einer Darstellung, die in demselben Sinne ein Dokument schafft bzw. ist, in dem die Technische Dokumentation dies tut, soweit sie selbst Handlung ist, bzw. als Produkt einer Handlung i s t .
12.4.6.2.2. Technische Dokumentation beginnt also erst dort, wo zur Dokumentation durch Gebrauch eines Darstellungsmediums übergegangen wird, das nicht in denselben Bereich fällt wie die Demonstration des Gebrauchs eines Objekts durch Aufzeigen oder eine ähnliche H a n d l u n g .
12.5. Der Gebrauch eines Objekts zur Realisierung dieses oder jenes Zwecks ist nicht identisch mit dem Zeigen dieses Gebrauchs durch den Gebrauch von Darstellungsmedien des Objektgebrauchs.
12.5.1. Lediglich dann, wenn dieses Zeigen ohne Umweg über Darstellungsmedien vorgenommen wird, wenn dieses Zeigen zugleich demonstrativer Gebrauch ist, fallen Gebrauch und Zeigen dieses Gebrauchs in einer Handlung zusammen.
12.5.2. Selbst wenn der zweckmäßige Gebrauch und der demonstrative Gebrauch in einer Handlung zusammenfallen, müssen sie nicht eo ipso auch in der Absicht zusammenfallen.
12.5.2.1. Man kann den Gebrauch eines Hammers dadurch demonstrieren, daß man Nägel einschlägt um den Zweck des Nageleinschlagens zu realisieren. Man kann aber auch demonstrativ Nägel einschlagen um den Gebrauch des Hammers zu zeigen.
12.5.2.1.1. Man kann, so gesehen, auch sagen, daß diejenige Demonstration des Gebrauchs und des Nutzens eines Objekts in Handlungszusammenhängen die beste ist, die zugleich mit der Demonstration des Verwendungszwecks bzw. der Gebrauchsweisen den -oder eine aus verschiedenen möglichen Gebrauchsweisen - mit dem Objekt bzw. mit dem Umgang mit dem Objekt angezielten Zweck beispielhaft realisiert.
12.5.2.2. Insofern eine Handlung also zu ihrem Verständnis der Kenntnis der Absicht bedarf, konstituiert die Absicht unterschiedliche Handlungen bei Identität z. B. der Ausführung einer Bewegung oder einer Bewegungssequenz.
12.5.2.3. Auf die 'Objektseite' der Handlung bezogen konstituiert die Handlung unterschiedliche Resultanten bei Identität der Ausführungsbewegungen, die für ihre Durchführung notwendig sind, je nach der Position, die die betreffenden Handlung in einer von verschiedenen möglichen Handlungssequenzen haben kann, die an und mittels des Objekts der Handlung durchgeführt werden können.
12.5.2.3.1. Dabei ist stets der Mittelcharakter des Objekts der Handlung unterstellt, sowie der transitiven Sinn der Handlung an und mit dem Objekt selbst, in Bezug auf ein Produkt oder einen 'output' der Handlungssequenzen, die prinzipiell zur Durchführung kommen können bzw., die als zulässig gelten innerhalb eines umschriebenen und dadurch auch begrenzten Bereich des legitimen, erlaubten oder vorgesehenen Mittelgebrauchs im Unterschied von einem prohibitiv gesperrten Bereich gleichwohl von der Handlung oder der Struktur des Objekts her möglichen Gebrauch oder Einsatz.
12.5.3. Sowohl die Möglichkeit des Austauschs der Absichten für eine bestimmte Handlung als auch ihre jeweilige funktionale Zweckbestimmung von der Objektseite her sind jeweils von der Komplexität des Artefakts, aber auch von der kognitiven Bewältigung der damit prinzipiell bereitgestellten Möglichkeiten abhängig.
12.6. Auf der Ebene der Handlung konstituiert also die Absicht der Demonstration den Aspekt, den die Technische Dokumentation zum Gegenstand einer Darstellung mit Hilfe von eigens dafür geeigneten Medien macht, indem sie den Unterschied der Absichten des Gebrauchs und der Demonstration des Gebrauchs zu einem Unterschied zwischen Teilprodukten eines Gesamtprodukts verselbständigt.
12.6.1. Insofern wird die Technische Dokumentation zugleich durch Darstellung ihrer Absicht, als Teilprodukt, dem Produkt, das sie dokumentiert, vorgeordnet in Bezug auf die Reihenfolge der Handlungen.
12.6.2. Mit wachsender Komplexität der Objekte wird diese Reihenfolge zur verbindlichen oder jedenfalls sinnvollen Reihenfolge verfestigt.
12.6.3. Das komplexe technische Objekt verweist nicht nur den Handelnden auf das Studium seiner potentiellen Gebrauchsweisen, sondern verlangt auch eine Reihenfolge, eben die Vorgängigkeit dieses Studiums der Gebrauchsweisen vor dem Gebrauch.
12.6.4. Die Vorordnung der Demonstration des Gebrauchs eines Objekts vor seinen Einsatz im zweckbezogenen Zusammenhang der Absicht der Hervorbringung eines 'output' oder Produkts des Zusammenwirkens der Handlung(en) mit der/den Objektfunktion(en) ist gleichbedeutend mit dem Wechsel des führenden Systems der Problembewältigung.
12.6.5. Insofern die Demonstration des Gebrauchs des Objekts bzw. die Erläuterung seines Funktionszusammenhanges, bezogen auf die Handlung, Darstellung ist, ist sie zugleich, als Dokumentation, nicht handelnde Darstellung von Handlungen oder Funktionszusammenhängen, sondern Darstellung mit Mitteln, die nicht selbst im unmittelbaren Sinne Handlungen (oder Funktionszusammenhänge) sind.
12.6.6. Der Notwendigkeit der vermittelten Darstellung entspricht die Notwendigkeit der vermittelten Bewältigung eines Gemeinten (Zusammenhanges von Funktionen oder Handlungen jeweils untereinander und miteinander).
12.7. Der handelnden Bewältigung des Problems des Mitteleinsatzes wird die kognitiv-informative Bewältigung des Mitteleinsatzes bzw. der Handlung vorgeordnet dort, wo die Technische Dokumentation integraler Teil des Gesamtprodukts ist, das als Mittel für einen Einsatz gebraucht werden soll bzw. dafür vorgesehen ist.
12.7.1. Diese Verschiebung bzw. dieser Wechsel des Führungssystems - vom Handeln zur informativen Darstellung - erzeugt zugleich die Technische Dokumentation und ihre grundlegenden Probleme und Voraussetzungen, das Problem des richtig verstandenen Verhältnisses der verschiedenen Teilsysteme der 'condicio humana' (bzw. die systematische Untersuchung möglicher Lösungen).
13. Der - vorläufige - Endpunkt der technischen Entwicklung, die als integrales Moment der anthropologischen Entwicklung der Potenzen des Menschen aufzufassen ist, kehrt das anthropologisch leitende Verhältnis zwischen Handeln und Denken um.
13.1. Diese Umkehrung der Prioritäten ist für die Technische Dokumentation bedeutsam. In diesem Zusammenhang muß die Frage nicht interessieren, ob und inwieweit dieses für die Technische Dokumentation herausgearbeitete Charakteristikum auch noch anderweitig bedeutsam ist und was das dann dort bedeuten kann.
14. Anthropologisch betrachtet hat das Handeln entwicklungsgeschichtlich den Vorrang vor der Reflexion.
14.1. Die Aktion und die an ihr beteiligten mechanisch-motorischen Vorgänge sind entwicklungsgeschichtlich primär.
14.1.1. Aktionen können zu Mißerfolgen führen, und zwar unabhängig von der an ihre Ausführung geknüpften Erwartung, und unabhängig davon, ob sie 'richtig' bzw. angemessen ausgeführt worden sind oder nicht.
14.1.1.2. Der Mißerfolg einer angemessen ausgeführten Aktion führt unter bestimmten Voraussetzung zu einer Hemmung der Aktion.
14.1.1.3. Das führt zu schnell anwachsenden Komplexitäten im Bereich der Voraussetzungen, die für eine Aktion in Betracht kommen.
14.1.1.4. Eine einfache Möglichkeit im Bereich der Voraussetzungen für eine Aktion ist die Alternative: erneute Ausführung oder Modifikation der Aktion.
14.1.1.5. Die 'Unterbauung'der Aktion mit Möglichkeiten bzw. Alternativen führt auf die Handlung.
14.1.1.6. Handeln ist Auswahl einer Aktion aus Möglichkeiten.
14.1.1.6.1. Auswahl ist quantitativ betrachtet ein Problem, das einen Zeitfaktor enthält.
14.1.1.6.2. Insofern ist Handeln - im Unterschied zur Aktion - 'ab ovo' mit einer Zeitverzögerung verbunden.
15. Das Problem der Auswahl aus Möglichkeiten kann nur unter Aufwand von Zeit gelöst werden.
15.1. Die Handlung entsteht aus einer Hemmung der Aktion unter Aufwand von Zeit.
15.1.1. Handlungshemmungen entstehen als Resultate einer Erwartungsenttäuschung.
15.1.1.1. Erwartungsenttäuschungen können unter bestimmten Voraussetzungen - im zentralnervösen System, z.B. vorausgesetzt eine ausreichende Komplexität seiner Entwicklung - Bewußtsein hervor-bringen.
15.1.1.2. Die Voraussetzung für eine solche Entwicklung bzw. einen solchen Entwicklungssprung ist die Entstehung von Vorstellungen.
15.1.1.3. Vorstellungen sind die zentralnervös - durch Verschaltung von Nervenzellen mittels neuronal-synaptischer Verbindungen, über die Transmittersubstanzen fließen, die die Erregung der Nervenzellschaltungen bzw. die Übermittlung von Information ermöglichen - stabilisierten Rückstände einmal oder wiederholt durch die Sinne aufgenommener Wahrnehmungen.
15.1.1.4. Diese Wahrnehmungsrückstände sind zugleich die Inhalte eines Speichers für solche Wahrnehmungen.
15.1.1.5. Die Wahrnehmung dieser gespeicherten Wahrnehmungen - ist die - zunächst unwillkürliche - Erinnerung.
15.1.1.5.1. Die Wahrnehmung gespeicherter Wahrnehmungen entspricht der Entstehung der Aufmerksamkeit.
15.1.1.5.2. Aufmerksamkeit ist die Einstellung gegenüber der Wahrnehmung unter dem Gesichtspunkt der Möglichkeit der Umschaltung von einem Focus auf einen anderen Focus, unter dem Gesichtspunkt des Vergleichs verschiedener Wahrnehmungen miteinander.
15.1.1.5.3. Dieser Focus entspricht einem Zentrum, um das herum in einem engen 'Radius' Verweisungen auf andere Möglichkeiten mit wahrgenommen werden können.
15.1.1.5.4. Diese Vorgänge sind zunächst weder willkürlich noch bewußt, also weder durch eine Auswahlmöglichkeit noch durch eine willentliche Steuerung des Wechsels der möglichen Wahrnehmungen kontrolliert.
15.1.1.5.5. Es kann jedoch eine bereits als solche bewußte Wahrnehmung dieser Vorgänge geben. Diese bewußte Wahrnehmung von nicht bewußt ausgewählten Vorstellungsfolgen oder -reihen entspricht einer passiven, nicht steuernd wirksamen Aufmerksamkeit.
15.2. Die passive Aufmerksamkeit kann in eine aktive Aufmerksamkeit umgewandelt werden. Dies geschieht zunächst durch eine Betrachtung des Spiels der unwillkürlich wechselnden Vorstellungen unter Gesichtspunkten der Betrachtung.
15.2.1. Das bedeutet, daß nicht unter den wechselnden Vorstellungen selbst eine willentliche Auswahl - durch Steuerung der Vorstellungen bzw. ihres Wechsels - getroffen wird, sondern lediglich unter den Hinsichten der Betrachtung.
15.3. Aufmerksamkeit im Sinne einer aktiven Betrachtung des Wechsels der Vorstellungen bzw. Wahrnehmungen - die wir hier nicht voneinander unterscheiden bzw. auf eine Stufe stellen - ist Selektivität in Betracht der Wahrnehmungs- bzw. Vorstellungsinhalte. Wir könnten hinzufügen: sowie im Hinblick auf ihre Unterscheidung voneinander.
16. Die Wahrnehmungs- und Vorstellungsinhalte können einem Auswahlverfahren unterworfen werden.
16.1. Die Entwicklung der aktiven Aufmerksamkeit ist gestuft.
16.1.1. Die erste Stufe dieser Entwicklung war, daß überhaupt eine Umschaltung entsteht von der - durch Ent-Täuschung gehemmten - Aktion auf das Vorhandensein von Wahrnehmungen bzw. Vorstellungen.
16.1.2 Die zweite Stufe war die Unterscheidung der Wahrnehmung von den Vorstellungen.
16.1.3 Die dritte Stufe war die Umschaltung von einer lediglich passiven zu einer aktiven Aufmerksamkeit nach Betrachtungshinsichten für die Wahrnehmung bzw. die Vorstellung.
16.1.4. Die vierte Stufe ist die Unterwerfung der Wahrnehmungen bzw. der Vorstellungen unter eine Auswahlregel.
16.1.4.1. Die Unterwerfung der Wahrnehmungen unter eine Auswahlregel erfolgt durch motorische Aktion und Steuerung der Aufmerksamkeit nach Hinsichten der Betrachtung.
16.1.4.2. Die Unterwerfung der Vorstellungen unter eine Auswahlregel erfolgt durch ihre Regulierung mittels einer Methode, die mögliche Folgen (Reihen) von Vorstellungen von unzulässigen oder unerwünschten unterscheidet und entsprechend auswählt.
16.1.5. Die Unterwerfung der Wahrnehmungen unter eine Regel ist wegen des Unterschieds der zur Verfügung stehenden Medien von der Art der Unterwerfung der Vorstellungen unter eine Regel - die Steuerung der Wahrnehmung verfügt über die Möglichkeit der gleichzeitigen motorischen Kontrolle, und wird durch eben diese Möglichkeit in deren Grenzen zugleich eingeschränkt - zu unterschieden, mithin analytisch je anders zu betrachten.
16.1.5.1. Die Steuerung und Kontrolle der Wahrnehmung erlaubt über die gleichzeitige motorische Kontrolle die Schließung eines Rückkopplungskreises – zwischen Wahrnehmung/Folgeauswahlregel/Aktion- Wahrnehmung/Resultatkontrolle/Wahrnehmung - , der wiederum die Einbeziehung einer auf die Manipulation eines Objektes gerichteten Aktion, und damit auch eine unmittelbare Kontrolle eines Aktionsergebnisses ermöglicht.
16.1.5.2. Die Steuerung ausschließlich der Vorstellungen nach einer Folgeauswahlregel ist rein formal in dem Sinne, in dem sie lediglich für eine immanente Ordnung der Vorstellungsfolgen gemäß der Auswahlregel sorgen kann.
16.2. Die Entstehung von Wahrnehmung und von Vorstellungen - sowie ihr Zusammenhang - ist von der Art, wie sie jeweils für sich einer Regulierung untergeordnet werden können - oder wie dieser regulierte Zusammenhang beider wiederum reguliert werden kann - zu unterscheiden.
17. Diese Unterwerfung der Folge der Vorstellungen unter eine Regel, die diese Folge beherrscht im Sinne der Aufrechterhaltung einer immanenten Ordnung, und ihren Möglichkeitsbereich definiert, ihre Grenze, ist das Denken.
17.1. Denken ist begrenzte Vorstellung von Vorstellungen mit Hilfe einer Auswahlregel, die die Aufmerksamkeit steuert und die Vorstellungen selbst entsprechend einer Regel organisiert.
17.2. Denken ist Vorstellung von Vorstellungen in Grenzen nach Regeln.
17.3. Die Regel, die das Denken beherrscht, muß nicht notwendig bewußt sein.
17.3.1. Es ist vorstellbar, daß die das Denken beherrschende Regel vermittelt ist durch den Erfolg einer Folge von Aktionen, oder, in der entsprechenden Aufstufung, durch den Erfolg solcher Aktionen, die entweder unmittelbar oder vermittelt über das Medium einer Auswahl unter möglichen Aktionen, entsprechend vorangegangenen Erfolgen oder Mißerfolgen der Ausführung einer Aktion, zur Ausführung gekommen sind.
17.4. Auf dieser Stufe ist das Denken ein Denken in Wahrnehmungen bzw. Aktionen.
17.4.1. Entsprechend ist anzunehmen, daß das gesamte Denken auf dieser Stufe durch Distanzwahrnehmung und Kinästhesen (sinnlich-körperlich wahrgenommene Eigenbewegungen des Organismus, sowie die Resultate der durch die Wahrnehmungsorgane - Rezeptoren - rückgekoppelten Manipulationen von Objekten, die zugleich motorisch-nervös 'verarbeitete' Information erzeugen) bestimmt ist.
17.4.2. Insofern begründet das Denken die durch seine Zwischenschaltung in Handlung umgewandelte Aktion.
18. Handlung entsteht durch Hemmung der Aktion durch das Denken.
18.1. Wir befinden uns hier auf der Stufe des Denkens aufgrund von Wahrnehmungen und durch den Organismus vermittelten Aktionen.
18.2. Das Denken ist auf dieser Stufe eine Parallelaktion zu den motorischen Aktionen, also selbst zunächst Verdoppelung der Aktion durch die begleitende Vorstellung.
18.3. Diese Verdoppelung der motorischen Aktion durch die Vorstellung macht aus der Aktion eine Operation.
18.4. Ebenso wird durch die Verdoppelung, die nicht an einen Parallelismus der motorischen und der vorgestellten Aktion gebunden ist, sondern auch zeitlich auseinandergezogen werden kann, indem eine Operation zunächst vorgestellt wird, bevor sie - bzw. eine von den möglichen verschiedenen Aktionen, die zunächst vorgestellt werden - ausgeführt wird, die zunächst vorgestellte Operation zu einer Probeteilhandlung.
19. Ein System von miteinander in einer Sequenz verbundenen Operationen, insofern sie durch eine identifizierbare Zielbestimmung, einen Zweck, integriert sind zu einer Gesamtheit, ist eine Handlung.
20. Denken ist demgemäß Probehandeln.
20.1. Die Entstehung der senso-motorischen Intelligenz ist mit der Möglichkeit der Probehandlung verbunden.
20.1.1. Die senso-motorische Intelligenz ist definiert durch die Distanz des Organismus zur Unmittelbarkeit der Aktion, die die Probehandlung ermöglicht.
20.2. Die Probehandlung integriert eine Reihe möglicher Operationen unter Zuhilfenahme von vorangegangener Erfahrung im Umgang mit Objekten im Hinblick auf einen mit ihr zu verwirklichenden Zweck.
20.2.1. Die Aktion beruht bereits auf der Realisierung eines Rückkopplungskreises zwischen der Wahrnehmung der kinästhetischen Bewegungen des Organismus, vor allem der Hand, mit den Gesichtssinnen, der audio-visuellen Wahrnehmung, unter Zwischenschaltung einer zentralnervös verselbständigten Re-Präsentation des im Verlauf der Aktion Wahrgenommenen.
20.2.2. Das Gedächtnis, das auf diese Weise aus der Möglichkeit der Speicherung der Repräsentanzen der Wahrnehmung entsteht, schafft zugleich die Möglichkeit einer Korrektur nachfolgend durchgeführter Aktionen aufgrund des erinnerten und in Hinsicht auf den Erfolg überprüften Verlaufs der vorangegangenen Aktionen.
20.3. Die Operation beruht auf der Realisierung einer Umkehrung des Verhältnisses zwischen dieser zentralnervös verselbständigten Repräsentation der Aktion und der unmittelbaren, motorisch abgeführten Aktion.
20.4. Die senso-motorische Intelligenz konstituiert sich durch die Ausbildung eines doppelten Handlungskreises, der durch die Koordination der Bewegung - hauptsächlich der Hand - und der Wahrnehmung - hauptsächlich des Auges - sowie durch seine Verdoppelung mittels Vorstellungsrepräsentation der Aktionsabläufe, der Rückkoppelung zwischen den systematisch getrennten Aktionskreisen, ihrer im Hinblick auf die Zeit unabhängig voneinander ablaufenden Funktionen, und schließlich die erneute Aufstufung der Abstraktion durch die Ausbildung von Schemata der Aktion, die die Erfahrung mit den Aktionsabläufen und mit ihrer probeweisen Anwendung auf andere als die Objektbeziehungen integriert, auf die sie ursprünglich angewandt, bzw. an denen sie ursprünglich erprobt worden sind, analytisch definiert ist.
20.5. Die senso-motorische Intelligenz ist zwar Intelligenz, die durch Handeln, Probehandeln, Repräsentation der Handlungen sowie Abstraktion von Handlungsschemata ausgezeichnet ist, aber sie ist symbolische Repräsentation nur insoweit als die neurologisch-vorstellungsgemäßen, visuell-taktil-kinästhetischen Repräsentationen der Objektbeziehungen, sei es als solche oder abstrakter: als Handlungsschemata, gewissermaßen komplexe Symbolismen (Rituale) bilden bzw. als solche angesehen werden können.
20.5.1. Das ist anthropologisch betrachtet ein 'Primitivismus', in dem Sinne, in dem wir oben vom Vorrang der Handlung gesprochen haben.
20.5.2. Neuropathologisch ist der Defekt der senso-motorischen Intelligenz an den Apraxien greifbar, das sind: die Unfähigkeit zur Kordination der Bewegung, die Unfähigkeit oder der Defekt der Fähigkeit zur Koordination von Hand und Auge, und die Unfähigkeit zur Zuordnung von Objekten und Handlungen. Grundlegend ist dabei die Fähigkeit, Objekte in verschiedenen Perspektiven und Lagen im Raum zum Beobachter (Auge) oder zur Hand als dieselben wiederzuerkennen, und auch identische Handlungsabläufe (Handlungsstereotype) durch Absichten zielbestimmt auf Objekte hin zu steuern bzw. auszuwählen.
20.5.2.1. Die Konstanz (eines Objekts, eines Bewegungsablaufs und ihrer Zuordnung, schließlich des daraus abstrahierten Schemas) ist also das basale Konzept, das auf verschiedenen Stufen der Ausdifferenzierung des Handlungskreises wiederkehrt und die weitere Ausdifferenzierung leitet.
20.6. Die symbolische Repräsentation (durch Darstellung von Operationszusammenhängen mittels kinästhetischen Ausdrucksformen (unter Gebrauch des Körpers oder der Hand, also mittels des Rituals oder der Geste) schafft zugleich den Wahrnehmungs- und Bewegungs- bzw. Aktionsraum, den Handlungsraum um zum Kommunikations-, d. h. zum sozialen Raum.
21. Die wesentliche neue Qualität der Ausdifferenzierung der senso-motorischen Intelligenz ist die Entwicklung des Artikulationsapparates des Kopfes sowie ihre neuro-physiologische Entsprechung.
21.1. Die Hervorbringung von Lauten ist nicht von vornherein der symbolischen Repräsentation zuzuordnen.
21.2. Die ursprüngliche Nutzung des Artikulationsapparates, soweit wir bereits von einem solchen sprechen können - also einer Entwicklung, die weitergeht als die Entwicklung eines Mauls, das unter anderem gelegentlich im Gebrauch Geräusche erzeugt ohne eine Absicht oder Funktion dieser Art zu haben (so wie die Reptilien z.B. genaugenommen stumm sind in dem Sinne, in dem ihr Kopf und die daran befestigten Muskeln keine Funktion der Selbst- oder Arterhaltung haben, die über die Erzeugung von Geräuschen verwirklicht würde, wie z.B. bei den Grillen) - dient nicht der symbolischen Repräsentation.
21.3. Während symbolische Repräsentation auf der Stufe der senso-motorischen Intelligenz zunächst durch Projektion der Handlungsschemata mittels der körperlichen Bewegung in den Aktionsraum ausschließlich vorgenommen (und kommunikativ genutzt) werden kann, ermöglicht die Übernahme dieser Repräsentationsfunktion durch den Artikulationsapparat die Darstellung von (Probe-)Handlungen im Aktionsraum durch artikulierte Laute.
21.4. Der Schematismus, der sich in der rituellen Darstellung 'entäußert' in einen zu einem Kommunikationsraum um-funktionierten Aktions- bzw. Handlungs- oder Probehandlungsraum, realisiert sich mittels der Repräsentation nicht mehr durch mehr oder weniger komplexe Körperbewegungen, sondern zieht sich, durch deren äußerste Verkürzung auf den Laut bzw. die als solche stabilisierte Lautfolge, auf das Minimum des für die Darstellung notwendigen Bewegungsablaufs zusammen.
21.4.1. Zugleich wechselt das Führungssystem vom visuellen dem Bereich, innerhalb dessen Aktion vorwiegend wahrgenommen und verarbeitet wird - zum auditiven Bereich, der damit für die Wahrnehmung von Bedeutungen oder von Handlungen (die Kehrseite der Repräsentation von Handlungen) ausdifferenziert wird.
21.4.2. Auf diese Weise verstärken sich die nunmehr zwei für die Wahrnehmung (bzw. Repräsentation) von Handlung erschlossenen Sinnesbereiche wechselseitig.
21.4.2.1. Die neurophysiologische Repräsentation von Bedeutungen oder von Handlungen wird dadurch erheblich komplexer, daß sie stets zugleich doppelte Enervierung (des auditiven und des visuellen Cortex) ermöglicht, also auch doppelte Repräsentation.
21.4.2.2. Die jeweilige Miterregung des komplementären Repräsentationssystems verstärkt die Entstehung, die Speicherung und die Leitfunktion der Schemata der Handlung, die sich zu Schemata der Bedeutung verkürzen bzw. verdichten.
21.4.2.3. Zugleich sinkt der Aufwand für die (kommunikative) Repräsentation, während die Führungssysteme der feinmotorischen Bewegungssteuerung sich ausdifferenzieren.
21.5.Schließlich entsteht durch die Repräsentation von Bedeutungen mittels der Aufzeichnung von Zeichen (Spuren), die für die Laute bzw. zunächst für einzelne Bedeutungskomplexe, Schemata der Wahrnehmung oder Vorstellung oder Handlung, stehen können, und mittels der Hand aufgezeichnet werden, ein dritter motorisch-zentralnervös kontrollierter Bereich der Wahrnehmung von Bedeutungen - neben der Repräsentation von bedeutungstragenden Aktionen und der Repräsentation von Bedeutungen mittels des Artikulationsapparates - mit dem führenden Wahrnehmungs- und Führungsorgan des Auges, das die Ausführung der Aufzeichnung - die Feinmotorik - kontrolliert.
21.5.1. Die Führung fällt also an das führende Wahrnehmungsorgan des Auges zurück, aber die Kontrolle betrifft nun hier die der Erzeugung und Rekognition der Zeichen sowie der mit den Zeichen gemeinten Bedeutungen - unter diesem Aspekt also nicht mehr nur die primären Funktionen dieses Funktionskreises, die Wahrnehmung bzw. die Kontrolle der Aktion bzw. die Steuerung der Handlung.
21.6. Das primäre Führungssystem - Hand/Aktion/Auge/Vorstellung/ Hand - wird also überlagert durch eine zweite Funktionsstruktur, die nunmehr den Bereich der Bedeutungen sowohl in Bezug auf die Erzeugung als auch in Bezug auf ihre Rekognition mitkontrollieren kann, neben dem Artikulationsapparat und dem auditiven Wahrnehmungsbereich.
21.7. Ferner ist der Bereich der Bedeutungs-Re-Präsentation aufgefächert in die drei Funktionssegmente: Repräsentation von bedeutsamen Aktionen/Handlungen, Repräsentation von artikulierten Lauten und Repräsentation von bedeutsamen Zeichen.
21.8. Diesen drei Funktionssegmenten der Bedeutungsrepräsentation entprechen zwei Funktions(sub)systeme ihrer Erzeugung und Rekognition: das System auditive Wahrnehmung/kortikale Speicherung und Reproduktion/Artikulationsapparat, sowie das System Hand/Speicherung und Reproduktion von Bedeutung/Auge(n), mit zwei Funktionskreisen, dem primären Funktionskreis der Wahrnehmung und Reproduktion und Steuerung von (bedeutsamen) Handlungen, und dem sekundären der Erzeugung bzw. Speicherung und Reproduktion - sowie Vergleich, Auswahl usw., alles Funktionen, die im Zusammenhang der Rekognition bzw. Reproduktion auch in den anderen Bereichen eine Rolle spielen - von bedeutsamen Zeichen.
21.9. Die Zwischenschaltung von Bedeutungen - und ihre Erhebung zu steuernden Funktionen - zwischen den motorischen Apparat und die zentral-nervös ausgelöste Aktion (bzw. die zentral-nervös gesteuerte Aktionsbereitschaft) ist also das zentrale gemeinsame Merkmal der Entwicklung aller Teilsysteme auf der Aktionsseite.
21.9.1. Dem entspricht die Differenzierung und die anwachsende Komplexion der Objekte und Mittel, die für die Aktion eingesetzt werden können ebenso wie der der Resultate.
22. Symbolische Repräsentation mittels artikulierter Laute oder Schriftzeichen erfordert zugleich ein gegenüber den Wahrnehmungsrepräsentationen - Vorstellungen von Objekten, Aktionen oder (bedeutungstragenden) Handlungen (Rituale) - selbständiges Regulationssystem zur Gliederung von Bedeutungen.
22.1. Dieses System zur Repräsentation zeichenvermittelter, organisierter Bedeutungszusammenhänge 'oberhalb' der Handlungen und Wahrnehmungsrepräsentationen ist die Sprache.
23. Die Sprache ist in Analogie zur Abbildung, also einer Wahrnehmungsfunktion des Auges, nicht angemessen verstehbar zu machen.
23.1. Die Sprache ist keine Abbildung der Wirklichkeit. Sie ist eine Wirklichkeit, oder genauer: sie ist ein Fundamentalmuster des Wirklichen.
23.1.1. Es gibt Belege dafür, daß die Sprache eine Struktur ist, die mindestens in vergleichbarer Art und Weise, in der sie als Sprache einer organischen Lebensform auftritt, auch als eine Funktion, als konstitutives Grundmuster den lebendigen Formen insgesamt zugrundeliegt.
23.1.1.1. Jedenfalls ist die Analogie zwischen der Eigenart der Strukturen und Prozesse der Erhaltung und Reproduktion von genetischer Information und den Funktionen der (menschlichen) Sprache fruchtbarer als der Vergleich mit einem Bild.
23.1.2. Die Analogie von Sprache und Bild ist auch deswegen ungünstig, weil sie von einem erkennbaren Unterschied zwischen Bild und Sprache durch Gleichsetzung beider Gebrauch macht zum Zweck einer Charakterisierung der Eigenart der Sprache, die fruchtbarer durch die Hervorhebung des Unterschieds zwischen Sprache und (visueller) Wahrnehmung von 'Bildern', als durch die Behauptung einer Identität zwischen ihnen bearbeitet werden kann.
23.2. Die Hervorhebung der Differenz zwischen Sprache und Abbildung im weitesten Sinne, in dem der Terminus jede Form der bewegten oder statischen Illustration eines Sachverhalts gegenüber seiner sprachlichen Formulierung bezeichnet, ist informativer als die Hervorhebung der Identität beider Medien der Kommunikation, sei das auch nur per Analogie und zur Gewinnung von Vergleichsgesichtspunkten.
24. Handlungen und Aktionen werden anders erinnert - und folglich anders gespeichert - als Sätze.
24.1. Die erinnerte Handlung ist auf den Aktionsraum bezogen und motorisch-körperlich - durch 'Innervation' - aufbewahrt. Sie kann insofern 'direkt', ohne einen Umweg über die Sprache, abgerufen werden.
24.1.1. Wer ein Fahrzeug, einen Kran, einen Computer bedienen kann, weil er/sie es gelernt hat, erinnert keine Sätze aus Bedienungsanleitungen!
24.1.2. Meist kann man - an sich selbst - beobachten, daß man sich sagt: 'Moment, das ging doch so', während man die eingeübten Handgriffe - respektive Tastendruckfolgen - 'durchspielt', um sich des Ablaufs der Handlungsfolgen zu versichern.
24.2. Es wäre voreilig, diese allenthalben beobachtbare Eigenart der Aktualisierung von Handlungsfolgen ohne den Umweg über die Sprache soziologisch definierten Faktoren zurechnen zu wollen.
24.2.1. Es handelt sich um eine Eigenart des Handelns, daß es mit einem Minimum an Reflexion abläuft, daß es am flüssigsten abläuft bei Abschaltung der Reflexion - so wie man beim Autofahren auch noch an etwas anderes denken kann, wenn man nicht unter Grenzbedingungen fährt - und daß die Art der Reflexion - wenn man sich einer Handlungsfolge versichern will - nicht notwendig auf dem Wege des sprachlichen Denkens stattfindet, sondern mittels eines Durchspielens der Aktionsfolge erfolgt.
25. Das sprachliche Denken ist genaugenommen ein Umweg, den der/die Handelnde beim Handeln gewöhnlich zu vermeiden sucht. Das sprachliche Denken setzt gewöhnlich erst ein, wenn ein Handlungsablauf, bezogen auf seinen Zweck, eine ernsthafte Störung erfährt.
25.1. Auch der Zusammenhang von (Raum-)Wahrnehmung (des Aktionsraums) und sprachlichem Denken, soweit es sich auf das Wahrnehmbare bezieht und seinen Zusammenhang mit den allgemeinen Funktionen der Orientierung, ist anders organisiert als der rein sprachlich geordnete Zusammenhang der Dinge, Tatsachen und Sachverhalte, soweit sie durch Sätze organisiert sind und zum Ausdruck kommen, bzw. mitgeteilt werden zum Zweck der Übermittlung von Information.
25.2. Man kann sich das leicht vor Augen halten durch einen Vergleich einfacher Art: Wenn man drei Kinder, während sie alle gerade in derselben Situation anwesend sind, danach fragt, welches die hellsten (dunkelsten) Haare hat, dann wird schon ein vier Jahre altes Kind sofort die richtige Antwort geben können.
25.2.1. Wenn man dagegen eine Situation vorstellt, indem man sagt: 'Rebecca hat dunklere Haare als Rahel, und hellere Haare als Leah', und daran die Frage knüpft: 'Welche von den dreien hat die dunkelsten (hellsten) Haare'?, dann wird auch ein Erwachsener einen Augenblick lang nachdenken.
26. Sätze sind keine Abbilder der Wirklichkeit. Sie geben Sachverhalte bzw. Tatsachen wieder. Wir sprechen hier nur von solchen Sätzen, die Sachverhalte oder Tatsachen wiedergeben. Daß Sätze auch anderes wiedergeben können, also z.B. 'Fiktionen', ist nur die Kehrseite ihrer Wahrheitsfähigkeit: sie können eben auch falsch sein.
26.1. Die Wahrheit oder Falschheit eines Satzes ist in seiner Struktur nur der Möglichkeit nach angelegt. Er ist so strukturiert, daß er wahr oder falsch sein kann.
26.2. Diese aus der Struktur des Satzes folgende Möglichkeit, daß er verschiedene Wahrheitswerte annehmen kann, sagt nichts darüber aus, ob der betreffende Satz wahr ist oder nicht.
26.3. Die Wahrheit oder Falschheit eines Satzes ergibt sich nicht aus ihm selbst oder anderen Sätzen, sondern aus einem Vergleich mit dem Sachverhalt oder der Tatsache, die er formuliert. Das ändert nichts daran, daß verschiedene Sätze einander widersprechen können, indem der eine etwas behauptet, was ein anderer negiert. Insofern können Sätze miteinander unverträglich sein, so daß entweder der eine gilt oder der andere, bzw. beide jeweils unter verschiedenen Bedingungen anderer Art.
26.4. Auch die in Technischen Dokumentationen oft vorkommenden analytischen, synthetischen, deskriptiven, deklarativen, präskriptiven und prohibitiven Sätze (Vorschriften, Anweisungen, Erklärungen, Erläuterungen, Hinweise usw.) fußen auf Sachverhalten und Voraussetzungen, die meist soweit in die Dokumentation mit einbezogen sind, wie sie für das Verständnis des betreffenden Funktionszusammenhangs und die darauf aufbauenden Handlungssequenzen notwendig erscheinen.
26.5. Die oben angesprochenen 'Operationen' kehren zwar auf der 'Ebene' der Strukturen der Sätze wieder, aber sie kehren als logische Formalismen wieder, als sprachliche Operationen, als Formulierungen.
26.6. Der sprachliche Formalismus setzt den Handlungsraum voraus und bezieht sich auf ihn. Zur Erinnerung: wir betrachten die 'Vorstellungen', also Wahrnehmungsreste und ihre Verdichung zu Schemata der Formen und Aktionen als Derivate der Raumerfahrung.
26.6.1. Die Reversibilität einer Operation oder einer Sequenz von Operationen - bzw. ihre Irreversibilität - folgen nicht aus Sätzen, sondern aus den realen Voraussetzungen (physikalischer, chemischer oder biologischer Art), auf denen sie 'fußen'. Dagegen sind die Operationen der reinen Mathematik sämtlich umkehrbar, weil es sich um Sätze handelt und nichts anderes.
26.6.2. Im Unterschied zum Handlungsraum, der beschränkt ist durch die Grenzen der physischen Realität, eröffnet die Sprache einen Raum reiner Möglichkeiten, der erst eingeschränkt wird durch die Einführung von Bedingungen (oder Gesetzen oder Regeln, kurz: durch Normierung). Erst dann, wenn diese Normierungen die den Handlungsraum begrenzenden Normen in den Möglichkeitshorizont der Sprache einführen, konvergiert der durch die Sprache eröffnete Sprach-Raum gegen den Handlungsraum.
26.6.2.1. Die Möglichkeit 'absurder' Bedienungsanleitungen oder Technischer Dokumentationen, die den 'Sprachgestus' - bzw. den Darstellungsmodus - der Technischen Dokumentation vollständig aufweisen könnten, ohne ein real mögliches Objekt haben zu können, beruht auf diesem Unterschied zwischen den wirklichen Tatsachen und Gegebenheiten und ihrer sprachlichen Darstellung. - Ähnlich beruht die Möglichkeit der 'Science Fiction' auf dem Unterschied zwischen dem Möglichkeitsraum der Sprache und dem realen Handlungsraum. –
27. Das Verstehen (der Bedeutung) einer Aktion setzt die Kenntnis des Handlungszusammenhanges und der 'Position' der Aktion in diesem Zusammenhang voraus. Der Handlungszusammenhang, der als Rahmen für die Aktionen dient und aus der einzelnen Aktion eine Handlung macht, indem er sie situiert - und ihr dadurch eine Bedeutung 'verleiht', ist gerade kein Kon-T e x t .
27.1. Das Verstehen (der Bedeutung) eines Satzes (oder einer Sequenz von Sätzen) setzt dagegen zunächst lediglich die Kenntnis der Bedeutung der einzelnen Worte sowie der allgemeinen Grammatik und der logischen Regeln voraus, die die Möglichkeiten der Wortzusammenstellungen begrenzen.
27.1.1. Dabei schweben mögliche Schemata der Handlung vor. Insofern bezieht sich die Sprache, der Satz auf eine Wirklichkeit jenseits seiner eigenen, grammatikalischen oder semantischen Form.
27.2. Die Manipulation von Bedeutungen ist etwas anderes als die Manipulation von Objekten.
27.2.1. Entsprechend ist die Bedeutung des Terminus 'Bedeutung' im Handlungszusammenhang eine andere als im Satz- bzw. Sprachzusammenhang.
27.2.1.1. Im Satzzusammenhang bezieht sich die Bedeutung von 'Bedeutung' auf eine Strukturumgebung, die die Zusammenstellung von Worten reguliert bzw. begrenzt, als buchstäblich auf den (möglichen, definierten oder undefinierten, impliziten oder expliziten, bewußten oder unbewußten) jeweils mit vorausgesetzten KON-TEXT.
27.2.1.2. Im Handlungszusammenhang bezieht sich die Bedeutung von 'Bedeutung' auf den vorausgesetzten Handlungszusammenhang.
27.3. Im Handlungszusammenhang bezieht sich auch die Sprache, der Satz selbst nicht auf andere Sätze, sondern in erster Linie auf den Handlungszusammenhang.
27.4. In Handlungszusammenhängen beziehen die Sätze ihre Bedeutung, abgesehen von den formalen Regeln der Grammatik und den Wortbedeutungen, von dem Handlungszusammenhang, in dem sie 'eine Rolle spielen'.
27.4.1. Diese 'Rolle' ist begrenzt durch den Zweck der Technischen Dokumentation bzw. der von ihr erzeugten Sätze und Satzzusammenhänge: sich selbst in den Handlungszusammenhang hinein aufzulösen.
27.4.1.1. Man kann das in ein Bild bringen: Der leichte Fesselballon der Sprache (resp. der Bedeutungen) ist - jedenfalls für die Sprache der Technischen Dokumentation - an das Ballastgewicht der Aktion bzw. des Handlungszusammenhangs gekettet.
27.4.1.1.1. Die Normierung der Sprache durch den Handlungszusammenhang, der den Bedeutungszusammenhang der Sätze regiert, ist das Charakteristikum jedenfalls (mindestens auch) der Technischen Dokumentation.
27.5. Die Sätze der Technischen Dokumentation sind und bleiben abhängig von dem vorauszusetzenden Handlungszusammenhang. Aus diesem beziehen sie ihre Bedeutung. Der sprachimmanente Kon-Text und seine konstitutive Funktion für die Bedeutung des Satzes als einer grammatischen bzw. semantischen Struktur ist subsidiär und sekundär gegenüber dem Vorrang der Handlung, die er anleitet.
28. Die Technische Dokumentation ist organisierter Zusammenhang von Sätzen - soweit sprachliche Mittel verwandt werden - insoweit also Sprach- , jedenfalls Darstellungszusammenhang.
28.1.'Darstellung' meint hier lediglich, daß ihr Zweck nicht in ihr selbst liegt.
28.1.1.Zur Erinnerung: Technische Dokumentation ist eine intervenierende Variable. Sie interveniert in, organisiert das Verhältnis zwischen dem/den Handelnden und dem technischen Funktionszusammenhang in Bezug auf einen Zweck.
29. Der Unterschied zwischen der Art und Weise der Strukturierung des Handlungsraums durch die Operationen und Aktionen einerseits, und den sprachlichen Operationen - mittels Sätzen - ist greifbar im Unterschied zwischen den Defekten der praktischen, der senso-motorischen Intelligenz und den Defekten der sprachlichen Intelligenz.
29.1. Die Defekte der sprachlichen Intelligenz sind die Aphasie - die Unfähigkeit zur Bildung zusammenhängender phonetischer Symbole - die Sprachtaubheit - d.i. die Unfähigkeit zur Identifizierung der (Bedeutung) der gehörten Worte - die Agraphie - die Unfähigkeit zu schreiben - und die Alexie - die Leseunfähigkeit. Diese Defekte betreffen weder motorische noch intellektuelle Fähigkeiten bzw. die Wahrnehmungsfähigkeit, sondern die auf die Sprachbildung bzw. auf das Sprachverständnis oder die Sprachrezeption bezogene Inkompetenzen des Symbolverständnisses.
29.1.1. Die neuropathologischen Eigentümlichkeiten der senso-motorischen Intelligenz sind in Satz 20.5.2. behandelt.
29.2. Es gibt eine Ähnlichkeit struktureller Art zwischen der logischen Form des Satzes und den Operationen, die den Handlungsraum strukturieren.
29.2.1. Zur Wiederholung: die - der senso-motorischen Intelligenz zuzurechnenden - Operationen sind entwicklungsgeschichtlich primär.
29.3. Sie werden - auf dem Umweg einer Verdichtung mittels des motorisch (als Schrift mit der Hand, als Laut mit dem Artikulationsapparat) erzeugten bedeutungstragenden Symbole, auf die Struktur der Sprache übertragen, bzw. in der Struktur der Sprache und als diese reproduziert.
29.3.1.Diese Reproduktion verläuft parallel und 'oberhalb' der Operationen des Handlungs- und Wahrnehmungsraums.
29.3.2. Die vermittelnde Funktion, die zwischen der Handlung - der praktischen Operation - und der Sprache - der symbolischen Operation - eingeschaltet ist, wird durch die vorgestellten Situationen des Wahrnehmungs- und Handlungsraumes, durch ihre Retention und Rekognition, geleistet.
29.4. Die Parallelisierung der Operationen des senso-motorischen Intelligenz durch die Operationen der sprachlichen Intelligenz führt ein ökonomisches Prinzip in das Handeln ein.
29.4.1. Die Sprache virtualisiert die Handlung durch Vorschaltung eines die Führung übernehmenden Systems der Sprach-'Handlungen', die die Handlungen begleiten oder ihnen vorausgehen können.
29.4.2. Diese Ökonomisierung des Handelns ist zugleich auch eine Art des Aufwands bzw. der Umwegbildung.
29.4.2.1. Den Aspekt der Aufstufung der Aktion zur Handlung durch eine Hemmung hatten wir bereits an der Handlung erläutert.
29.4.3. Andererseits erspart die Umwegbildung über die Sprache Probehandlungen. Die Funktion des 'Durchspielens' von Probehandlungen mit einem Mimimum von Aufwand übernimmt die Sprache bzw. das sprachliche Denken, das Handeln, das in der 'Manipulation' von Symbolen, die die Handlung bzw. Operation vertreten (können) besteht.
30. Die Systeme der Repräsentaton der motorischen Operationen des Handlungsraums und der sprachlichen Operationen sind gegeneinander relativ unabhängige Teilsysteme der Retention, Repräsentation und Reproduktion der repräsentierten 'Inhalte'.
30.1. Die Beziehung zwischen den Teilsystemen ist ebenso wie ihre Strukturierung in hohem Maße durch einen sozialen und im Umgang mit den Objekten ermöglichten Lernvorgang vermittelt.
30.1.1. Der soziale Lernvorgang steht mit dem objektvermittelten über das Sprachlernen in Verbindung.
31. Nicht alles Lernbare kann ausschließlich mit Hilfe der Sprache gelernt werden.
31.1. Dieses Faktum, das aus der entwicklungsgeschichtlichen und strukturellen Beziehung von Aktion und Operation, Denken und Handeln, Wahrnehmung bzw. Vorstellung und Sprache folgt, schränkt die Leistungsfähigkeit der Sprache gegenüber den Möglichkeiten des Lernens im Handlungsraum ein, während andererseits die Möglichkeiten der symbolischen Repräsentation enorm erweitert werden.
31.2. Die relative Autonomie der Teilsysteme der Handlung, der Vorstellungsrepräsentation und der Sprache gegeneinander schafft einerseits 'Spielräume' der Manipulation der jeweils zugleich mit repräsentierten Bedeutungen ( der Schemata, die den Operationen der Manipulation im Bereich des Handelns, des vorstellungsbedingten und des sprachlichen Denkens zugrundeliegen);
31.3.Außerdem bleiben die jeweiligen Repräsentationssysteme durch die je unterschiedliche Art und Weise, wie jeweils das zu Repräsentierende repräsentiert wird, derart voneinander unabhängig, daß eine restlose wechselseitige Übersetzbarkeit der Repräsentationen - wegen des Unterschieds der Repräsentanzen - aus je einem Repräsentationssystem in das andere nicht möglich ist.
31.4. Darüberhinaus entsteht:
31.4.0.1. mit dem hohe Freiheitsgrad arbiträrer Zeichenwahl für die lautliche bzw. schriftliche Fixierung von Bedeutungen (Repräsentationen),
31.4.0.2. der Möglichkeit der jeweils unterschiedlichen Strukturierung des Wahrnehmungsraums durch die Bezugssysteme, von denen her der Wahrnehmungs- und Handlungsraum strukturiert wird,
31.4.0.3. der Möglichkeit je unterschiedlicher Bedeutungszuweisung für einen und denselben Bewegungsablauf (wobei die 'Bedeutungen', im Gegensatz zu dem betreffenden Bewegungsablauf nicht in derselben Weise 'augenfällig' resp. wahrnehmbar sind),
31.4.0.4. und schließlich durch die je unterschiedliche 'Schematisierung' des Wahrnehmungs- und Handlungsraums (d.i. die Unterlegung mit generellen Rahmenmustern, die die einzelnen Bewegungslabläufe bedeutungsmäßig und im Handlungszusammenhang 'situieren', über die Vorstellungsrepräsentation hinaus, durch die Sprache)ein Faktorenaggregat, das die 'Übersetzungsprobleme' potenziert, in demselben Maße, in dem es die möglichen Perspektiven der Repräsentation bedeutungsvoller Aktion erweitert.
31.5. Die Aufladung des zum Handlungsraum erweiterten Aktionsraumes durch die Entfaltung einer Welt von miteinander konfligierenden, einander widersprechenden, sich wechselseitig durchdringenden, sich 'streckenweise' deckenden, dann wieder auseinandertretenden, sich überlagernden und störenden Bedeutungsmustern der motorischen Aktion, der vorstellungsmäßigen Repräsentation und schließlich der Sprache(n) bzw. der Schrift(en) oberhalb der Artikulation und der Feinmotorik des Funktionskreises Auge/Hand erzeugt zugleich unerwünschte Komplexitäten im 'Bedeutungsraum', die wiederum nach der praktischen Rückbindung an den Handlungsraum verlangen, damit sie 'verstehbar' werden oder bleiben.
31.6. Ein unter dem dem Druck der unablässigen Belagerung durch die verschiedensten 'Auslöser' seiner Wahrnehmungswelt stehender Organismus , der von einer ständig möglichen Explosion von Bedeutungen - besonders in Grenzlagen der Entscheidung - 'bedroht' ist, muß durch die Bahnung von Schematismen der Aktion, durch Stereotypisierung der Wahrnehmungsreste, und durch die Fixierung sprachlicher Bedeutungen 'festgelegt' werden.
31.6.1. Die Schematisierungen des Verhaltens und Handelns der verschiedenen Systeme steuern dann dieses Verhalten, gesetzt die Umstände seiner Auslösung.
31.6.2. Die Schemata des Verhaltens - Verhalten ist die Aktion unter dem Gesichtspunkt ihrer Betrachtung von 'Außen' - sind nicht sämtlich und nicht notwendig bewußt. Das gilt sowohl für das Sprachverhalten wie für die Reproduktion der Vorstellungen oder für die Steuerung der Handlung.
31.6.3. Das ist der Grund, warum Lernen oft als vorübergehende Irritation erlebt wird oder auch als vorübergehende Störung der Kommunikation: die gelernten Schemata - aller Teilsysteme - können mit den neu zu lernenden - impliziten oder expliziten Schemata/Operationen kollidieren und unklare Irritationen auslösen, abgesehen von dem 'time-lag' zwischen dem Lernvorgang und seiner routinierten Nutzung.
31.6.4. Um solche Aufschaukelungen, wie unter 31.6. oder Irritationen, wie unter
31.6.3. beschrieben zu vermeiden und Handlungsroutinen besonders in Grenzlagen zu sichern, ist es notwendig, sämtliche Teilsysteme der Generation von steuernden Schemata von Operationen - Motorik, Vorstellungsrekognition, Sprache/Grammatik/formale Logik - gewissermaßen zu umzingeln mit verschiedenen Darstellungsweisen unter Nutzung verschiedener Darstellungsmedien und Rückbindung des bedeutungs(re)produzierenden Apparats an die Aktionen im Handlungs- bzw. Wahrnehmungsraum.
31.6.5. Diese Strategie der Technischen Dokumentation erzwingt durch eine Art Belagerung der verschiedenen Teilsysteme der Rezeption und Organisation bzw. Reproduktion von Operationsmöglichkeiten, die sich auf eine Situation bzw. Artefakte (Objekte) anwenden lassen könnten, sowohl passive als auch aktive Synthesen der Erfahrung.
31.7. Der Grenzfall der drohenden Überflutung des Handlungssystems mit Alternativen, und der Grenzfall der Möglichkeit des Übergangs in einen stationären Zustand nicht modifizierbarer Verhaltensstereotype sind Scylla und Carybdis bedeutungsgesteuerten Verhaltens.
31.7.1. Technische Dokumentation interveniert in dieses Fließgleichgewicht aus der Ebene des am weitesten entwickelten Systems der Bedeutungserzeugung und -verarbeitung in das Handlungssystem.
31.8. Die Rückbindung der Bedeutung produzierenden Teilsysteme an die Aktion und die Objekte, mit der die Technische Dokumentation immer wieder über sich selbst hinaus auf ihren Zweck hinweist, ist daher der eine Endpunkt ihres Sinns.
31.9. Der andere Endpunkt ist in der Bestätigung, Stabilisierung, Ersetzung oder Erneuerung von Handlungsschemata über die Bedeutungsvermittlung zu sehen.
31.10. Es sind dieselben Potentiale - der Offenheit für Bedeutungen einerseits, und der Fixierung von Handlungs- oder Bedeutungsstereotypien andererseits, die die Möglichkeit der technischen Entwicklung befördert haben und die bekannten Schwierigkeiten des zuverlässigen und genauen Umgangs mit den Resultaten dieser Entwicklung verursachen.
32. Dies ist einer der Problemkreise, innerhalb deren das Problem und die Eigenart der Technischen Dokumentation als Literaturtypus sich entwickelt hat.
32.1. Diese Untersuchung ist nicht erschöpfend. Sie ist exemplarisch und von den Dimensionen einer Insel im Meer einer Aufgabe mit hinter dem Horizont verschwindenden Ausläufern.
32.1.1. Z.B. bleibt das Verhältnis des Bereiches des Bildes bzw. der Illustration zu dem beschriebenen System ohne Illustration.
32.1.1.1. Das ist jedoch nicht das einzige, was hier unausgeführt bleibt.
32.2. Eine weitergehende Untersuchung würde den Zweck und Rahmen dieser Arbeit überschreiten müssen.
32.2.1. Der Zweck dieser Arbeit war eine Untersuchung darüber, ob es ein systematisches Interesse an der Technischen Dokumentation gibt, ob und ggf. wie es sich formulieren, und ob und ggf. wie es sich exemplarisch derart behandeln ließe, daß die Methode der Untersuchung erkennbar werden kann.
33. Eine Analytik und Diskussion der Technischen Dokumentation in systematischer Absicht ist aus den vorliegenden Arbeiten bisher nicht zu ersehen.
33.1. Ebenso wie eine Analytik und Diskussion fehlte bisher eine Methodik der Analyse sowie eine Theorie der Technischen Dokumentation als Literaturtypus einer funktionalistischen Unternehmenskultur einer technisch-wissenschaftlichen, einer technologischen Zivilisation mit Zukunftsinteressen in Bezug auf einen aufnahmefähig gehaltenen Markt.
33.1.1. Das kann verschiedene Gründe haben, unter anderem auch den, daß sie entweder sachlich überflüssig sind oder ohne Nachfrage, oder daß das Desidarat bisher sei es nicht hinreichend erkannt oder formuliert ist.
33.1.1.1. Diese Arbeit hat ein Desiderat nachgewiesen und das Problem sowie die Methode im Umriß exemplarisch zu formuliert.
33.1.2. Auf die Angabe von möglichen Gründen für das Defizit sowie die Vorschläge zu seiner Behebung kann es je unterschiedliche Reaktionen geben.
33.1.2.1. Sachliche Notwendigkeiten lassen sich aber ohne Nachfrage zwar vielleicht rechtfertigen, aber sie sind in einem von marktwirtschaftlichen Prinzipien regulierten Gefüge nicht entscheidend.
34. Sein oder Nichtsein einer Systematik und der Eigenart der Technischen Dokumentation als Literaturtypus ist unter anderem eine Frage, die von einer langfristigen Einbindung in einen Arbeitszusammenhang abhängt.
34.1. Die Beantwortung dieser Frage obliegt dem freien Spiel der Kräfte.
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